176 Die Sonne. 25. August desselben Jahres beobachteten Wasserstoff-Eruption, welche von glühenden Natrium- und Magnesiumdämpfen begleitet war, gedenkt Bredichin des Auftretens eines lebhaften Nord- lichtes . . . Im November 1882 beobachtete Tachini (Rom) Pro- tuberanzen mitten auf der Sonnenscheibe. Gleichzeitig konnte er eine Fleckengruppe von enormer Ausdehnung durch ein ge- schwärztes Glas mit blossem Auge erkennen. Dieses Phänomen hatte bedeutende Störungen der Magnetnadel zur Folge und am 17. November konnte auch in Rom Morgens von 5 bis 6 */2 Uhr ein glänzendes Nordlicht beob- achtet werden, dessen Bogen sich bis 300 erhob. In Piacenza wurde das Phänomen um Mitternacht und am Morgen des nächsten Tages beobachtet. An der Hand eines sehr sorgfältig ausgearbeiteten tabel- larischen Schemas hat Zenger in überzeugender Weise den Zusammenhang von erhöhter Sonnenactivität und den grossen Störungen des atmosphärischen und elektrischen Gleichgewichtes, sowie des magnetischen Gleich- gewichtes des Erdkörpers dar- gelegt. Er constatirt, dass die cyclonenartige Bewegungen zei- genden Sonnenflecken periodisch an derselben Stelle entstehen, vT rl Fig* 367* Sonnenprotuberanz im Verhältniss zur Erdkugel. (Nach Prof. L. Weinek.) und zwar ausnahmslos in der Nähe des Sonnenäquators. Es sollten vornehmlich zwei Punkte in der Nähe des letzteren sein, welche von einander ebenso 18o° in heliocentrischer Länge abstehen, wie auf der Erde das Centrum der westindi- schen Cyclone und jenes der Typhone des indochinesischen Meeres. Finden analoge Verhältnisse auf der Sonne statt, so wendet die Sonne je nach 13V4 Tagen eines seiner Störungs- centren demselben Erdorte zu, und die durch elektrische Ent- ladung entstehenden, im Raume sich fortpflanzenden Tromben, welche die Elektricität in ihn fortleiten, werden die Erde treffen, wenn grosse Cyclone an diesen Störungs- centren gerade vorhanden sind. Zenger fasst seine Untersuchungen in die nachstehenden Sätze zusammen: 1. Dass die erhöhte Sonnenthätigkeit, durch enorme Flecken, cyclonenartige Be- wegungen in denselben und metallische Eruptionen (Protuberanzen) von enormer Höhe und Ausdehnung dargestellt, einen parallelen Gang mit den magnetischen Stö- rungen, Erdströmen besonderer Intensität, Nord- und Südlichtern, gewöhnlichen und Gewitterstürmen, Ueberschwemmungen, Ha- gelwettern und den durch die Photographie wahrnehmbar gemachten Erscheinungen der Absorption, den aktinischen Strahlen (vgl. S. 26) zeigen, also sich wie Ursache und Wirkung verhalten. 2. Dass, wie Airy, Wild u. A. zeig- ten, die solaren und terrestrischen magne- tischen Störungen gleichzeitig sind, und letztere im selben physischen Augenblick auf der ganzen Erde beginnen. 3. Dass auch die Nord- und Südlichter simultan sind. 4. Dass es zwei bestimmte Punkte auf der Sonnen- wie auf der Erdoberfläche in der Nähe des Aequa- tors gäbe, die nahezu um 1800 helio- beziehungsweise geocen- trischer Länge von einander abstehen und als beiderseitige Haupt- störungscentren zu betrachten seien. 5. Dass also die Sonne und ihre Rotation die bestimmende Ursache der grossen Erdstürme sind. flrotz der allgemein anerkannten Thatsächlichkeit dieser Hypothese einer magnetischen Wechselwirkung der Weltkörper, haben sich auch gegentheilige Ansichten hervorgewagt. Be- sonders decidirt hat in jüngster Zeit Lord Kelvin den gegne- Fig. 368. Sonneneruption am 11. Juli 1892. (427.000 Kilometer Höhe.) rischen Standpunkt vertreten. In seiner am 30. November 1892 zur Eröffnung der Jahresversammlung der Boy al Society gehaltenen Rede betonte der Genannte vornehmlich den Umstand, dass die Sonne als veränderlicher Magnet angesehen werde, der kräftig genug wäre, in der Entfernung, in welcher sich die Erde be- findet, Aenderungen in der magnetischen Kraft hervorzurufen, die in den extremen Fällen bis auf V20 oder '/30, bei den ge- wohnlichen magnetischen Stür- men auf '/400 der ungestörten erd- magnetischen Kraft steigen. Da nun, wie weiter angenommen wird, die Sonne — gleich der Erde — ein kugelförmiger Magnet sein soll und ihr etwa dieselbe durchschnittliche Magnetisirungs- Intensität zukäme, so würde, da der Abstand der Erde von der Sonne 2 2 8mal so gross ist, als der Sonnenhalbmesser, und der Kubus dieser Zahl etwa 12,000.000 beträgt, nach dem bekannten Gesetze von der Abnahme der magnetischen Kraft mit der Ent- fernung, die von der Sonne her- rührende magnetische Kraft in der Entfernung der Erde in jeder Richtung nur ein Zwölf- milliontel der wirklichen Kraft des Erdmagnetismus in einer entsprechenden Stellung zur mag- netischen Achse betragen. Auf Grund dieses Sach Ver- haltes müsste demnach die Sonne ein Magnet von etwa u.oooma- liger Intensität des Erdmagneten sein, um durch directe Wirkung, d. h. lediglich als Magnet, irgend eine Störung des magnetischen Gleichgewichtes der Erde hervorbringen zu können. Kelvin gedenkt im Besonderen des grossen erdmagnetischen Sturmes vom 25. Juni 1885 und kommt zu dem Resultate, dass die hierbei geleistete Arbeit auf der Sonne — falls der fragliche Zusammenhang wirklich bestände — alle menschlichen Vorstellungen übersteigt. Um nämlich die hier in Betracht kommende Wirkung zu erzielen, müsste die Sonne in ihr oder in ihrer Atmosphäre eine dynamische Thätigkeit entfalten, deren Agens gleich wäre 160 Million mal Million mal Million mal Pferdestärken, was unge- fähr 3Ö4mal die gesammten Pferdestärken der Sonnenstrahlung betragen würde. Auch andere Gelehrte, z. B. Palazzo, haben einen Zusammenhang zwischen dem Erscheinen grosser Sonnenflecke und dem Auftreten erdmagnetischer Störungen auf Grund der diesbezüglichen Beobachtungen nicht zu erkennen vermocht. Dagegen er- klärt Ta cchini: »Eine Beziehung zwischen dem Gang*e des Erdmagnetismus in der Sonnenthätigkeit zu leugnen, ist nicht mehr möglich, nachdem so viele Beobachtungen gesammelt sind, welche dieselben direct beweisen. Aber wenn man Sonnenthätig- keit sagt, muss man darunter einen Com- plex von Erscheinungen verstehen, die bisher dargestellt werden von den Flecken, Fackeln und Protuberanzen, welche mit- einander in einer Weise verknüpft sind, dass der in langen Perioden sich docu- mentirende Gang der einen ziemlich nahe dem Gange der übrigen folgt. Da- raus ergiebt sich, dass in dem Complexe der Beobachtungs- reihen der Erdmagnetismus in gleicher Weise in Beziehung ge- bracht werden kann mit jeder Reihe jener Erscheinungen, und daher ist es wichtiger, zu sagen, dass er in Abhängigkeit oder directer Beziehung steht zur Sonnenthätigkeit, welche von dem Complex aller beobachteten Erscheinungen repräsentirt wird.« Einer der eifrigsten Verfechter der Hypothese für den Zusammenhang der fraglichen Erscheinungen ist, wie bereits hervorgehoben, Professor Zeng er. Derselbe hat unter Anderem eine ausführliche Tabelle aller grossen Nordlichter in Schweden