114 Der erweiterte Funktionenkalkül. $ 9. Schlußbemerkungen zum Stufenkalkül. In der zuletzt angenommenen Gestalt stellt die Russellsche Stufen- logik ein logisches Instrument dar, das auch bei der Darstellung kom- plizierter logischer Zusammenhänge;, wie sie in der Theorie der reellen Zahlen vorliegen, nicht versagt. Wir wollen aber noch einmal auf die prinzipielle Seite dieser Logik eingehen. Die Schwierigkeit, die zur Aufstellung der Stufenlogik nötigte, be-, stand darin, daß die Begriffe ‚,alle Eigenschaften“‘, .,,alle Aussagen“, falls sie in unbeschränkter Allgemeinheit gebraucht werden, einen Zirkel enthalten. Der Gedanke ‚der Stufenlogik war dann der fol- gende: Wir legten einen bestimmten Individuenbereich zugrunde und dachten uns gewisse auf die Gegenstände dieses Bereiches bezüg- lichen Grundeigenschaften und Grundbeziehungen als gegeben. Aus diesen leiteten sich die weiteren Prädikate durch die logischen Opera- tionen her. Je nach der Art ihrer Definition erhielten die Funktionen eine gewisse Stufe. Da sich dann bei den Anwendungen der Kalkül als unzureichend herausstellte, halfen wir uns durch die Einführung des Axioms der Reduzierbarkeit. Was ist nun die inhaltliche Bedeutung dieses Axioms? Es ist durchaus nicht evident, wie die übrigen Regeln des Schließens, die wir in die Formelsprache des Funktionenkalküls gekleidet hatten. Wir können zu Ungunsten der Reduzierbarkeitsaxioms noch mehr sagen. Bei beliebiger Wahl der Grundeigenschaften und Grundbeziehungen ist das Axiom der Reduzierbarkeit im allgemeinen sicher nicht erfüllt. Es würde sich also darum handeln, in jedem vorgelegten Falle das System der: Grundfunktionen so zu ergänzen, daß dadurch der Forderung des Axioms entsprochen wird. Durch ein konstruktives Verfahren ist eine derartige Ergänzung nicht zu erreichen, da die erste Stufe definitions- gemäß durch die Operationen &, v, —, —, (x), (Ex) abgeschlossen ist. Somit bleibt nur die Möglichkeit, das System der Grundprädikate erster Stufe als einen an sich bestehenden Inbegriff vorauszusetzen, so daß ihre Mannigfaltigkeit weder von den tatsächlich gegebenen Definitionen, noch auch überhaupt von unseren Möglichkeiten des Definierens abhängt. Dieser Bereich der Funktionen der ersten Stufe muß so weit sein, daß das Axiom der Reduzierbarkeit zutrifft. Betrachtet man nun die Prädikate nur insofern als verschieden, als die ihnen zugehörigen Mengen verschieden sind, nimmt man also eine mengentheoretische Deutung des Kalküls vor, so besagt die Forderung des Axioms der Reduzierbar- keit: der Inbegriff der Funktionen der ersten Stufe müßte so weit sein, daß er schon alle Funktionen enthält. Es wäre dann aber der Gedanke :eines Stufenkalküls eine unnötige Komplikation und man kann gleich das System aller Funktionen von demselben Typ als einen in sich bestehenden Inbegriff voraussetzen. Es würde demnach von