Die Fixsternwelt. T43 Katalog der rothen Sterne aufgestellt, welchem späterhin der umfangreichere Katalog von Zach folgte. Bedeutend vermehrt wurde die Zahl derselben von den Brüdern Herschel, sodann von Hind, Smith, Baxendell u. s. w. Wir haben an anderer Stelle in Kürze mitgetheilt, worauf der Unterschied der Sterne bezüglich ihrer Färbung beruht. Ausführliches wird in dem Abschnitte über Spectralanalyse der Gestirne nachgetragen werden. Eine Anzahl von Sternen lässt Schwan- kungen bezüglich ihrer Leuchtkraft deutlich er- kennen. Man hat sie als veränderliche (variable) /' bezeichnet. Die erste Wahrnehmung dieser Art • / machte Fabricius, der am 13. August 1596 «Rl / am Halse des Walfisches einen Stern 3. Grösse I bemerkte, der im October desselben Jahres ver- \ schwand. Im Jahre 1603 zeichnete Bayer am Halse des Walfisches, an derselben Stelle, wo der Stern des Fabricius verschwunden war, einen Stern 4. Grösse, dem er den Buchstaben 0 (Omikron) des griechischen Alphabetes beilegte. Erst im December 1638 erkannte Holwander dessen Veränderlichkeit. Seitdem ist dieser Stern — Mira, die »Wunderbare« — als Repräsentant seiner Gattung zu einer gewissen Berühmtheit gelangt. Mira Ceti (Cetus = Walfisch) wechselt in nicht ganz regelmässigen Perioden von 331V3 Tagen ihre Lichtstärke von einem Ma- ximum 2. bis zu einem Minimum 9. Grösse, also von der Hellig- keit der schönsten Sterne im Grossen Bären bis zur Unsichtbar- keit für das unbewaffnete Auge. 42 Tage im Mittel steigt der Stern bis zum Höhepunkte seines Glanzes. Er erreicht aber nicht in jeder Periode im Maximum denselben Helligkeitsgrad oder die gleiche 2. Sterngrösse; zuweilen bleibt er schon bei der 3. oder 4. Grösse stehen, um dann sein Licht bis zum Mini- mum abzuschwächen. Die Farbe dieses Sternes mit seinem ge- heimnissvollen Lichtwechsel ist, wie die meisten veränderlichen, röthlich. Im Gegensätze zu Mira Ceti und vielen ähnlichen mit langer Periode und grossen Lichtänderungen, giebt es andere Veränderliche mit sehr kurzer Periode, in welcher der Stern in regelmässigen Intervallen eine rasche und nur wenige Stunden dauernde Lichtabnahme erkennen lässt. Zu dieser Gruppe gehört Algol im Perseus (ß Persei) mit einer Periode von 2 Tagen 20 Stunden 48 Minuten. Er wurde von Montanari 1669 entdeckt. Den grössten Theil dieser Zeit, nämlich 2 Tage 11 */2 Stunden, behält er im Ma- ximum die 2. Grösse, während er im Mi- nimum nur 10 bis 25 Minuten als Stern 4. Grösse verharrt; die übrigen 9 Stunden erscheint er schwächer, indem er 41/, Stun- den für die Lichtabnahme und eben so viel für die Lichtzunahme braucht. Andere Veränderliche von kurzer Pe- riode, wie ß in der Leier (p Lyrae), zeigen regelmässige Schwankungen sowohl bezüg- lich der Abnahme, wie auch in der Zu- nahme des Lichtes und lassen zwei Maxima und zwei Minima von verschiedener Licht- stärke erkennen. Bei manchen Sternen endlich mit geringerem Licht wechsel, wie a im Orion (a Orionis), kommen ver- schiedene Unregelmässigkeiten vor, die in ihrem Verlaufe noch wenig bekannt sind. 5. C. Chandler hat 1893 einen Katalog der Veränderlichen zusammengestellt, welcher die neuesten und vollständigsten Elemente für den Lichtwechsel von 260 Sternen enthält. Angegeben sind die Nummern und Namen der Sterne, ihre Orte für 1855 und 1890, ihre Farbe, ihre Grösse im Maximum und Minimum des Lichtes, die Zeiten ihrer Maxima, bei Sternen des Algoltypus die Epochen der Minima, die Unregelmässigkeiten im Lichtwechsel und neuerdings auch die Zeit, in welcher ein Maximum auf ein Minimum folgt, sowie die der Berechnung zu Grunde gelegten Daten. Es folgen dann die Entdecker, die Ver- änderlichkeit und die Entdeckungszeit nebst verschiedenen An- merkungen. Endlich schliesst sich hieran eine Liste von 90 Sternen, Fig. 289. Der Nebelfleck in der Andromeda. (Nach herkömmlicher zeichnerischer Darstellung.) ■A • 4^- ..Cwä ■<#' Fig. 290. Der Andromedanebel mit dem im August 1885 erschienenen neuen Stern. 77 anet Algol Fig. 288. Zur Erklärung des Phäno- mens der Veränderlichkeit bei Sternen vom Algoltypus. deren Veränderlichkeit wahrscheinlich, aber noch nicht sicher genug festgestellt ist. Im photographischen Abschnitte haben wir der erfolgreichen Thätigkeit des Draper Memorial bezüglich der veränderlichen (und neuen) Sterne gedacht. Der Werth dieser Methode besteht vornehmlich in Fol- gendem: Sind von demselben Sterne unter gleichen Verhältnissen zu verschiedenen Zeiten Aufnahmen gemacht worden, so wird sich die Variabilität des Sternes durch verschiedene Durchmesser seines kreisrunden Bildes kundgeben, oder wenn bei stillstehendem Fernrohre photographirt wor- den ist, durch wechselnde Breite des linearen Sternbildes. So hat Pickering (1889—1895) zuerst auf der Harvard-Station des Mount Wilson, dann in Arequipa bei der Vergleichung verschiedener photographischer Aufnahmen einiger Sternhaufen in jedem derselben eine kleinere oder grössere Zahl seltsam veränderlicher Sterne entdeckt. In der mehrere tausend Sterne umfassenden Gruppe Messier Nr. 3 (in den Jagdhunden) fanden sich 87, in der Gruppe Messier Nr. 5 (in der Schlange) unter 750 Sternen 46 veränderliche. Ein Theil der letzteren wurde von Miss E. F. Leland einer genaueren Untersuchung unterworfen, aus wel- cher sich ergab, dass diese Veränderlichen merk- würdig kurze Perioden von der Dauer weniger Stunden besitzen. So befindet sich in 8' südöstlich von der Mitte der Sterngruppe ein Stern, der innerhalb 11 Stunden 8 Minuten zwischen 13. und 14. Grösse schwankt. Die Hälfte dieser Periode hindurch ist der Stern im Minimum, dann nimmt er rasch an Helligkeit zu, zeigt ein kurzdauerndes Maximum und sinkt hierauf schnell wieder zum Minimum herab. Ausserdem wurden 27 isolirt stehende Verän- derliche von Mrs. Fleming entdeckt. Bei diesem Anlasse sei nachgetragen, dass die Himmelsphotographie auch zur Ermittelung der Parallaxen herangezogen worden ist. So hat Prit- chard (Oxford) durch überaus sorgfältige Unter- suchungen bewiesen, dass die parallaktischen Ver- schiebungen (Aenderung der Position der Fixsterne) unter Zugrundelegung einer oder mehrerer Ver- gleichssterne durch Ausmessung der Negative mit dem grossen Vorzüge der Musse und Wieder- holung sicher ermittelt werden können. Bedenkt man, dass bei Bessel’s heliometrischer Parallaxen- bestimmung einer unserer Nachbarsonnen — des Sternes 61 Cygni — die Resultate zwischen 0’25" und 0 55“ schwankten, und dass erst nach wieder- holten mühseligen Untersuchungen ein Mittelwerth von etwa 044" festgestellt werden konnte, wäh- rend Pritchard einer einzigen Reihe von Auf- nahmen genau denselben Werth entnahm, so begreift man den ungeheueren Fortschritt, den die photographische Methode darbietet. Nicht minder bewundernswerth ist Pritchard’s Bestim- mung der Parallaxe Algols, deren Werth (0'059") von demjenigen, welchen Chandler erhielt, nur um ’/ioo Secunde abweicht! Der Oxforder Astronom hat, ehe der Tod seinen Forschungen ein Ziel setzte, die Parallaxen von 21 Sternen 2. Grösse auf photo- graphischem Wege ermittelt. Als mittlere Parallaxe der Sterne dieser Grösse ergab sich 0'056", ent- sprechend einer Entfernung von 56'4 Lichtjahren, während nach Gill und Elkin die mittlere Parallaxe der Sterne 1. Grösse 0089" betragen würde, ent- sprechend einer Entfernung von 367 Lichtjahren. Sicherlich ist es kein Zufall, dass die zwei Parallaxen- werthe genau im Verhältnisse der Helligkeit der zwei Sternclassen stehen, sondern wir dürfen annehmen, dass wir jetzt wenigstens annähernd den Massstab kennen, mit welchem wir die Entfernungen im un- ermesslichen Welträume auszumessen haben. Die Figuren 286 und 287 zeigen sämmtliche bis Ende 1895 als veränderlich bekannte Sterne beider Himmelshemi- sphären. Ueber die physische Natur der Veränderlichen sind erst durch die spectroskopischen Untersuchungen, welche im Jahre 1863 ihren Anfang nahmen, schätzenswerthe Aufschlüsse gegeben worden und sind diesfalls in erster Linie die einschlägigen Ar- beiten von Huggins, Secchi und Vogel zu nennen. Secchi nimmt drei Arten von Veränderlichkeit an, welche drei ver- schiedenen Ursachen entspringen. Die erste Art der Veränder- lichkeit besteht in einer mehr oder weniger kurzen Periode, welche in Folge Verfinsterung des betreffenden Sternes durch einen dunklen Begleiter verursacht wird (Algoltypus). Die zweite Art der Veränderlichkeit wird durch die Rotation der Sterne,