2 l8 Der Mond. nebst Detailzeichnungen« gedacht, welche manche Vorzüge aufweist. In den Neunzigerjahren des vorigen Jahrhunderts trat ein anderer verdienstvoller Selenograph auf den Plan, der Ober- amtmann J. H. Schröter, dessen Privatsternwarte zu Lilien- thal bei Bremen mit Instrumenten ausgerüstet war, die in jener Zeit als die besten neben den Herschel’schen galten. Dank diesen vorzüglichen Hilfsmitteln konnte sich Schröter auf topo- graphische Detailstudien verlegen, denen er mit ebenso grosser Gewissenhaftigkeit als durchschlagendem Erfolge oblag. Er ging hierbei von dem Gesichtspunkte aus, dass an der Hand solcher mit grösster Sorgfalt ausgeführten lunaren Specialkarten nach- mals etwaige Veränderungen auf der Mondoberfläche nach- gewiesen werden könnten. Das Schröter sehe AVerk, welches den Titel »Selenographische Fragmente zur genauen Kenntniss der Mondfläche« führte, erschien in 2 Bänden (1791 und 1802) und enthielt 68 Tafeln mit Detailzeichnungen lunarer Objecte, 6 Tafeln geometrischen Inhaltes und eine Reproduction der Südost. ** • V. , ft- Fig. 453. Das »Schwert im Monde«. (»Die lange Wand« zwischen Birt und Tebit.) Nach einem Negativ des Lick-Observatoriums; Vergrösserung von Prof. L. Weinek. kleinen Mayer’schen Vollmondkarte. Die Aufnahmen erfolgten durchwegs mittelst Spiegelteleskopen, die angewendeten Ä er- grösserungen bewegten sich zwischen 150 bis 300. Trotz des aufgewendeten Fleisses befriedigen die Schröter sehen Mond arbeiten den Fachmann nicht. Professor L. Weinek sagt: »Der Kundige er- kennt auf den ersten Blick, dass Schröter im Zeichnen nur ein Dilettant gewesen und sich eine viel zu schwierige Aufgabe gestellt hat. Deberall ver- misst man, obwohl der Schattenwurf der Berge und Krater dargestellt erscheint, eine der Wirklichkeit nur einigermassen entsprechende Plastik. . . Da Schröter ausserdem keine selenographischen Längen- und Breitenbestimmungen ausführte, sondern nur eine Projectionsmaschine anwandte, welche einer grösseren Ge- nauigkeit nicht fähig war, so hat er im Allgemeinen durch seine Detailzeich- nungen den beabsichtigten Zweck nicht erreicht; immerhin aber bietet der reiche Text mit zahlreichen Wahrnehmungen, Beschreibungen, Höhen- und Tiefenmessungen viel Beachtenswerthes, das der erfahrene Selenograph auch mit Vortheil verwenden wird.« Auch Maedler hat mit seinem Tadel nicht zurückgehalten, während J. Schmidt die Leistung »bewundernswerth« nennt, vornehmlich im Hinblicke auf die unvollkommenen Hilfsmittel. Nach dem Eingangs gemachten Hinweise auf die vorzüglichen Instrumente, welche Schröter zur Verfügung hatte, ist vorstehende Bemerkung nicht ganz verständlich. Schröter führte an den lunaren Gebirgen und Kratern exactere Höhenmessungen aus, als seine Vor- gänger; ferner führte er für die so auffälligen Helligkeitsunterschiede auf der Mondoberfläche eine lostufige Scala ein, auf der die dunkelsten Stellen (die tief- schwarzen Schatten) mit o, das hellste lunare Object (Aristarch) mit 10 be- zeichnet wurde. Ferner entdeckte er die ersten Rillen (von 1787 bis 1811 im Ganzen 11) und entfaltete auch sonst eine rege astronomische Thätigkeit, der die Greuel der Franzosenkriege ein Ziel setzten. Im Jahre 1813 ging seine Sternwarte mit allen Instrumenten, Büchern und Schriften in Flammen auf, drei Jahre später schied der unermüdliche Mann, 71 Jahre alt, aus dem Leben. Die Katastrophe, der sen geliebtes wissenschaftliches Heim zum Opfer gefallen war, hat das Ende jedenfalls beschleunigt. Die Abbildung auf Seite 216 (Fig. 449) veranschaulicht die Art und Weise, wie Schröter seine Mondzeichnungen ausführte. Die neuere Selenographie stützt sich auf 3 Säulen, welche die wohlbekannten Namen Lohrmann, Maedler und Schmidt führen. Ihnen verdankt die lunare Kartographie jene wissen- schaftliche Ausgestaltung, welche bis auf den Tag unangefochten blieb und deren Werth selbst durch die grossartigen Errungen- schaften der Himmelsphotographie nicht im Mindesten ge- schmälert wurde. Im Gegentheil: die Ergebnisse der Selenophoto- graphie haben dargethan, dass insbesondere die Schmidt’sche Leistung, welche ein halbes Menschenalter zu ihrer Bewältigung erheischte, sowohl ihrem Umfange nach als bezüglich des über- reichen Details die Bewunderung verdient, welche ihr von An- beginn her entgegengebracht worden ist. Gotthelf Lohrmann war kein zünftiger Astronom, son- dern Geodät. Aber gerade diese Eigenschaft befähigte ihn, der Aufgabe, die er sich vorgesteckt hatte, gewachsen zu sein, da er im Messen und Kartenzeichnen geschult war. Es handelte sich sonach bei ihm um nichts weiter, als um ein gewisses Mass von praktischer Schulung in der Beobachtung am Fern- rohr. Lohrmann stellte zunächst im Winter 1821 —1822 einen Versuch im Messen und Zeichnen lunarer Objecte an und ging wenige Monate später an die planmässige Bewältigung seiner Aufgabe. Die herzustellende Karte sollte einem Monddurchmesser von 2 Pariser Fuss (97’45 Centimeter) entsprechen und in 25 Sectionen zerfallen. Die graphische Darstellungsmethode sollte dieselbe sein, wie sie durch den sächsischen Major Lehmann für terrestrische Karten eingeführt worden ist, also die sogenannte Strichmanier, wobei das Mass der Steilheit von o bis 45° Neigungs- winkel durch stufenweise an Stärke zunehmende Striche be- zeichnet wird. Die »Lehmann’sche Methode« ist zu bekannt, um sie hier weitläufig zu erläutern. Sie fusst auf dem physikalischen Grundsätze, dass eine Ebene von einer gegebenen Lichtquelle — etw’a der Sonne welche senkrecht darauf scheint, umso stärker beleuchtet wird, je weniger der Winkel der auffallenden Strahlen von go° abweicht. Die Horizontalebenen erhalten volle Beleuchtung, die geneigten Flächen erscheinen umsoweniger beleuchtet, je steiler sie gegen den Horizont geneigt sind. Diese Lichtabstufungen erzielte Lehmann durch Striche, die in der Richtung des kürzesten Falles (sogenannte »Wasserlinien«) gezogen werden und stets in gleicher Anzahl einen bestimmten Raum erfüllen. Durch die Aenderung des Verhältnisses zwischen Strichbreite und Zwischen- raumbreite, also zwischen schwarz und weiss, kann jede beliebige Schatten- abstufung dargestellt werden. Es nimmt also für steile Abhänge die Dicke der Striche zu, wodurch sie enger aneinander rücken; für minder steile Abhänge nimmt die Dicke der Striche ab, wodurch gleichzeitig die hellen Zwischen- räume breiter werden. Bei 450 Neigung beginnt die volle Schwärze des Tones. Die Lehmann’sche Beleuchtungsscala stellt sich folgendermassen: Böschungswinkel Verhältniss von schwarz zu weiss on (eben) vollkommen weiss................o : g 5° (sanft)...................................1:8 io° (mässig steil).......................... .2:7 150 (steil)................................ 3 : 6 20° (sehr steil).............................4 : 5 250 (ausserordentlich steil)............... 5 : 4 300 » ». . ........6:3 35° (jähe)...................................7 : 2 40° » 8:1 4511 (schroff)...............................9 :1 Im Jahre 1824 erschienen die ersten 4 Sectionen (je 19’2 Centi- meter im Quadrat) der Lohrmann’schen Mondkarte, welche sowohl bezüglich der Exactheit der Positionsbestimmungen als Schönheit der Darstellung alle vorangegangenen Arbeiten dieser Art verdunkelte. Leider sollte die Fortsetzung des Begonnenen empfindlich gestört werden. In Folge eines Augenleidens konnte Lohrmann die übrigen Sectionen erst zwölf Jahre später fertig- stellen (1836), doch erfolgte die Veröffentlichung derselben erst lange nach dem im Jahre 1840 erfolgten Tode Lohrmanns, nämlich erst 1878, durch die Barth’sche Verlagsbuchhandlung in Leipzig. J. Schmidt hatte die Correctur der Tafeln über- nommen und das vollendete Werk mit einem Begleittexte in die Welt geschickt. Das Einzige, was an diesem prächtigen Karten- werke zu tadeln wäre, ist die ungleiche technische Reproduction, was sich aus der langen Dauer der Herstellung, beziehungs- weise aus dem Umstande, dass nach und nach verschiedene Stecher die Arbeit übernommen hatten, erklärt. . . . Auf der Lohrmann’schen Karte entspricht 1 Millimeter 3566’4 Meter