Die Glieder des Sonnensystems. i85 Die anderen Planeten — Mars ausgenommen — wer- den von einer dichten At- mosphäre eingehüllt, wo- durch die Strahlen der Sonne nur als diffuses Licht auf die Oberfläche dieser Planeten gelangen können. Die grossen Planeten frei- lich befinden sich noch in einem sonnenähnlichen Zu- stand, wodurch sich keine Analogien zu den Lebens- verhältnissen auf der Erde ergeben. Dass aber diese letzteren beispielsweise auf Mercur und Venus ofanz anders geartet sein müssen, wie bei uns, ergiebt sich von selbst. Auch bezüglich des geistigen Lebens ist dies — menschenähnliche Bewohner für die beiden Planeten vorausgesetzt — vom Belang; da nämlich diesen der Einblick in den Weltraum verschlossen ist, entzieht er sich ihrer Kenntniss. Auch in dieser Beziehung nimmt also die Erde eine bevorzugte Stel- lung in der planetarischen Welt ein. s flll® -’c , «i ■-. 'Vff ‘M- .48 ’M AM Aw A, Wb Ä •3-h Ä V .W Fig. 386. Mars in der Zeit vom 17. bis 20. August 1892. Gezeichnet am 36zölligen Refractor des Lick-Observatoriums von Professor W. J. Hussey. (Direct nach dem Originale reproducirt.) Die Erde ist in der Reihe der Planeten der erste, welcher von einem Satelliten begleitet ist. Für einen ausserirdischen Beobachter müsste der Erdmond ein sehr auffälliges Object sein, da sein Durchmesser etwas mehr als '/4 des Erddurch- messers beträgt, ein Verhältniss zwischen Planet und Satellit, wie es sonst im Sonnensystem nicht vorkommt. Ueber die physische Natur des Erdmondes werden wir uns in einem be- sonderen Abschnitte ausführlich ergehen und besprechen ihn hier nur als Weltkörper und als Trabanten unseres Planeten. Der Mond läuft um die Erde in einer mittleren Entfernung von 384.420 Kilometer (51.800 geographische Meilen), was 60-27 Erdhalbmessern entspricht. Im Apogäum (Erdferne) beträgt der Abstand 405.430 Kilometer (54.640 geographische Meilen), im Perigäum (Erdnähe) 363.280 Kilometer (48.960 geographische Meilen). Die Mondbahn ist also eine Ellipse, der Brennpunkt, in welchem die Erde steht, ist 21.070 Kilometer (2840 geogra- phische Meilen) vom Mittelpunkte entfernt, und die Neigung der Mondbahnebene gegen die Ebene der Ekliptik beträgt jetzt 5 Grad 8 Minuten 40 Secunden. Diese Neigung verändert sich innerhalb der Grenzen 5 Grad und 5 Grad 18 Minuten. In Be- treff der Gestalt der Mondbahn ist zu bemerken, dass dieselbe als Ellipse erscheint, wenn man sich die Erde als stillstehend denkt. Da aber der Mond sich um die Erde bewegt und zugleich mit ihr um die Sonne, so ist es klar, dass man seine Bahn in Bezug auf die Sonne als eine stark in die Länge gestreckte Epicycloide ansehen kann, dass also diese Bahn nur wenig wel- lenförmig und gegen die Sonne stets concav ist. Vom praktischen Interesse und besonderer Wichtigkeit für die Astro- nomie ist aber die relative Bahn, die der Mond um die Erde beschreibt. Diese erleidet von der Sonne so starke Störungen, wie kein anderer Körper der planetarischen Welt. Lage, Ge- stalt und Grösse der Mondbahn sind demgemäss stetigen Veränderungen unterworfen. Hansen hat nachge- wiesen, dass die störende Kraft der Sonne die Lage der Bahnebene des Mondes derart ändert, dass ihr auf- steigender Knoten in 365'4 Tagen um 9° 201 29-40" abnimmt. Dividirt man 360° durch diese Zahl, so ergiebt 387. Giovanni Schiaparelli. sich, dass nach 18’6 Jahren der Rücklauf des Knotens die Bahnebene des Mondes wieder in ihre ursprüng- liche Lage zurückführt. In gleicher Weise rückt das Perigäum in Eolge der störenden Anziehung der Sonne in 3651/4 Tagen (ju- lianisches Jahr) um den be- deutenden Betrag von 40° 41' 25'83" vor. Das Rück- schreiten des Knotens und die Vorrückung des Peri- gäums erfolgen nicht gleich- mässig, sondern unterliegen vielen Schwankungen. Dazu kommt die »säculare Varia- tion der Mondläufe«, näm- lich eine Beschleunigung des Mondumlaufes von 12" im Jahrhundert. Zu diesen fortschrei- tenden Ungleichheiten der Mondbahn kommen noch pe- riodische hinzu, auf welche wir hier nicht weiter einge- hen. Im Ganzen hat Hansen in seinen Mondtafeln 202 Un- gleichheiten in Länge, 124 in Breite und 189 imRadius vec- tor aufgestellt. Unter den er- steren befinden sich 11, die nicht von den Störungen der Sonne, sondern von denen der Plane- ten Venus, Mars und Jupiter herrühren. Diese Glieder bereiten den Astronomen besondere Schwierigkeiten und sie sind ihrer Grösse nach nicht ganz sicher bekannt. Sie sind äusserst langsam fort- schreitende und sich über lange Zeiträume erstreckende Un- gleichheiten in Länge, die von einer nahezu bestechenden Commen- surabilität der Umlaufszeiten der Planeten entstehen, und deren Coeficienten deshalb unsicher werden, weil sie durch Division zweier sehr kleiner Werthe entstehen. Der scheinbare Durchmesser des Mondes beträgt 31' 8". In Folge der veränderlichen Entfernung des Mondes von der Erde unterliegt jedoch dieser scheinbare Durchmesser beträcht- lichen Schwankungen zwischen 33' 33*2" und 29' 23'6". Der wirkliche Durchmesser beträgt 3482 Kilometer (469 Meilen). Die Gestalt des Mondes ist vollkommen kugelförmig. Obgleich theoretische Betrachtungen ergeben haben, dass der Mond die Form eines Ellipsoids hat, indem er eine sehr kleine Ausbauchung gegen die Erde hin besitzt, sowie eine noch weit geringere Ab- plattung, so sind dennoch die Abweichungen von der Kugel- gestalt unwahrnehmbar klein. In Folge eines besonderen Zusammenhanges zwischen den Lagen der Mondbahn, des Aequators und der Ekliptik würden drei in irgend einem Augenblicke durch das Mondcentrum ge- legte Ebenen, die beziehentlich die Ekliptik, die Mondbahn und den Aequa- tor vorstellen, in derselben geraden Linie sich einander durchschneiden, während die Ebene, welche die Eklip- tik darstellt, stets zwischen den bei- den anderen läge. Somit fällt als eine nothwendige Folge der aufsteigende Knoten des Mondäquators mit den ab- steigenden Knoten der Bahn zusammen und bildet Aequators der Bahn von 6° 404 Würde von einer Opposition von begleitet. Das Fall, indem die Mondbahn unter Sonnenfinsterniss einer Mondfin- ist bekanntlich die mittlere Ebene des mit der mittleren Ebene einen constanten Winkel 49". die Ebene der Mondbahn ge- nau in der Ekliptik liegen, so wäre jede Con- junction und jede ste rn i ss nicht der einem Winkel von 5“ 4' 40' zur Ekliptik ge- neigt ist. Zu einer Mondfinsterniss ist also erforderlich, dass der Durchgänge durch die trifft. Geht der Mond Vollmond mit dem Ekliptik zusammen- hie 1 bei ganz durch 47