153 Die Fixsternwelt. Ü' •' -. * ■; ;a«. ■sS-j-?'-''-; jP'-Tfr-'- 1 Fig. 308. Ein Theil der nördlichen Milchstrasse, nach Heis. »dass die Sonne ein Glied eines vielleicht ringförmigen Sternhaufens! sei und »dass weit ausserhalb dieses Ringes ein beträchtlich reicherer ring- förmiger Sternhaufen liegt, dessen Licht durch die unend- liche Entfernung zur Nebel- haftigkeit reducirt den Glanz der Milchstrasse an unserem mitternächtlichen Himmel her- vorbringt.« . . . Wie sich Proctor die spiraligeStructur des Milchstrassensystems vor- stellt, ist aus Figur 310 zu ersehen. In jüngster Zeit (1891) hat Backhouse (Sunderland) darauf aufmerksam gemacht, dass in der Milchstrasse geradlinige Schaaren kleiner Sterne (»Stern- züge«) vorhanden seien. Auch Anordnungen in gekrümmten Linien kommen vor. Ausserdem durchziehen dunkle Gänge (»Gassen«) die Milchstrasse, die vornehmlich auf den Photo- grammen sehr deutlich zum Ausdruck kommen. Cowper Ranyard, der sich nicht mit den Linien und Curven begnügt hat, sondern Gestalten von Blumen und Blättern mit feinem Ge- äder in die Milchstrasse versetzt hat, behauptet, dass die dunklen Flecke (»Kohlensäcke«) und Gassen von einem verdunkelnden Medium zwischen uns und den betreffenden Theilen der Milchstrasse herrühren. Hingegen hält Barnard diese Erscheinung für wirk- liche Löcher in der Wolkenstructur der Milchstrasse. Ferner gelangt er auf Grund seiner zahlreichen Photo- gramme zu dem Ergebnisse, dass die Gestaltungen des Milchgürtels sich nie- mals wiederholen. Die Nebel und Stern- haufen, welche über die Milchstrasse verstreut sind, erklärt der genannte Astronom für etwas Zufälliges, ohne Zusammensetzung mit dem galakti- schen Phänomen. Es sei daher nicht auffällig, dass man in der Region vom Schwan bis zum Einhorn auf Gruppen besonders heller Sterne stosse, welche in ungeheueren I Massen diffusen Nebels eingebettet seien. Flier, in den Plejaden, in M. Wolfs grossem »Amerika- Nebel« (bei a Cygni), im grossen Nebel im Cepheus u. s. w. geht der von der Nebulartheorie verlangte Entwickelungsprocess der Sterne aus dem chaotischen Fig- 309. Ansicht Ed. S. Holden’s, der geneigt ist, die Spiralnebel eigentlich für Schraubennebel (mit hintereinander gelegenen Windungen) anzusehen. Aehn- liches behauptet H. C. Rüssel (Sidney): »Es scheint, als schaue man auf immer weiter und weiter zurück in die Un- endlichkeit sich stützende Cur- ven, gleich den Strudeln in einem unendlich complicirten Wirbel, bis sie in blassen nebligen I.ichtpunkten enden. Huggins erblickt in solchen Erscheinungen nichts Anderes als Entwickelungsstufen, denn die allgemeinen Züge der Haufen, Ströme und Spiralwindungen, welche das Gesammtbild dieses »Systems von Systemen« charakterisiren, wiederholen sich fast in jedem Theile des Fir- mamentes. Das Ganze sei in Bewegung; jeder Punkt verändere seine Stellung in jeder Secunde um Meilen, obwohl wegen der unendlichen Grösse ihrer Entfernung von uns und von einander die Aen- derungen in der relativen Lage sich nur in langen Zeitläufen verrathen. Die Milchstrasse ist der äusserste Markstein, bis zu welchem die mensch- liche Forschung vorzudringen ver- mochte; bei jedem Versuche, über diese Grenze hinauszugehen, erleidet selbst die Einbildungskraft Schiffbruch. Sehr treffend sagt ein kenntnissreicher und sprachgewandter Freund der Him- melskunde (Bölsehe) bezüglich des überwältigenden Reichthums der Dinge, die gerade in dem Schwanken der Hypothesen über Milchstrasse, Fixsterne und Nebelflecken zum Aus- drucke kommt, dass über alldem »vorläufig als ernste Mahnung unserer im Dunkel tastenden Unwissenheit über die wahre Natur unseres eigenen Systems, dem die Sonne angehört, liegt — unsere hochgradige Unwissen- heit von dem wirklichen Phänomen, aas in der Milchstrasse sich birgt, unser in lauter Hypothesen arbeiten- des Wissen von dem Hineinragen eines Theiles der Nebelflecke in diese Milchstrassenwelt und dem Verhältniss der selbstän- digen Nebel zu diesen und zu ihr.« Die Sternbilder. Urstoffe vor unseren Augen noch weiter, während in den von Nebeln freien Sterngruppen — in den Hya- den, im Delphin, in der Krippe, im Krebs — die Arbeit der Sonnen- bildung vollendet ist. Bezüglich der früher erwähnten Sternenreihen fand M. Wolf unter den ausgedehnten Nebeln in und nahe der Milch- strasse häufig einen eigenartigen Typus vertreten, bei dessen Betrach- tung man die Entstehung der Stern- züge direct zu sehen glaubt. Von der Spitze eines solchen, wie ein Trichter geformten, Nebels stehen drei Sterne, in der Spitze selbst ein vierter und zwei andere, die augenscheinlich noch nicht ent- wickelt sind, weiter rückwärts in der Trichterachse. . . Ob es sich hier nicht einfach um ein optisches Phä- nomen, um eine Projicirung jener Sterne auf die Nebelmasse handelt? Wolf denkt an eine trichterförmige Rotation und beruft sich auf die Fig. 310. Spiralstructur der Milchstrasse, nach Proctor. Schon im Alterthum wurden — offenbar zu Orientirung am Stern- himmel — einzelne Sterne, die sich durch besonderen Glanz auszeich- neten, mit Namen belegt, sowie ganze Gruppen zu »Sternbildern« vereinigt, wobei man Bezeichnun- gen nach lebenden Wesen oder leblosen Gegenständen wählte. Dass man hierbei der Einbildungskraft zuweilen Gewalt anthat, ergiebt sich ganz von selbst, wenn man sich die Constellationen einzeln zu- nächst ohne eingezeichnete Figur, und sodann mit dieser betrachtet. Durch die Figuren wurde allerdings dem Orientirungsbedürfnisse, sowie dem Gedächtnisse nachgeholfen. Auch die Eintheilung des Himmels in Constellationen hat etwas für sich, und wenn auch der Astronom eines solchen Hilfsmittels nicht be- darf, hat sie dennoch für den Laien das Gute, dass er bei Nennung der- selben, sofort weiss, was gemeint 39