Die Fixsternwelt. die Duplicität sowie die Veränderlichkeit können schon in einem kleinen Instrumente beobachtet werden. In 6h i m AR, -J- 240 20' D steht ein viel beobachteter, neuer- dings auch photographisch aufgenommener, dichter Sternhaufen, der schon dem unbewaffneten Auge als lichtschwaches Wölkchen wahrnehmbar ist, in einem grossen Fernrohre aber einen An- blick von so fascinirender Pracht darbietet, dass Lassell meint, man könne denselben nicht ohne einen Ausruf von Erstaunen betrachten und Niemandem eine Vorstellung von diesem Schau- spiele vermitteln, der es nicht aus eigener Anschauung kennt. In 7h 22 m AR, -J- 210 9' D befindet sich ein kleiner, runder Nebel mit einem Stern 8. bis 9. Grösse in der Mitte, und ist dieses Gebilde, welches Rosse als Doppelring dargestellt hat, schon in einem kleinen Fernrohre sichtbar. Schliesslich sei in Erinnerung gebracht, dass im Sternbilde der Zwillinge und zwar in unmittelbarer Nähe des weiter oben erwähnten Sternhaufens W. Herschel im Jahre 1781 den Planeten Uranus entdeckte. 4. Cancer (Krebs). Dieses ziemlich un- scheinbare Sternbild setzt sich aus 51, dem unbewaff- neten Auge wahrnehmbaren Sternen zusammen, von wel- chen indess nur zwei (7 und 0) der4., die meisten übrigen der 6. Grössenclasse angehören. In der Mitte der Constella- tion, zwischen den beiden vorgenannten Sternen, er- blickt das unbewaffnete Auge ein kleines Wölk- chen ; es ist dies der Stern- haufe Praesepe, den schon ein kleines Fernrohr auf- Fig. 328. Sternbild der Wage. Fig. 329. Sternbild des Scorpions. löst. Ein grosser und hel- ler Stern befindet sich in 8h 45111 AR, -J- i2° 15' D; derselbe — schon in einem kleinen Fernrohre sichtbar — setzt sich meist aus Sternen der 9. Grössenclasse zusammen. Von den Doppelsternen ist 1 Canceri ein schönes Object. Das Sternpaar steht in 8h 39m A R, -J- 29° 12' D und setzt sich aus dem gelben Hauptstern 4. Grösse und einem Begleiter 6. Grösse zusammen. Weit interes- santer ist der dreifache Stern £ in 8h 5m AR, -J- i8° 1' D, ein weisser Hauptstern 5. Grösse und zwei in gelblichem Lichte strahlende Be- gleiter der 7. Grössenclasse. In schwachen Fernrohren ist nur der entferntere Begleiter, welcher eine langsame, dabei unregelmässige Bewegung zeigt, sichtbar. Der nur in grösse- ren Instrumenten sichtbare Begleiter bewegt sich regelmässig und weit schneller als jener. 5. Virgo (Jungfrau). Die Jungfrau, ursprünglich als Schnittermädchen dargestellt, bezeichnete im Alterthum die Zeit der Ernte. Das Sternbild um- fasst 109, dem unbewaffneten Auge wahrnehmbare Sterne, welche sich zu beiden Seiten des Himmelsäquators als schmale Streifen erstrecken. Unter der linken Hand steht der hellste Stern der Gruppe (1. Grösse): »Spica« oder a Virgi. Der über dem rechten Beine der Jungfrau hellglänzende Stern gehört nicht zu dieser Constellation, sondern zu Bootes; es ist Arctur. Von den Doppelsternen ist besonders 7 (in i2h 36m AR, — o° 47' D) bemerkenswert!!. Er wurde zuerst durch Pound und Bradley im Jahre 1718 beobachtet und die Umlaufszeit des Begleiters (dieser sowohl wie der Hauptstern gehören der 3. Grössenclasse an und leuchten im gelben Lichte) neuerdings auf 180 Jahre berechnet, so dass derselbe im Jahre 1898 seinen ersten Umlauf bewerkstelligt haben wird. Bemerkenswert!! an diesem Sternpaare ist die grosse Excentricität der Bahn des Begleiters, wodurch dasselbe in verschiedenen Zeiten bald sehr leicht, bald sehr schwer zu trennen ist, da sich im Periastron beide Sterne berühren, so dass sie als längliches Gebilde er- scheinen. In dem Bereiche der Sterne e (Vindemiatrix, in der Figur im linken Flügel oben), 5, 7, y und ß dehnt sich die sogenannte »Nebelregion« aus, welche berühmt ist durch eine Anhäufung von Nebeln in grosser Zahl und von vielerlei Formen innerhalb eines relativ beschränkten Raumes. Die meisten derselben können nur in grossen Instrumenten beobachtet werden. Hervorragendes Interesse beansprucht der zuerst von Lord Rosse beobachtete und gezeichnete Spiralnebel, von dem an anderer Stelle die Rede war. 7. Libra (Wage). Der Name dieses Sternbildes deutet auf die Zeit der Tag- und Nachtgleiche. Ursprünglich stand an diesem Orte das Bild des »Mochos*, des Erfinders der Wage-; Hipparch verlegte hierher die Scheeren des Scorpions, und schliesslich wurde der Raum der Wage zugewiesen. Das Sternbild umfasst 31, dem unbewaffneten Auge wahrnehmbare Sterne, von denen zwei (je einer in jeder Schale) etwas markanter hervortreten: a und ß; sie gehören der 2. Grössen- classe an, doch ist ersterer ein Doppelstern; der Beglei- ter ist 6. Grösse und kann die Trennung schon in einem Opernglase bewirkt werden. Von grösserem In- teresse ist der Veränder- liche 8, der zuerst von J. F. Schmidt im Jahre 1859 als solcher erkannt wurde und merkwürdig ist wegen der kurzen Periode des Licht Wechsels. Dieselbe beträgt nämlich im Ganzen zwar 2 Tage, 7 Stunden, 51 Minuten, doch vollziehen sich die Lichtveränderun- gen innerhalb 12 Stunden, während die übrige Zeit solche nicht statt- finden. 8. Scorpius (Scorpion). Diese Constellation umfasst 41, dem un- bewaffneten Auge wahrnehmbare Sterne, von denen aber viele so weit in den Südhimmel hineinreichen, dass sie bei uns (Mitteleuropa) nicht sichtbar sind. Der schönste Stern ist »Antaris« (a Scorpi); er gehört der 1. Grössen- classe an. Von besonderem Interesse ist der Stern 4. Grösse 0 (in i6h 5™ AR, — 290 9' D), der sich in einem schwachen Fernrohre als Doppel- Sternbild des Schützen stern (der Begleiter ist 7. Grösse), in einem grossen Instrumente aber als vierfacher Stern zeigt, in- dem sowohl der Hauptstern einen sehr nahe ste- henden Begleiter, als der Begleiter von t> einen solchen aufweist. Auch der Doppelstern ß (in 1511 58m A R, — 190 29' D), in einem schwachen Fernrohre als solcher erkennbar (der weisse Haupt- stern ist 2. Grösse, der grünlichgelbe Begleiter 5. Grösse), er- weist sich in einem lichtstarken Refractor als dreifach. Der zweite, dem Hauptstern sehr nahe stehende Begleiter wurde 1879 von Burnham aufgefunden. Schliesslich sei des dreifachen, schon 1782 von W. Herschel als solchen erkannten Sternes £ (in ijh 58^ A R, — ii°2'D) gedacht, der vornehmlich deshalb merkwürdig ist, weil der nähere Begleiter seit seiner Entdeckung fast einen Umlauf bewirkt hat, während der entferntere eine Bewegung von nur etlichen Graden aufweist. 9. Sagittarius (Schütze). In diesem Sternbilde, welches dermalen mit dem Himmels- zeichen des Steinbocks zusammenfällt, nimmt die Sonne ihren tiefsten Standpunkt ein. Vor ungefähr 2000 Jahren hatte sie denselben im Sternbilde des Steinbockes. Die Constellation liegt im Milchgürtel und reicht weit in den Südhimmel hinein, so dass bei uns dem unbewaffneten Auge nur 75 Sterne wahrnehm- bar sind. Der hellste Stern (0) gehört der 2. bis 3. Grössenclasse an; sechs sind 3., neun 4. Grösse. Bemerkenswerth in dieser i Constellation ist der auffällige »Omega - Nebel«, so genannt