Die Glieder des Sonnensystems. bald ein leuchtender Körper hervortritt, der in rascher Bewe- | gung begriffen ist und seine Bahn durch einen glänzenden Licht- streifen bezeichnet. Man nennt sie Meteorite; in besonderen Fällen, wenn es sich um grössere Körper und gewisse Begleit- erscheinungen, worunter schussähnliche Detonationen die be- merkenswerthesten sind, spricht man von Feuerkugeln. Weit häufiger beobachtet man das Auftauchen und Dahinschiessen von Lichtfunken, welche einen Lichtstreifen hinter sich lassen, der nach einigen Secunden wieder verschwindet. Es sind dies die Sternschnuppen, welche zu gewissen Zeiten des Jahres, vornehmlich aber nach längeren Jahrcyklen ein prachtvolles kosmisches Feuerwerk auf das Himmelsgewölbe zaubern. Bevor wir auf die Ursache dieser Erscheinungen über- gehen, wollen wir einige Bemerkungen über die Natur der Meteoriten (auch Aerolithen, d. i. »Lichtsteine« genannt) vor- bringen. Die Schallerscheinungen, welche einen Meteoritenfall begleiten, werden gewöhnlich wie folgt beschrieben: Man hört zuerst einig'e heftige, scharfe Schläge, welche dem fernen Donner von Kanonen gleichen; zwischen ihnen und nachher vernimmt man ein dumpfes Getöse, mitunter ein schwaches Knattern, dem schliesslich ein eigenthümliches Sausen und Zischen folgt. Das letztere rührt von den herabfallenden Partikelchen des zer- sprengten Meteoriten her. Die Schallwirkung breitet sich mit- unter über einen grossen Raum aus, und in diesem F alle sind auch die niederfallenden Sprengstücke weithin verstreut. Von den zahlreichen früheren Erscheinungen dieser Art abgesehen, sei des jüngsten grossen Meteoritenfalles zu Madrid am io. Fe- bruar 1896, 9% Uhr Vormittags gedacht. Die Erscheinung der Explosion ging der Schallwirkung der Explosion, welche einem heftigen Donnerschlage glich, fast 70 Secunden voraus. Die ge- ängstigten Bewohner dachten an ein Erdbeben oder an eine Dynamitexplosion. Unmittelbar hierauf sausten die Partikelchen des zersprengten Meteoriten in grosser Zahl herab, stellenweise arge Beschädigungen verursachend. Die Sichtbarkeit des Phä- nomens erstreckte sich auf einen Umkreis von etwa 700 Kilo- meter von Ost nach West und 400 Kilometer von Nord nach Süd. Ein kleines Wölkcken in der Nähe des Zeniths, aus wel- chem der Meteorit hervorgegangen war, blieb noch bis 3 Uhr Nachmittag sichtbar, wobei es sich langsam nach Ostnordost fortbewegte. Die zur Erde gelangenden Meteoriten, deren Gewicht mitunter mehrere Kilogramm, meist jedoch nur wenige Gramm beträgt, theilt man in zwei Gruppen; die erste Gruppe bilden die Eisenmeteoriten (Siderite), welche fast nur aus gediegenem Eisen, ausgezeichnet durch Nickel- und Phosphorgehalt, bestehen; die zweite Gruppe sind die Steinmeteoriten, welche bisweilen Meteoreisen eingemengt zeigen, im Uebrigen aber aus Mineralien zusammengesetzt sind, welche theils mit den irdischen identisch, theils fremdartig sind. Die den Meteoriten umgebende Rinde ist dessen geschmolzene Oberfläche, eine Folge der grossen Hitze, welche durch Reibung des Körpers in der Erdatmosphäre hervorgerufen wird. Auffälliger Weise wird das Innere des Meteoriten nicht sehr erwärmt. Dasselbe zeigt ganz den Charakter des Trümmergesteins. Es besteht nämlich in den meisten Fällen aus einer graulichweissen Grundmasse, die aus verschiedenen Gemengtheilen ungleichförmig zusammengesetzt ist, und eine Menge eckiger oder kugelförmiger, häufig dunkler gefärbter Concretionen einschliesst, von der Grösse einer Erbse bis zu der einer Walnuss. Die Eisenmeteoriten sind meist derb und von krystallinischem Gefüge, \ selten ästig oder zellig; in letzterem Falle sind die Hohlräume mit deutlich krystallisirtem Olivin (Meteorolivin) ausgefüllt. Die derben Eisenmeteoriten be- stehen fast ausschliesslich aus Eisen und Nickel, indem diese beiden Stoffe nicht selten bis 98°/0 der ganzen Masse betragen. Da nun Eisen und Nickel sich verschieden gegen chemische Agentien verhalten, ist es begreiflich, dass, wenn man solche auf eine polirte Meteoreisenplatte wirken lässt, deren regel- mässige Structur in eigenthümlichen Figuren in die Erscheinung tritt, die man nach ihrem Entdecker »Widmanstätten’sche Figuren« nennt. Durch diese Figuren und den Gehalt an Nickel (2—15%) unterscheidet sich das Meteoreisen wesentlich vom tellurischen Eisen. Man nimmt daher keinen Anstand/ Eisen- massen, die sich auf verschiedenen Punkten der Erde vorfinden, für kosmischen Ursprunges anzusehen, wenn sie in die geologischen Verhältnisse der betieffen- den Gegenden nicht passen und sich mindestens durch die vorerwähnte cha- I rakterisüsche Eigenthümlichkeit auszeichnen, auch wenn man deren Nieder- fallen nicht beobachtet hat. Solche Massen sind mitunter sehr bedeutend, wie die von Tucuman (Argentinien, aufgefunden 1783) von mehr als 26.800 Kilo- gramm, die von Bemedo (Brasilien, aufgefunden 1784) von etwa 9600 Kilo- gramm u. s. w. Es sei ferner bemerkt, dass man in dem Staube verschiedener, auch ganz entlegener Gegenden (Grönland, Polarschnee) Eisentheilchen ge- funden hat, welche in der Zusammensetzung Meteoreisentheilchen glichen. Man neigt sich demgemäss der Ansicht zu, dass noch feiner zertheille feste Materie als die Meteoriten im Welträume schwebt und hat sie als »kosmischen Staub« bezeichnet. Ja, Nordenskjöld ist der Ansicht, dass die ganze Erde überhaupt grösstentheils nur aus Meteorstaub bestehe, der sich nach und nach um einen veihältnissmässig kleinen, ursprünglichen Kern gesammelt habe. Das eine aber steht fest, dass die Atmosphäre der Erde diese von den zahllosen Meteoifällen besser schützt, als es der stärkste Panzer vermöchte; denn dieser wäre von dem fortwährenden Anprall dieser kleinen Weltkörper längst zer- trümmert, während die meisten der in unsere Lufthülle eintretenden Meteoriten durch diese zum Glühen gebracht werden und schadlos verbrennen, ehe sie die Oberfläche der Erde erreichen. Was die Zahl der Stücke betrifft, welche bei einem Meteoritenfalle herabstürzen, so ist dieselbe sehr verschieden, oft sehr gering (1 — 2), oft aber auch sehr bedeutend, wie bei dem Steinregen zu Stammern (1808) und l’Aigle (1803), bei welchen man die Zahl der berabgefallenen Stücke auf 200, be- ziehungsweise 3000 schätzte. Bei dem Steinfalle zu Buthurn in Ostindien (1861) fand man drei Stücke, die in gegenseitigen Entfernungen von etwa zwei eng- lischen Meilen lagen und vollkommen aneinander passten. Man würde indess irren, wollte man daraus folgern, dass alle bei einem grösseren Steinregen herabfallenden Partikelchen Bruchstücke eines einzigen in die irdische Atmo- sphäre eingedrungenen Körpers seien; man muss im Gegentheile aus der Form der Partikelchen und aus dem Charakter der Ueberrindung schliessen, dass in solchen Fällen ein ganzer Schwarm von Meteoriten in unseren Luftkreis ein- tritt. Diesen Sachverhalt bestätigt eine Beobachtung, welche der berühmte Selenogtaph J. F. Schmidt als Director der Sternwarte zu Athen machte. Die Erscheinung war einzig in ihrer Art. Am 19. October 1863 um 2 Uhr 55 Minuten Morgens beobachtete der Genannte eine Feuerkugel ersten Ranges, welche sich durch einen ungewöhnlich langsamen Flug und eine ebenso ausser- gewöhnlich lange Dauer von 21 Secunden auszeichnete, so dass Schmidt Zeit gewann, einen Kometensucher auf sie zu richten und sie dieser Art durch volle 14 Secunden zu verfolgen. Teleskopisch betrachtet, bestand die Feuer- kugel aus zwei grünstrahlenden Stücken von tropfenförmiger Gestalt, welche scharf begrenzte feuerrothe, schnurgerade Schweiflinien nach sich herzogen. Der Abstand beider Schweife betrug 7 Bogenminuten. Das grössere Stück des Meteors ging südlich voran; einige Bogenminuten weiter zurück folgte nördlich das kleinere Stück. Dann aber zog dahinter her ein Schwarm grünstrahlender n 21 März 2IFebr. ]2lJän. |2lDec-,- C-----21 Juni 22Aucp> Apex -. *Ape*/n T'. ’ •fc9 Fig. 427. Der Apex der Erdbahn. Fragmente, und zwar in sehr verschiedener Grösse, deren jedes Stück eine rothe Feuerlinie mit sich führte. Alle diese Linien waren gerade und unter sich parallel. Das smaragdene Licht der Kerne verlief durch Hochgelb in das Feuerroth der Schweife. Woher stammen die Meteoriten? Schon Hailey und Mas- kelyne sprachen sich entschieden dahin aus, dass jene aus dem Welträume zu uns gelangen, doch zeigten sich die Gelehrten jener Zeit und auch späterhin dieser Anschauung wenig zu- gänglich. Noch Ende des 18. Jahrhunderts ging die Pariser Akademie der Wissenschaften so weit, die Meteoritenfälle über- haupt zu leugnen. Lichtenberg bezeichnete die Meteoriten als elektrische Phänomene, und als Chladni 1792 den Göttinger Gelehrten besuchte und auf das Unstatthafte dieses Erklärungs- versuches hin wies, sagte Ersterer: »Alan wisse eigentlich nicht genau, was man aus den Feuerkugeln machen solle; vielleicht sind sie gar nicht tellurischen, sondern kosmischen Ursprunges, ähnlich den Kometen, welche man anfangs gleichfalls für Pro- ducte der irdischen Atmosphäre angesehen habe.« Daraufhin beschloss Chladni der Sache näher zu treten und im Jahre 1794 erschien dessen berühmte Abhandlung, welche den kosmischen Ursprung der Meteoriten klarlegen sollte. Trotzdem verharrte man auch weiterhin bei den abenteuerlichsten Hypothesen, von welchen jene die Oberhand behielt, nach welcher die Meteoriten Auswürflinge von Mondvulcanen wären. Auch Olbers schloss sich dieser Hypothese an. Goethe meinte, die Meteoriten seien in der Erdatmosphäre aus »metallischen und anderen Dünsten zusammengeronnen «. 51