Die Fixsternwelt. 147 dient. Bis zum Jahre 1890 hat er nicht weniger als 1054 Doppel- sterne entdeckt, wiederholt beobachtet und in 16 Katalogen ver- öffentlicht. Bis vor Kurzem konnte man nur Doppelsterne messen, deren Distanz mindestens 0*5" betrug; engere Paare konnten nur geschätzt werden. Burnham hingegen hat es mit den grossen das Newton’sche Gravitationsgesetz, dessen Giltigkeit vorerst nur für diejenige Region des Raumes erwiesen war, welche die Bahn des sonnenfernsten Planeten Neptun einschloss, wurde in buchstäblicher Bedeutung des Wortes die »Weltkraft«. neuen Instrumenten amerikanischer Sternwarten (vornehmlich des Lick- Observatoriums) so weit gebracht, dass er Abstände von nur o’iö" messen kann. Ueberraschend ist es, wenn er in unmittelbarer Nähe eines blendend hellen Sternes kleine Sterne von 11. bis 13. Grösse, oft noch gerin- gere Lichtpunkte, auffindet und misst. Und am überraschendsten wirkt es, wenn bekannt wird, dass er neben einem der hellsten Sterne des Himmels, den man bis dahin stets für einfach gehalten hat, einen Begleiter ent- deckt. Den von Auwers durch Rech- nung gefundenen und dann von Clark zuerst gesehenen Siriusbegleiter schildert Burnham als ein leicht sicht- bares Object. Nach der Berechnung Auwers’ dauert die Umdrehung des Sirius-Systems 49’4 Jahre. Burnham hat in dem Amerikaner Hough (Chi- cago) einen Nacheiferer gefunden. Der- selbe hat bis 1890 303 Doppelsterne entdeckt. Die Entwickelungsgeschichte der Dop- Sternhaufen und Nebelflecke. Beim Anblicke der unermess- lichen Sternensaat gewahrt man selbst mit unbewaffnetem Auge Bereiche, in denen die Sterne so nahe gerückt sind, dass ihre physische Zusammen- gehörigkeit als unzweifelhaft erscheint. Diese leuchtenden Inseln im Welt- räume werden Sternhaufen genannt. Sie sind nicht gleichmässig über den Himmel vertheilt, sondern treten be- sonders — und zwar in Gruppen — in der Nähe der Milchstrasse auf. Ihr Anblick ist vornehmlich in grossen Fernrohren von überwältigenderPracht. Die Gestalt dieser Sternanhäufungen ist in der Regel rund, kreisförmig. Die Sterne, aus welchen sie zusammen- gesetzt sind, scheinen meistens gleich gross zu sein und nur zuweilen findet man einen oder einige grössere Sterne in der Mitte dieser Gruppen. Die Kreisform (oder richtiger die Kugel- form) tritt vorzugsweise bei jenen Gruppen auf, deren Sterne sehr klein Fig. 295. Sternhaufen im Schiffe Argo. (AR = 7115501; D = io° 20'.) Photographie von Isaac Roberts, aufgenommen am 27. Februar 1894; exponirt: 9 m. pelsternsysteme hat neuerdings (1893) See theoretisch behandelt. Bildet sich ein Welt- system aus einem Urnebel, so kann es, wenn man annimmt, dass die Massen durch Zu- sammenziehung in Folge der Schwere in eine theilweise zähe Flüssigkeit übergehen, irgend eine der zahlreichen Gleichgewichtsfiguren bilden, welche Poincare als rotirende Flüssigkeitsmassen nachgewiesen hat. Unter diesen befindet sich die birnförmige Form, eine nur vorübergehend bestehende Gleichgewichts- figur, welche durch Abschnürung zur Trennung in zwei Körper führt. Auf diese Weise habe man sich die Entstehung von Doppelsternen zu denken. Nach vollzogener Trennung tritt statt der stehenden Fluth eine umlaufende ein und diese wirkt indirect — wie dies G. H. Darwin für Erde und Mond gezeigt hat — auf die Vergrösserung der Entfernung und Excentricität ein. Daher sind die Bahnen der Doppelsterne in der Kegel sehr excentrisch. Auch verwirft See die Kan t-Laplace’che Hypothese der Planetenbildung aus Ringen. Die Doppelsterne sind auch ein Mittel geworden zur Bestimmung der Güte (Definition) der astronomischen Fernrohre. Sehr leicht und schon durch gewöhnliche achromatische Fern- rohre von 2“ Oeffnung lassen sich fol- gende Doppelsterne trennen: £ grosser Bär, 7 Andromeda, ff Schlange, z Her- kules, £ Leier; mit Fernrohren von 3 ' bis 31/2// Oeffnung: Castor, tc Bootes, £ Krone, £ Krebs, t Fische, a kleiner Bär; mit Fernrohren von 4" bis 5" Oeffnung: r Schlangenträger, 36 An- dromeda, 7 Walfisch, i Cassiopeja, ß Orion (Rigel), 7 Stier, e Widder. Als vorzüglich feine, nur durch aus- gezeichnete Fernrohre erkennbare Doppelsterne können gelten: der Be- gleiter von 7 Andromeda (der selber doppelt ist), 7 nördliche Krone, £ Her- kules, 'S) grosser Bär, die beiden klei- nen Sterne im Trapez von Orion, bei ß Steinbock, bei ß kleines Pferd. Für die raumdurchdringende Kraft erklärt O. Struve den Stern bei 3 nördliche Krone (17. Grösse) als eine der strengsten Proben. Die Berechnung der Doppelsternbahnen hat den Beweis erbracht, dass es bis zu den äussersten Grenzen der sichtbaren Welt eine anziehende Kraft giebt, welche im umgekehrten Ver- hältniss des Quadrates der Abstände wirkt; diese Sterne stehen unter dem Einflüsse derselben Kraft, welche in unserem Sonnen- systeme alle Bewegungen der Planeten und Monde regelt, und Fig. 296. Sternhaufen im Schiffe Argo. (AR = 7h 37m; D = 140 30',) Photographie von Isaac Roberts, aufgenommen am 24. Februar 1894; exponirt: 91». und gedrängt sind, während andere Anhäufungen eine unregelmässige Begrenzung zeigen. Die Anzahl der Sterne in sehr gedrängten Gruppen ist zuweilen wahrhaft erstaunlich. So hat W. Herschel die Zahl der Sterne im Centaur, welche sich auf einem Raume von kaum dem zehnten Theile der Vollmondscheibe zusammendrängen, aut 5000 geschätzt. Das beigegebene Kartenblatt dieses Sternhaufens nach dem Photo- gramme der Arequipa-Station des Harvard College vermittelt in ausgezeichneterWeise das Bild von die- ser prachtvollen Himmelserscheinung. Bezüglich der Begrenzung man- cher Sternhaufen ist die mitunter deut- lich hervortretende Anordnung der Sterne in krummen Linien, die einan- der spiralförmig umwinden und meist mit einem hellen Sterne beginnen und schliessen, bemerkenswerth. Solche Sternhaufen erinnern an die von Lord Rosse entdeckten Spiralnebel, auf wel- che wir weiter unten zurückkommen. Der nördlicheSternenhimmel wird indess von dem südlichen durch den Reich- thum solcher Spiralgruppen weit über- troffen. Vom Sternhaufen im Centaur war bereits die Rede. Ein anderes prachtvolles Gebilde dieser Art am südlichen Sternenhimmel ist jenes im Tukan, der in der Nähe der kleinen Magellan’schen Wolke in einer sonst sternenleeren Region selbst dem un- bewaffneten Auge sichtbar ist. Die Verdichtung dieses Haufens nach dem Mittelpunkte zu tritt sehr deutlich hervor; sie hat drei deutlich zu erken- nende Abstufungen und die orange- rothe Farbe der centralen Anhäufung bildet einen wunderbaren Gegensatz zu dem weissen Lichte der concentri- schen Hülle. Einer der bekanntesten Sternhaufen ist jener der »Gluck- henne« im Stier (Taurus), die unter dem Namen Plejaden bereits den Alten bekannt war und deren hellster Stern Alkyone — die hypothetische Centralsonne Maedler’s — ist. Dem minder geübten Auge erscheint diese Gruppe als kleine lichte Wolke, ein schärferes Auge erkennt 6, ein sehr scharfes Auge 10 bis 14 Sterne, während schon ein Dreizöller deren gegen 150 mit