228 Die Spectralanalyse der Gestirne. dieser Richtung rühren von Zantedes- chini her; später hatten sich Brew- ster, Gladstone, Piazzi-Smith, Secchi, vornehmlich aber Janssen mit dieser Sache beschäftigt. Letzte- rer erbrachte den Beweis, dass ein grosser Theil der veränderlichen Linien im Sonnenspectrum dem Gehalte der Erdatmosphäre an Wasserstoff zuzu- schreiben sei; er wies ferner nach, dass fast alle tellurischen Linien durch den Wasserdampf der Erdatmosphäre hervorgerufen würden; des Ferneren, dass der Wasserdampf auch noch im Ultraroth absorbirend wirke, schliess- lich, dass im ganzen violetten Theile des Spectrums die Absorption eine mehr gleichförmige als auswählende sei. Was die Corona betrifft, scheint dieselbe nach neueren Untersuchungen theils Sonnenlicht zu reflectiren, theils eigenes Licht zu besitzen; letzteres zeigt die Wasserstofflinie und eine grüne Linie, deren zugehöriges Gas man »Coronium« genannt hat.' Bezüg- lich der Protuberanzen endlich sollte die aus diesem Grunde mit grosser Spannung erwartete totale Sonnen- finsterniss vom 18. August 1868 die Entscheidung bringen. Die spectro- skopische Untersuchung der Protuberanzen ergab, dass das Spectrum der letzteren aus einigen intensiv leuchtenden hellen Linien besteht, unter welchen einige Wasserstofflinien besonders hervortreten. Die Protuberanzen erwiesen sich daher als glühende Gasmassen mit Ueberwiegen des Wasserstoffgases. Am 7. August 1869 stellte Young weitere Untersuchungen nach dieser Rich- tung an (Fig.470), dann Zöllner, Lockyer,Janssenu.A. Mit dem Fortschreiten dieser Studien zeigte es sich, dass das Spectroskop die Erscheinung der Protuberanzen verschieden analysire. Bei den wolkenartigen Protuberanzen bilden die vier einfachen Linien des Wasserstoffes den Grundstock, sowie die Linie des Helium; bei den eruptiven Protuberanzen erscheinen neben den vorge- nannten Linien noch jene des Natriums, Magnesiums, Bariums, Titans, Eisens u. a. m.; daher die von Secchi herrührende Bezeichnung »metallische Protuberanzen«. Interessant ist der folgende Sach verhalt. Secchi hatte den Gedanken ausgesprochen, dass die in den Fraunhofer- roth gelb grün blau viol Fig. 465. Spectrum des Sternes A von a Herkules. roth 1 Fig. 466. Spectrum des temporären Sternes T in der nördlichen Krone. Blau Orange blau roth orange gelb Fig. 467. Spectrum des Doppelsternes ß Schwan. sehen Linien sich manifestirenden Me- talldämpfe sofort als helle Gaslinien erscheinen müssten, wenn es gelänge, im Spectroskop die zwischen Photo- sphäre und Chromosphäre liegende Uebergangsschichte zu analysiren, ohne dem durchscheinenden Photo- sphären-Spectrum. Young bestätigte das Zutreffende dieser Annahme, wo- rüber er selbst wie folgt berichtet (1870): »In dem Augenblick, in wel- chem der Mond die Sonnenscheibe völlig bedeckt, ragt die Sonnenatmo- sphäre an der Stelle, wo eben der letzte Strahl des Sonnenlichtes ver- schwunden ist, noch etwas über den Rand der Mondscheibe hervor. Wird dann das Spectroskop so eingestellt, dass der Spalt desselben das Sonnen- bild an dieser Stelle berührt (Fig. 471), so beobachtet man eine prachtvolle Erscheinung. Während die noch sicht- bare Sichel der Sonnenscheibe immer kleiner wird, bleiben die meisten dunk- len Linien unverändert, nur werden sie etwas stärker. Einige derselben blassen indess zusehends ab und ver- wandeln sich schon 1 oder 2 Minuten vor Beginn der Totalität in schwach leuchtende helle Linien. Sowie aber die Totalität eintritt, blitzen durch die ganze Länge des Spec- trums, im Roth, im Grün, im Violett Hunderte und Tausende heller Linien auf. Die Erscheinung dauert nur 2 bis 3 Secun- den. Die Schicht hat eine Dicke von höchstens 200 Meilen (englische) und wird rasch von dem fortschreitenden Monde bedeckt.« Zu den vorstehenden Ausführungen der Spectralanalyse der Gestirne haben wir nur noch wenige Zusätze zu machen. Ueber die Spectren der Planeten war bereits gelegentlich der Besprechung dieser Himmelskörper die Rede. Da letztere mit reflectirtem Sonnenlichte leuchten, stimmen deren Spectren im Wesentlichen mit dem Spectrum der Sonne überein. Im Spectrum des Jupiter entspricht ein dunkles Band einigen Linien der Erdatmosphäre, was auch bezüglich des Saturn (hauptsäch- lich vom Centralkörper, weniger von dessen Ringen) gilt. Be- merkenswerth ist das Spectrum des Uranus, welches zwei breite dunkle Streifen zeigt, einen im Grün (indess nicht mit der Fig. 468. Sternspectra. Photographische Aufnahmen mit einer özölligen Lockyer’schen »Prismatic-Camera«. 1. Bellatrix. — 2. a Cygni. — 3. 7 Cygni. — 4. ß Arietis. — 5. Prokyon. — 6. Arcturus.