9. Schlußbemerkungen zum Stufenkalkül. 115 den Russellschen Ideen nur die erste bestehen bleiben, daß man scharf unterscheidet zwischen Individuenfunktionen, Funktionen von In- dividuenfunktionen usw. Die eigentliche Stufenunterscheidung würde aber fortfallen. Setzt man das System aller Individuenprädikate als feste Gesamtheit voraus, und definiert man ein neues Individuen: prädikat durch Bezugnahme auf alle Individuenprädikate, so bratcht das in dieser Auffassung keinen logischen Zirkel darzustellen. Es wird ja kein neues Individuenprädikat eingeführt, sondern nur ein bestimmtes Individuenprädikat durch die Bezugnahme auf alle Individuenprädikate näher bezeichnet. Wenigstens liegt hier der Fall nicht wesentlich anders als bei der Russellschen Stufenlogik mit Hinzufügung des Reduzibili- tätsaxioms. Auch hier können Prädikate erster Stufe definiert werden, indem man zunächst ein Prädikat der zweiten Stüfe definiert und dann ein äquivalentes Prädikat der ersten Stufe nimmt. Es fragt sich aber, wie es bei einer derartigen Auffassung mit den Paradoxien steht. Das Zustandekommen der ersten Paradoxie beruht darauf, daß ein Prädikat als sein eigenes Argument gebraucht wird. Eine derartige Einsetzung in die‘Leerstelle einer Funktion ist jetzt nicht möglich, da eine Funktion immer einen höheren Typ hat als jedes ihrer Argumente. Die beiden anderen Paradoxien haben einen von der ersten wesentlich verschiedenen Charakter. Während die erste Paradoxie einen Widerspruch des Funktionenkalküls in der allgemeinen Form, wie er damals formuliert war, in sich selbst'ergab, so zeigen die beiden anderen für den Kalkül nur die Unverträglichkeit gewisser Behauptungen. Im ersten Fall waren das d Bh[(X)(Bh(X) > X)] und (X)[Bh(X) > =(X, (Y)(Bh(Y) > Y))], : ze1te } l‘ g im zweiten Falle (Ex) Dsc(x), Scr (Mds) r (P){(Ex) P(x) —> (Ex)[P(x) & (3)(<(y, x) > P(y)}}- Keine von diesen Behauptungen stellt eine logische Identität dar. Die Paradoxien treffen also gar nicht unseren Kalkül. Wir wollen daher auf sie nicht weiter eingehen. In der allgemeinsten Fassung ist der Kalkül, den wir so erhalten, allerdings ohne genauere Untersuchung noch problematisch. Einen fest umrissenen und in sich abgeschlossenen Bereich von Formeln erhält man, wenn man nur die zu Individuenprädikaten gehörigen Variablen und die zugehörigen Klammerzeichen zuläßt. Für diesen Bereich läßt sich auch das Entscheidungsproblem aufstellen. Einen allgemeinen Aufbau der Logik, frei von den Schwierigkeiten des Reduzierbarkeitsaxioms, findet man in den Untersuchungen von D. Hilbert über die Grundlagen der Mathematik, von denen demnächst eine zusammenhängende Darstellung erscheinen. wird. 8*