214 Der Mond. . Nord. tüv Fig. 446. Hevel’s Mondkarte. Aus Johannes Hevelius’ Selenographia. Danzig 1647. (’/a Grösse des Originals.) Es stimmte völlig überein mit der Beschreibung von Dr. Klein, indem es ganz das Aussehen einer schwarzen Kratergrube hatte, umgeben von einem nebligen Rande, und einem Typus angehörte, mit dem ich völlig bekannt bin aus meiner Beobachtung einer ähnlichen Formation im südwestlichen Quadranten des Mondes.« Auffallend bleibt es, dass, wo vom Monde die Rede ist, immer wieder nur die Vulcane Berücksichtigung finden und niemals die Verringerung des Volumens jenes Weltkörpers, die, wie sie für unsere Erde als erwiesen gilt, auch auf dem Monde vorhanden sein sollte. Und eine solche Volumenveränderung verursacht ebenfalls gewaltige Kräfte, welche zu Dislocationen Anlass geben, eine Erscheinung, die der Mond doch wohl mit der Erde gemein haben dürfte. Klein neigt sich vornehmlich zum Vulcanismus und behauptet, dass auf dem Monde Ver- änderungen vorkommen, welche diejenigen auf unserer Erde in Bezug auf Grossartigkeit weit hinter sich lassen. Bei Besprechung der geologischen Verhältnisse auf dem Monde ist das wichtige Thema »Luft und Wasser« nur so obenhin gestreift worden. Es ist also jetzt an der Zeit, dieser Frage näher zu treten. Als unbestreitbares Factum besteht nun hier seit Langem der Satz, dass eine Atmosphäre von einer auch nur annähernden Dichtigkeit wie unsere irdische auf dem Monde nicht vorhanden ist. Bessel kam auf Grund der That- sache, dass bei Sternbedeckungen durch den Mond eine Ab- lenkung der Lichtstrahlen am Rande der Mondscheibe nicht stattfinde, daher eine lunare Atmosphäre, die mehr als der Oberflächendichtigkeit unserer irdischen Luft besitze, nicht an- zunehmen wäre. Diese Behauptung ist nicht ohne Anfechtungen geblieben, man hat sie aber anderseits noch weiter getrieben und damit die absolute Atmosphärenlosigkeit des Mondes pro- clamirt. Neison ist vorsichtiger und supponirt für die lunare Atmosphäre des Mondes einen Werth, der etwa 1/30O der At- mosphäre der Erde beträgt. Als Grundlage für solche Annahmen hat man das Ver- hältniss der Massen beider Welten in Beziehung zu bringen. Da zeigt sich nun, dass in Anbetracht der relativ zur Masse soviel grösseren Oberfläche des Mondes und der weit geringeren Schwere an dieser Oberfläche, die Oberflächendichtigkeit der Mondatmosphäre schon rein theoretisch nur 1/-0 von der Erd- atmosphäre betragen könne. Aber selbst dann bleibt noch mehr als die Zahl 200 als Differenz, indem man von der Ansicht ausgeht, dass im Laufe der geologischen Perioden des Mondes ein grosser Theil seiner Atmosphäre von der Kruste — be- ziehungsweise bei der Krustenbildung — aufgesaugt und fest- gemacht worden sei, ähnlich wie die Erdatmosphäre, von der man annimmt, dass sie vor Zeiten weit dichter war als sie jetzt ist, z. B. in der Steinkohlenperiode. Die moderne Geologie hat diesen Sachverhalt allerdings richtig gestellt, indem sie annimmt, dass die irdische Atmosphäre, trotz mannigfacher Wandlungen der Erdoberfläche, im Grossen und Ganzen seit dem Auftreten der Organismen gleich geblieben sei. Eine unzweifelhafte Ori- ginalität darf eine Hypothese Hansen’s für sich beanspruchen. Nach einer Berechnung dieses Astronomen fiele der Schwer- punkt des Mondes nicht mit dem mathematischen Mittelpunkte zusammen, sondern etwa 33 Meilen jenseits des letzteren in die von der Erde abgekehrte Mondhälfte. Dies hätte nun zurtolge gehabt, dass die Lufthülle von der blasenartig gegen die Erde hin aufgeschwollenen Mondseite gleichsam herabgeglitten sei und sich der Schwere entsprechend über der abgekehrten Mond- hälfte aufgehäuft habe. Lohse meint, man dürfe eher geneigt sein, sich diese Vorstellung zu machen, als anzunehmen, dass der Mond gar keine gasartigen Stoffe beherberge. Für den letzteren Umstand würde eine Erwägung Neison’s sprechen, die mit dem Sach verhalt rechnet, dass bisweilen von zwei benachbarten lunaren Objecten in ähnlicher Lage und von gleicher Helligkeit und Gestalt, das eine schwach und dunkel und von einem bläulichen Saume umgeben erscheint, während das andere scharf, klar und farblos ist. Damit ist offenbar auf die Möglichkeit lunarer Nebelbildungen angespielt. Schröter und Schmidt haben einen grauen Rand um den schwarzen Schatten einiger der tieferen Krater gesehen, doch giebt letz- terer eine Erklärung, welche mit atmosphärischen Erscheinungen nichts zu schaffen hat. Neison kann nicht umhin, hervorzuheben, dass vielfach bei Sonnenaufgang in den tieferen 1 heilen des Mondreliefs eine nebelige Verschleierung wahrgenommen worden sei, welche sonst gut sichtbare Details völlig verschwinden machte. Erst bei höherem Sonnenstände löste sich die Ver- schleierung und die Einzelheiten traten wieder in voller Klarheit hervor. Der genannte Selenograph erwähnt ferner, dass in vielen Fällen ein breiter Halbschatten den wirklichen Schatten be- grenzte, der bei höherem Sonnenstände wieder verschwand. Allerdings giebt Neison zu, dass diese Erscheinungen so sub- tiler Natur seien, dass sie nur von sehr scharfen Augen und nur in den grössten Instrumenten wahrzunehmen seien. Auf Grund der neuesten Mondforschung hat Pickering zunächst die Frage der Existenz einer Dämmerung auf dem Monde ventilirt. Hat der Mond keine Atmosphäre, so giebt es keine Dämmerung und die Schatten müssen immer und überall ganz schwarz sein. In Arequipa zeigte sich, wenn der beleuchtete Theil der Mondscheibe hinreichend schmal war, stets ein ge- wisser Grad von Helligkeit innerhalb der schwarzen Schatten. Sie war mitunter so bedeutend, dass einzelne Details innerhalb der Krater, besonders derjenigen mit Centralbergen, gesehen werden konnten, lange, bevor sie vom ersten Sonnenstrahl ge- troffen wurden. Indess nimmt Pickering an, dass diese Er- scheinung nicht mit einer etwaigen Mondatmosphäre Zusammen- hänge, sondern durch Reflex der sonnbeschienen Flächen und Bergwände hervorgerufen werde. Was die von Schröter an den Hörnern der sehr schmalen Mondsichel wahrgenommene Süd. Fig. 447. Christoph Scheinens Mondbild. Aus Athan. Kircher’s Mtindus subterraneus. Am terdam 1678. 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