Der Mond. Dämmerung anbelangt, will Pickering davon niemals etwas bemerkt haben, da sie von dem aschfarbenen Lichte überdeckt werde. Dagegen behauptet er, dass, wenn der Mond nahe 90° von der Sonne entfernt steht, der Dämmerungssaum fast immer : als schwacher Schein in der Verlängerung der Hörner gesehen werden könne, indem dort der Mondrand entschieden heller als i in den anderen, vom aschfarbenen Lichte bedeckten Theilen. 1 Der Dämmerungsschein erstreckt sich in einer Ausdehnung von 60", doch müsse man, um ihn wahrzunehmen, starke Ver- grösserungen (etwa 4oofache) anwenden. Dieser Sachverhalt würde nach Pickering die Annahme einer Atmosphäre be- gründen, deren Dichtigkeit derjenigen der Erde in 40 englischen Meilen Höhe gleichkäme. Dazu bemerkt Klein, dass er bei seinen vieljährigen Beobachtungen des Mondes nie eine sichere Spur von diesem Dämmerlichtsaum an den Mond- hörnern wahrnehmen konnte. Photographien des Jupiter, die zu Arequipa gerade nach Be- deckung dieses Planeten durch den Mond aufgenommen wur- den, zeigen augenscheinlich eine leichte Abplattung der Planeten- scheibe, so wie solche in Folge der Strahlenbrechung durch eine Mondatmosphäre entstehen würde. Diese Abplattung zeigt, dass die Mondrefraction 0’5" nicht übersteigt, was einer Dichte unserer Atmosphäre in 45 eng- lischen Meilen Höhe entspricht. Ein sehr interessantes Ergebniss der Beobachtung einer Jupiter- bedeckung, die in Arequipa ge- macht wurde, war die Photo- graphie eines dunklen Bandes, welches den Planeten fast senk- recht zu seinen Streifen durch- schnitt, den Mondrand tangirend und 3" über denselben anstei- gend. Dieses Band wurde auch durch Ocularbeobachtung wahr- genommen. Die Erklärung dieses Phänomens ist nicht so einfach. Die Mondatmo- sphäre könnte bei der angenommenen geringen Dichte die beschriebene Er- scheinung nur dann hervorbringen, wenn sie ausserordentlich viel undurchsich- tiger wäre, als unsere Erdatmosphäre, und dann müsste der dunkle Streifen höher als 3" sein, da die Dichte der Mondatmosphäre erst in 21 englischen Meilen Höhe, oder 18" über dem schein- baren Mondrande, um die Hälfte ge- ringer ist. Schliesslich darf nicht über- gangen werden, dass das dunkle Band dann gesehen werden konnte, wenn der Planet vom hellen Mondrande ge- schnittenwurde; stand Jupiter am dunk- len Mondrande, so liess sich das Band weder in der Photographie, noch durch directe Beobachtung wahrnehmen. Die einzig mögliche Erklärung findet Pickering in der Annahme, dass ein sehr leichter Dunst sich einige Meilen hoch über dem von der Sonne beleuchteten Theile des Mondes erhebt. Bestände dieser Dunst zum Theile aus Wasser- i dampf, so würde derselbe selbstverständlich auf der Nachtseite des Mondes in Folge der Kälte condensirt sein und auf der Oberfläche liegen. Eine ähnliche Erklärung ist von Stuyvaert in Brüssel gegeben worden, : der die gleiche Erscheinung im Jahre 1889 sah. Klein hielt sie für eine Irra- diationserscheinung, hervorgerufen dadurch, dass die Einstellung mit dem Fern- . rohre eine verschiedene ist, je nachdem sie entweder für den glänzend hellen Mond- | rand oder die bleiche Jupiterscheibe erfolgt. Bougon (Paris) constatirt, dass man : bei Sternbedeckungen durch den Mond den betreffenden Stern nach erfolgter Be- deckung noch 2 */2 Kilometer weit verfolgen kann, und dass er bereits sichtbar ; werde, wenn er einen Weg von noch 2^2 Kilometer zu durchlaufen hat, bevor er thatsächlich hinter der Mondscheibe hervortrete, und giebt die Möglichkeit zu, dass es sich hierbei um die Wirkung der Irradiation handle. Die neuesten Untersuchungen über Sternbedeckungen durch den Mond rühren von Peters her. Sie zeigen, dass der Mondstrahl, welcher einen Winkel von 15' 34" misst, dann nur einen scheinbaren Winkel von 15' 32" 59"' messen würde, was einer scheinbaren Verminderung von etwa 2*/2 Kilometern entspricht, bezogen auf einen Strahl von 1742 Kilometer Länge, hervorgerufen durch Brechung der Atmosphäre des Mondes zum Zeitpunkte der Irradiation des bedeckten Sternes. Pickering bemerkt, dass der gewichtigste Einwurf, den man gegen seine vorerwähnten Erklärungen machen könnte, sich auf die Annahme von Wasserdampf beziehe, der unter Einwirkung der Sonnenwärme von der Mondoberfläche aufsteige. Es handelt sich also um die Präge, ob früher auf dem Monde Wasser vorhanden war, und wenn dies der Fall, ob sich noch Anzeichen seiner gegenwärtigen Existenz daselbst vorfinden. Die Mare hält der Genannte nicht für ausgetrocknete ehemalige Mondmeere; sie haben seiner Ansicht nach niemals einen wesentlich anderen Anblick dargeboten als heute. Auch scheint es ihm nicht wahrscheinlich, dass der Mond jemals animalisches und vegetatives Leben, ähnlich dem unserer Erde, beherbergt habe; seine Oberfläche sei wahrscheinlich seit den frühesten Zeiten eine verhältnissmässig trockene und unfruchtbare Wüste gewesen. Auch die ehemalige Anwesenheit einer dichten At- mosphäre sei unwahrscheinlich, denn in diesem Falle müsste sie dem Monde verblieben sein. In Consequenz dessen sei auch Nord. 80 80 00 ob 30 4 20 04 [91 W. 1 91 ’ o . _ I © j > 1 .V; . . W V A-A* - A- ' W % /ffPJ I ’s ~ r-- 4- 4 ■ r © ' A V ’3 V 5 k ■ > L v > V S 4Z ?, 4.'"Z KW' Fig. 448. Tob. Mayer’s Mondkarte. Ans Tobias Mayer’s Opera inedita, Göttingen 1775 und J. H. Schroetcr’s Selenotopographischen Fragmenten, Lilienthal 1791. nicht an grosse lunare Wasseransammlungen zu denken, für welche sich nirgends charakteristische Anzeichen vorfinden. Dagegen entscheidet sich Pickering für die Annahme kleinerer Wasseransammlungen und er negirt keineswegs die Möglichkeit, dass auch heute noch Wasser sich auf dem Monde vorfinde. In manchen Rillenformen glaubt er unbedingt ehemalige Fluss- läufe erkennen zu sollen, vornehmlich in den sehr zarten, ge- schlängelten Bildungen dieser Art, die meist mit einem Krater in Verbindung stehen. Letztere wären somit Wasserbecken ge- wesen, die fraglichen Rillen ihre Abflüsse. Nun geht Pickering zur Besprechung der kleinen dunklen Flecke über, welche sich vielfach auf der Mondoberfläche zeigen. Bei der Beobachtung des »Hansteen« z. B. zeigte sich auf der inneren Fläche ein sehr dunkler und unregelmässiger Fleck, welcher bald besser, bald schlechter, bald gar nicht sichtbar war. Weitere Untersuchungen ergaben, dass dieser Fleck während mehrerer Lunationen Gestaltveränderungen wahrnehmen liess. Von besonderem Interesse sind nach Pickering die Flecke im »Alphonsus« im Süden von »Ptolemäus«. Dieselben erscheinen