248 Aus der Geschichte der Himmelskunde. den Faden weiter spannen. Hierbei trat eine Verschiebung im Sinne der Nationalität der betreffenden Forscher ein. Auf den Polen Co- pernicus folgte derDäneTycho Brahe, auf diesen der Deutsche Kepler, auf letzteren der Italiener Galilei. Nun rückte das geistige Licht nach Westen und Nordwesten des Erdtheiles vor. Der Franzose Rene Descartes, genannt »Cartesius« (1596 bis 1650) gehörte zwar nicht zu den praktischen Astronomen, ja überhaupt nicht zu den experimentirenden Naturforschern, wohl aber zu den geistreichsten Gelehrten seiner Zeit. Gleichwohl scheint dieser Geist ins Phantastische ausgeartet zu sein, als er das wunderliche System von Wirbeln, die von der Sonne aus- gingen, ersann ; in diesen Wirbeln sollten die Planeten kreisen. Galilei’s Weisheit war also noch nicht völlig in die Carte- sianische Schule eingedrungen. Alsdann machte der Engländer Bacon von Verulam Stimmung für sein gelehrt sein sollendes »Novum Oryanon«. Zum Glücke kam die exacte Wissenschaft wieder zu Ehren als Neper die Logarithmen erfand, deren Nutzen für die Astronomie nicht von der Hand zu weisen war. Der Holländer Vlacq vervollständigte durch seinen logarith- mischen Canon das begonnene Werk. Man sieht, wie sich die neuen Geister um den Aermel- j canal herum gruppirten. Der Engländer Horrox — ein ein- j Director war John Flamsteed (1646—1720), mit dem ein neues Princip der Beobachtung Platz greift, die der Rectascensions- unterschiede der Gestirne. Damit wird die Uhr ein wesentlicher Bestandtheil des Apparates einer Sternwarte. Ihre 24 Stunden entsprechen den 360 Graden des Aequators bei einmaliger Um- drehung der Erde beziehungsweise einmaligem (scheinbaren) Umschwingen des Firmamentes. Flamsteed bediente sich zu diesen Beobachtungen der Sterndurchgänge eines Mauerqua- dranten mit Fernrohr. Flamsteed war ein ausgezeichneter Beobachter, und das von ihm zuerst in Anwendung gebrachte Princip hat der Astronomie die grössten Dienste geleistet. Ein nicht minder befähigter Nachfolger des ersten Direc- tors der Greenwicher Sternwarte erstand dieser in Hailey (1656 bis 1742), dessen Geburt in die Jugendzeit Newton’s fällt. Als er zwanzig Jahre alt war, erschien von ihm eine Abhandlung über die Excentricitäten der Planetenbahnen; er beobachtete 1677 auf der Insel St. Helena den Mercurdurchgang, verfasste einen Catalog der Sterne des Südhimmels und berechnete die Bahnen von 24 Kometen, welche in der Zeit zwischen 1337 und 1698 erschienen waren, unter welchen sich noch der seinen Namen führende befindet. Sein Nachfolger James Bradley (1692—1762) war der Erste, welcher die Eigenbewegung einiger ■ Fig. 524. Der nördliche Sternhimmel. Fig. 525. Der südliche Sternhimmel. Aus Johannes Hevelius’ Firmamentum Snbiesciati. Danzig i6co. ('/, Grösse des Originals.) facher Liebhaber der Himmelskunde — hatte als Erster die | Erscheinung eines Venusdurchganges vorhergesagt und sein Freund Crabtree beobachtete denselben am 4. December 1659. In Deutschland hatte Bayer eine glückliche Neuerung dahin eingeleitet, dass er an Stelle der umständlichen Bezeichnungen für einzelne Sterne innerhalb ihrer Constellation (»Das rechte Auge des Stiers« — »Die Aehre, welche die Jungfrau in der Hand hält« u. s. w.) griechische Buchstaben setzte (conform vorstehenden Bezeichnungen beispielsweise: a Tauri, a Virginis u. s. w.). . . . Weitere Fortschritte verdankt man dem wackeren Danziger Rathsherrn und Brauereibesitzer Hevelius, der als Bahnbrecher in der Selenographie auftrat. Daneben machte sich Riccioli (1598 —1671) durch sein » Almagestum novum* und Gassendi (1592—1655) durch seine »Vita Copernici«, ersterer überdies durch seine selenographischen Studien, letzterer als äusserst thätiger und erfolgreicher Beobachter bemerkbar. Als- dann trat die »Astronomen-Dynastie« Cassini, vor Allen Do- menico Cassini, der Director der ersten von staatswegen ins Leben gerufenen Sternwarte, jener in Paris, in den Vordergrund. Mit Domenico Cassini befreundet und Theilnehmer an seinen Arbeiten waren der Holländer Huygens -— der die »Henkel« des Saturn als Ringe erkannte und einen Mond dieses Planeten entdeckte — und der Däne Olaf Römer, der, gestützt auf die Verfinsterung der Jupitertrabanten, die Geschwindigkeit des Lichtes berechnete. Auf die Gründung der Pariser Sternwarte (1671) folgte wenige Jahre später diejenige zu Greenwich (1675). Ihr erster Fixsterne (Aldebaran, Arctur, Sirius) constatirte. Er entdeckte (1728) die Aberration des Lichtes, sodann die Nutation des Mondes, welche eine Periode von etwa 18 Jahren umfasst und demnach mit der Zeit zusammenfällt, in welcher die Knoten der Mondbahn einen vollen Umlauf um die Erde beschreiben. Schliesslich kam Hai- ley darauf, dass der Pol der Erdachse in dieser Zeit eine kleine elliptische Bahn beschreibt, welche bekanntlich eine Folge der Anziehungskraft zwischen Erde und Mond ist. Bradley, der einer der ausgezeichnetsten beobachtenden Astromen aller Zeiten war, wurde geboren, als Newton bereits auf der Höhe seines Ruhmes stand. Er bereicherte die Greenwicher Sternwarte mit vielen neuen Instrumenten, darunter eine Pendeluhr. Von 1750 bis 1762 stellte Bradley über 60.000 Beobachtungen der Fix- sterne und der Planeten, der Sonne und des Mondes an. Diese grossartige Leistung bildete die Grundlage für alle späteren Untersuchungen dieser Art. Bradley hinterliess bei seinem am am 13. Juli 1762 erfolgten Tode über 13 Bände Manuscripte in Folio, welche theilweise von Horesby und Richaud her- ausgegeben wurden. — Auch Bradley’s Nachfolger, Nevil Mascelyne, war ein fleissiger und erfolgreicher Beobachter. Seine Beobachtungen wurden in vier Bänden niedergelegt. Geistig und zum Theil auch im zeitlichen Sinne die Ideen und Thaten der vorgenannten Forscher überbrückend, oder sie ver- knüpfend, schliesslich mit einen grossen Wurf das aufgerichtete wissenschaftliche Gebäude krönend, steht die Gestalt des genialen Isaac Newton, des bedeutendsten Forschers aller Zeiten. Ge- boren am 25. December 1642 zu Whoolstorpe in Lincolnshire,