Die Fixsternwelt. 164 13. Piscis austrinus (südliche Fische). Die südlichen Fische umfassen 22, dem unbewaffneten Auge sichtbare Sterne, darunter einen 1. Grösse, a oder »Fomalhaut«, der sich aber in Mitteleuropa nur wenige Grade über, den Horizont erhebt, daher schwer zu beobachten ist. In südlichen Gegenden ist er ein auffälliges und schon von altersher viel- genanntes Gestirn. 14. Centaurus (Centaur). Von dieser durch ihren Hauptstern a Centauri welcher der 1. Grössenclasse angehört und unter allen Fixsternen der uns nächstgelegene ist, sodann wegen ihres prachtvollen grossen Sternhaufens berühmten Constellation, reichen nur 22, dem unbewaffneten Auge wahrnehmbare Sterne über unseren Horizont. Heber den grossen kugelförmigen Sternhaufen war im Verfolge unserer Ausführungen wiederholt die Sprache. (Vgl. Seite 147.) ❖ Noch erübrigt uns, eine Sterngruppe am Südhimmel zu besprechen, die zwar nur auf der Südhalbkugel unseres Planeten gesehen wird, aber die zauber- vollste von allen Sternbildern ist — das südliche Kreuz. Der Lichteffect dieser dicht zusammengedrängten Sterne 1. bis 5. Grösse wird offenbar noch besonders gehoben durch die Nachbarschaft der sogenannten »Kohlensäcke« - dunklen Lücken in der Milchstrasse von unergründlicher Tiefe. Bemerkenswerth ist, welchen Eindruck dieses herrliche Sternbild auf einen grossen Denker —■ A. v. Humboldt — gemacht hat. Er schreibt. »In einer Epoche, wo ich den Himmel studirte, nicht um mich der Astronomie zu widmen, sondern um die Sterne kennen zu lernen, wurde ich von einer Furcht in Bewegung gesetzt, welche Denjenigen unbekannt ist, welche eine sitzende Lebensweise lieben. Es schien mir schmerzhaft, der Hoffnung zu entsagen, die schönen Sternbilder zu sehen, welche in der Nähe des Südpoles liegen. Lrn- geduldig, die Gegenden des Aequators zu durchwandern, konnte ich die Augen nicht gegen das gestirnte Gewölbe des Himmels erheben, ohne an das Kreuz des Südens zu denken, und ohne mir die erhabene Stelle des Dante ins Gedächtniss zurückzurufen, welche die berühmtesten Commentatoren auf dieses Sternbild bezogen haben.-) Die Befriedigung, welche wir bei der Entdeckung dieses Kreuzes des Südens empfanden, wurde lebhaft von Denjenigen der -) Die betreffende Stelle (Purgatorio., Conto I) lautet: »Ich wandt’ zur Rechten mich, den Sinn gerichtet Zum andern Pol hin und sah dort vier Sterne, Die Niemand als das erste Paar noch wahrnahm; Der Himmel freute, schien’s, sich ihrer Flämmchen. O arktische, verwaiste Erdengegend, Da dir versagt ist, jene zu betrachten.« Schiffsmannschaft getheilt, welche die Colonien bewohnt hatten. In der Einsam- keit der Meere griisst man einen Stern wie einen Freund, von dem man lange Zeit getrennt war. Bei den Portugiesen und Spaniern scheinen noch besondere Gründe dieses Interesse zu vermehren, ein religiöses Gefühl macht ihnen ein Sternbild lieb, dessen Form ihnen das Zeichen des Glaubens ins Gedächtniss ruft, welches von ihren Voreltern in den Wüsten der Neuen Welt auf- gepflanzt wurde. Da die beiden grossen Sterne, welche die Spitze und den Fuss des Kreuzes bezeichnen, ungefähr die nämliche gerade Aufsteigung haben, so muss das Sternbild in dem Augenblicke, wo es durch den Meridian geht, beinahe senkrecht stehen. Diesen Umstand kennen alle Völker, welche jenseits des Wendekreises oder auf der südlichen Halbkugel wohnen. Man hat beobachtet, um welche Zeit in der Nacht in verschiedenen Jahreszeiten das Kreuz im Süden gerade oder geneigt ist. Es ist dies eine Uhr, welche ziemlich regelmässig, nahezu um 4 Minuten täglich vorrückt, und kein anderes Sternbild bietet bei dem blossen Anblicke eine so leicht anzustellende Beobachtung der Zeit dar. Wie oft hörten wir in den Savannen von Venezuela, oder in der Wüste, welche sich von Lima nach Truxillo erstreckt, unseren Wegweiser sagen: ,Mitternacht ist vorbei, das Kreuz fängt an sich zu neigen1. Wie oft haben diese Worte uns die rührende Scene ins Gedächtniss gerufen, wo Paul und Virginie, sitzend an der Quelle des Flusses der Latanien, sich zum letzten Male unterhalten und der Greis beim Anblicke des Kreuzes im Süden sie erinnert, dass es Zeit sei, zu scheiden.« Dem Südpol des Himmels benachbart, erstrecken sich die sogenannten »Magellanischen Wolken« in zwei getrennten Nebelmassen, welche in ungleichen Abständen um den sternen- leeren, verödeten Südpol kreisen und — wie A. v. Humboldt bemerkt — die Anmuth der südlichen Himmelsgebilde erhöhen. Sie zeigen sich dem unbewaffneten Auge wie abgerissene Stücke der Milchstrasse, aber sie sind der Natur nach nicht wie diese, sondern eine wundersame Anhäufung von Sternen, Nebelflecken und Sternhaufen, wie sich eine ähnliche am ganzen Himmel nicht wieder findet. (Vgl. Seite 22.) An Ausdehnung und Lichtstärke sind die beiden Wolken die »grosse« und die »kleine« wesentlich von einander verschieden; die eine umfasst 42, die andere nur 10 Quadratgrade des Himmels, und während jene auch bei Vollmondschein noch erkennbar bleibt, verschwindet diese im Mondlichte für das blosse Auge ganz. Die Wichtigkeit des Handelsweges nach Ostindien hat offenbar zu der Benennung »Capwolken«, als eine der merkwürdigen, auf Reisen um das Vor- gebirge der guten Hoffnung wahrnehmbaren Himmelserscheinungen, geführt. Die lange Dauer und von so wichtigen Folgen begleitete erste Weltumsegelung durch Magelhaens dürfte die zweite, bekanntere Bezeichnung zur Folge gehabt haben. Was J. Herschel in den beiden Wolken alles sah, wurde bereits anderen Ortes mitgetheilt. Seitdem aber diese complicitten Gebilde auch von der photographischen Platte festgehalten worden sind, hat sich ergeben, dass die kosmische Zusammensetzung der Capwolken noch eine unvergleichlich reichere ist, als sie sich dem Riesenteleskope des jüngeren Herschel zeigte. Man braucht nur die betreffende Zeichnung mit den Reproductionen der Photo- gramme der Arequipa-Station des Harvard College zu vergleichen (Atlasblatt Nr. 19) um diesen Sachverhalt zu erkennen.