Die Spectralanalyse der Gestirne. 237 Spectroskop. Fig. 505. Ocularende des sözölligen Lick - Refractors mit dem (Constructeur: John A. Brashear, Allegheny.) Abbildungen sind bekannt; R ist der Stundenkreis, D der De- I clinationskreis, G ist das den Spectralapparat ausbalancirende Laufgewicht, S der Sucher, H und H, endlich sind die Schlüssel zur Bewegung des Stunden- und des Declinationskreises. Bei den Spectralapparaten für Refrac- toren können sowohl solche mit ablenken- den Prismen, als Prismensätze a vision di- recte, oder beide combinirt in Anwendung kommen. Das berühmte Instrument, mit welchem P. Secchi seine bahnbrechenden spectralanalytischen Untersuchungen an- stellte, war eines von der letztgenannten Anordnung. Es hatte, nach erfolgtem Um- bau, zwei ablenkende Prismen in einem Ge- häuse und einen Prismensatz a vision directe von 5 Prismen im Beobachtungsrohr. Einen ähnlichen, aber die Grundidee in noch wei- ter ausgebildeter Gestalt zeigenden Appa- rat benützte zu Zeiten W. Huggins. Bei demselben schloss sowohl das Collimator- rohr als das Beobachtungsrohr je einen Prismensatz d vision directe ein; zwischen beiden war ein Gehäuse mit drei ablen- kenden Prismen eingeschaltet. Mit Recht bemerkt Konkoly zu dieser und anderen ähnlichen Constructionen, dass deren Zweck nicht recht einleuchte. »Ein Prisma ohne Ablenkung ist doch nur dann angezeigt, wenn man mit dem ganzen Apparate nicht aus der Visirlinie herauskommen will, was strenge genommen schon bei zwei stärker zerstreuenden Prismensätzen nicht mehr erreichbar ist. Denn wollte man dann die beiden extremen Theile des Spectrums untersuchen, so müsste man unbedingt die Stellung des Eernrohres gegen diese Linie, sogar die Prismensätze gegeneinander ver- stellen, um der Minimalablenkung doch wenigstens nahe zu kommen.« Die Spectroskope mit Prismensätzen ä vision directe weisen noch mancherlei Spiel- arten auf. Christie (Greenwich) wendet bei dem von ihm entworfenen Apparate Halbprismen an, welche mit drei Prismen gewöhnlicher Form in Verbindung gebracht werden. Der Vorzug dieser Anordnung dürfte aber weniger in ihr selbst als viel- iT Br' I Fig. 506. Spectroskop am Reftactor des Allegheny-Observatoriums. Anordnung mit einfachem Prisma für Ocularbeobachtung. (Constructeur; John A. Brashear, Allegheny.) mehr darin liegen, dass eine Einrich- tung getroffen ist, mittelst welcher die Prismen derart bewegt werden können, dass sich jeder beliebige Theil des Spectrums ins Gesichtsfeld rücken lässt, wobei der in der Mitte der Prismen verlaufende Strahl immer das Minimum der Ablenkung hat. Man kann also mit Recht diesen Ap- parat als »automatisches Spectro- skop a vision directe« bezeichnen. Sehr merkwürdig ist die von T. Cooke getroffene Anordnung, welche in Figur 501 veranschaulicht ist. Es stellt ein Spectroskop <1 vision directe vor, obwohl es aus lauter Winkelprismen zusammengesetzt ist. Dieselben sind im Kreise angeordnet, so dass der Strahl vom Collimator- rohre durch ein rechtwinkeliges Prisma eingeführt und dispergirt wird und durch ein ebensolches Prisma in das Beobachtungsrohr gelangt. Die Prismen haben eine automatische Be- wegung, welche mittelst einer Mikro- meterschraube ausgeführt wird. Die Zerstreuung lässt sich zwischen 2 und 12 Prismen verändern. Die neben dem Apparate abgebildete Vorrich- tung stellt den »Adapteur« dar, mit- telst welchem der Spectralapparat an ein grosses Fernrohr derart ange- bracht werden kann, dass der Spalt längs des Sonnenrandes beweglich ist. Damit berühren wir einen besonders wichtigen Gegenstand, nämlich die Möglichkeit, Protuberanzen zu jeder Zeit — also nicht ausschliesslich bei totalen Sonnenfin- sternissen — spectralanalytisch zu untersu- chen. Diese Methode rührt von Lockyer (1866) und Janssen (1868) her. Sie beruht auf dem verschiedenen Verhalten weissen Lichtes und farbigen Lichtes bei der Bre- chung. Das Sonnenlicht, als weisses Licht, ergiebt ein vollkommenes Spectrum, das Protuberanzenlicht, welches durch glühen- den Wasserstoff hervorgerufen wird, ein Gasspectrum. Nun ist es klar, dass bei Anwendung von Prismensätzen von stark zerstreuender Kraft das Sonnenspectrum derart ausgedehnt werden kann, dass es in F olge des Lichtverlustes, den es erlei- det, kaum mehr wahrnehmbar ist, während dieselbe Dispersionskraft auf das Gas- spectrum lediglich die Wirkung hat, dass die einzelnen Linien weiter auseinander rücken, ohne an sich geschwächt zu wer- den. Daraus folgert, dass sich bei Anwen- dung eines Spectralapparates von entspre- chend grosser Dispersion, dessen Spalt auf den Rand der Sonnenscheibe — ob nun horizontal oder senkrecht ist einerlei — eingestellt wird, das Spectrum der Protu- beranzen in befriedigender Weise beob- achten lässt. Zur Erläuterung des Vorstehenden diene die Figur 502. £ ist die Sonnenscheibe, pp die feurige gasförmige Umhüllung, die jedoch vom Sonnenlichte überstrahlt wird und daher nur bei totalen Verfin- sterungen dem Auge sichtbar ist. Stellt man nun den Spalt des Spectralapparates senkrecht auf den Sonnenrand, so zwar, dass er zur Hälfte auf die Sonnenscheibe fällt, so erhält man drei aneinanderschliessende Spec- tren: das Sonnenspectrum mit den F r a u n- hofer’schen Linien, das Linienspectrum der Protuberanzen und das äusserst schwache Lichtspectrum. Letzteres kann durch entsprechende Vermehrung der Prismen ganz zum Verschwinden gebracht werden, in welchem Falle die Wasser- stofflinien umso schärfer hervortreten. Eine weitere Nutzanwendung dieser 60