36 Der Prädikaten- und Klassenkalkül. kömmt. Natürlich ist dabei der Fall nicht ausgeschlossen, daß eine Kilasse keinen Gegenstand enthält. Die Klassen sollen jetzt als Ob- jekf& des Kalküls genommen werden, welchen wir dann in dieser Inter- pretation als ‚‚Klassenkalkül‘“ bezeichnen. Unter X ist die Klasse zu verstehen, die aus allen Gegenständen besteht, die nicht zur Klasse X gehören. X & Y bezeichnet den Durch- schnitt der beiden Klassen X und Y, X v Y die Vereinigungsklasse. X—>Y und X Y können, wie früher, als Abkürzungen für Xv Y bzw. XvY &Y v£X aufgefaßt werden. Sagt man, eine Formel X ist richtig, so soll das heißen, daß X die Klasse ist, die aus allen Gegenständen besteht. Sämtliche Regeln des Prädikatenkalküls gelten dann bei diesen Festsetzungen auch unverändert für den Klassenkalkül. Die Richtigkeit von X—> Y bedeutet nach dieser Interpretation, daß die X entsprechende Klasse eine Teilklasse der durch Y bestimmten Klasse ist; die Formel X Y ist dann und nur dann richtig, wenn die Klassen X und Y identisch sind. Das allgemeine Urteil „Alle Menschen sind sterblich‘‘ 1äßt sich im Klassenkalkül so formulieren : ‚„„Die Vereinigungsklasse, gebildet aus der Klasse der Nicht-Menschen und der Sterblichen, umfaßt alle Gegenstände.““ Es hat dieselbe formale Darstellung wie beim Prädikatenkalkül. $ 2. Vereinigung des Prädikatenkalküls mit dem Aussagenkalkül. Die Schlüsse der traditionellen Logik lassen sich in dem Prädi- katenkalkül noch nicht alle formalisieren, weil uns eine Darstellung der partikulären Urteile fehlt. Diese Darstellung wird erst erreicht durch die Verbindung des Aussagenkalküls mit dem Prädikaten- oder Klassenkalkül. Wir gelangen zu dieser Vereinigung auf Grund der Erwägung, daß die Beziehungen des Prädikatenkalküls ja Aussagen darstellen, welche den Regeln des Aussagenkalküls unterworfen werden können. Dieser Ge- danke führt zur Aufstellung eines kombinierten Kalküls, in dem die logischen Zeichen &, v, — teils zur Verknüpfung von Aussagen und teils zur Verknüpfung von Prädikaten gebraucht werden. Es wäre dann aber zunächst zweifelhaft, ob eine Aussage X be- deutet, das Prädikat X trifft auf kein Ding zu, oder aber, es ist nicht richtig, daß X auf alle Dinge zutrifft. Bezeichnet z. B. X das Prädikat „Schön sein‘“, so wäre X nach der einen Deutung zu lesen: Alle Dinge sind nicht-schön, und nach der anderen: Nicht alle Dinge sind schön. Wir können diese Schwierigkeit dadurch vermeiden, daß wir die Prä- dikate durch zwei senkrechte Striche abschließen. |X v Y | würde dann bedeuten: das Prädikat X v Y trifft auf alle Dinge zu, |X|v|Y| dagegen: das Prädikat X trifft auf alle Dinge zu oder das Prädikat Y