134 Beobachtende Astronomie. Combination eines Regulators mit einem Präcisionstellurium (beziehungsweise Planetarium) und zeigt auf dem Zifferblatte ihrer Vorderseite die Zeit in Stunden und Minuten, auf ihrer Oberfläche jedoch die Entstehung der Zeiten, die Ursachen der wechselnden Beleuchtung und Erwärmung der Erdkugel, durch die Bewegung der letzteren um sich selbst und um die Sonne, sowie des Mondes um die Erde und um IT' ll t ? IlIÄ Fig. 270. D e i ch m a n n’sche astronomische Universal uhr. wie auf Sternzeit reguliren zu können, die Sonne. Diese Bewegungen nebst allen aus denselben resultirenden Erscheinungen erfolgen in zeitlich genauem Verhältniss zur Wirklichkeit, so dass also das Chrono- meter die Stellung der vorgenannten Welt- körper im Welträume zur Sonne und zu einander jeden Augenblick richtig zeigt. Die astronomische Oberfläche des Chrono- meters ist eine Scheibe, welche die elliptisch excen- trischen Bahnen der Planeten (meist nur bis Mars reichend), die Theilung der Ekliptik in 360 Grade, den Kalender in 366 Tagen, 12 Monaten, durch ver- schiedene Farben die Jahreszeiten, ferner die bildlich und astronomisch dargestellten 12 Sternbilder des I hierkreises zeigt. Die nöthigen Benennungen sind deutsch, französisch, englisch und lateinisch ange- bracht. In der elliptisch ausgeschnittenen Erdbahn be- wegt sich die Erde — ein kleiner, colorirter und mit Schrift versehener Globus mit dem Mond (versilberte Kugel) — genau der Wirklichkeit entsprechend, in einem Jahre einmal um die excentrisch placirte Sonne (vergoldete Kugel), wobei ein mitgeführter Zeiger, wel- cher zugleich Mittagslinie ist, Grad, Tag, Monat und Jahreszeit markirt. Dadurch charakterisirt sich das Chronometer als immerwährender mechanischer Kalender. Durch die Möglichkeit, das Chronometer durch Umdrehung der Pendelschraube mit Leichtigkeit sowohl auf Sonnen- wird dasselbe bürgerlichen und wis- senschaftlichen Zwecken dienstbar, und finden siderisches und tropisches Jahr ebenso ihre Erklärung, wie die Entstehung der Jahreszeiten, der verschiedenen Länge von Tag und Nacht, der Polarnacht und des Polar- tages in Folge des immerwährenden Parallelismus der öö1^0 zur Ekliptik geneigten Erdachse. Die Erdkugel dreht sich in 24 Stunden um ihre Achse und zeigt dadurch Entstehung von Tag und Nacht, Dämmerung, Auf- und Niedergang der Sonne, des Mondes und der Gestirne, ferner die Ortszeit für jeden beliebigen Punkt der Erde. Der Mond bewegt sich in 29 Ta- gen, 12 Stunden, 44 Minuten, 3 Se- cunden einmal um die Erde und ein- mal um sich selbst. Die Mondbahn ist zur Erdbahn 5'/2" geneigt und die Schnittpunkte beider Bahnen (die »Knoten«) verschieben sich in 27 Ta- gen, 5 Stunden, 5 Minuten, 36 Se- cunden von Ost nach West. Die Knotenlinie macht eine volle Drehung in i82/3 Jahren. Dadurch erscheinen die Mondphasen, die Sonnen- und Mondfinsternisse ebenfalls in den ge- nau der Wirklichkeit entsprechenden Zeiträumen, und finden alle diese uns täglich berührenden und dennoch nicht ohne weiteres verständlichen Erscheinungen durch diese Universal- uhr ihre erschöpfende Erklärung. Die Seitenwände des Chronometer- gehäuses sind mit je einer Karte des nördlichen und südlichen Stern- himmels in Farbendruck veisehen. Sie enthalten alle Sterne von der 1. bis zur 5. Grössenclasse. Das Uhr- werk des Apparates wird alle 14 Tage aufgezogen. Wie erwähnt, hat man solche Kalenderwerke früh- zeitig construirt, theils zum Gebrauche der Sternwarten Fig. 271. Die sogenannte »Trauttmannsdorff’sche Uhr« vom Jahre 1596. (Im Besitze der k. k. Sternwarte zu Prag.) oder für Private, theils für öffentliche Zwecke, z. B. in Verbindung mit Kirchen- uhren. Eine astronomische Uhr der ersteren Art aus dem Jahre 1596, die sich auf der k. k. Sternwarte in Prag be- findet, ist hier abgebildet. Im Nachstehenden sind zwei Con- structionen, welche öffentlichen Zwecken dienten, beschrieben und durch Abbildungen erläutert. Die eine derselben betrifft ein Kalenderwerk der Kathedrale zu Bourges, als dessen Con- structeur ein gewisser Jean Furoris angegeben wird, der den sehr sinnreichen Mechanismus im Jahre 1423 fertigstellte. Zur Erläuterung der Abbildung Eigur 272 werden einige Worte genügen. Wir sehen drei Zifferblätter, deren grösstes mit der Eintheilung in 24 Stunden feststeht, während die beiden kleineren Zifferblätter beweglich sind. Das mittlere Zifferblatt entspricht dem Mondlaufe und zeigt demgemäss 30 Sectoren, von welchen 29 gleiche Grösse haben, der 30. aber nur die halbe Grösse der anderen hat. Es entspricht dies den 29’/., Tagen des Mondlaufes. Das innerste und den tik Die kleinste Zifferblatt bezieht Lauf der Sonne und ist mit und den Thierkreiszeichen schwarze Platte unterhalb sich auf der Eklip- versehen. des Uhr- centrums versinnlicht die Nachtseite. Der Mechanismus ist derart eingerichtet, dass der Uhrzeiger die Sonne mitnimmt; da aber dieselbe in den einzelnen Monaten verschiedene grosse Bogen auf der Tagseite beschreibt, läuft sie in einem Schlitze des Zeigers, in welchem sie sich im Laufe des Jahres bald nach aufwärts, bald nach ab- wärts — je nachdem sie sich dem Sommer-, beziehungsweise dem Wintersolstitium nä- hert — vorschiebt. Die jeweiligen Sonnen- auf- und Sonnenuntergänge lassen sich Aus- beziehungsweise Eintritt derselben am genau durch den Rande der schwarzen Platte beobachten. Die correspondirenden Stundenstriche zeigen dann die Länge des Tages an. Das mitt- lere Zifferblatt, welches dem Mondlaufe entspricht, hat einen kreisrunden Ausschnitt, hinter welchem sich — der Bewegung des Zifferblattes folgend — eine schwarze Scheibe derart bewegt, dass sie alle Mondes- phasen markirt. Ein Blick auf die Zeichnung genügt, um sich eine Vorstellung machen zu können, auf welche Weise dies geschieht. Füllt die Scheibe den ganzen Ausschnitt aus, so ist Neumond; ist sie gänz- lich verschwunden, so ist Vollmond. Diese Uhr ist schon seit Langem nicht mehr im Gange, doch würde es keine besonderen Kosten ver- ursachen, sie wieder in Stand zu setzen. Wesentlich complicirter, der der die am ein wahres Kunstwerk Mechanik, ist die zweite erwähnten Constructionen, astronomische Uhr Strassburger Münster, deren Gesammtanordnung die Abbildung Figur 273 veran- schaulicht. Die Geschichte die- ses Kalenderwerkes reicht weit zurück. Zuerst im Jahre 1354 fertiggestellt, gieng dieselbe zu einer nicht näher ange- gebenen Zeit zu Grunde. Sie war keineswegs besonders kunstvoll angeordnet, denn sie bestand lediglich aus einem Kalendarium und drei Figuren — die heiligen drei Könige darstellend — welche zu jeder Stunde des Tages in Procession vor der heili- gen Jungfrau vorüberschritten, sie begrüssend. Im Jahre 1547 regte der Rath der Strassburger Fabriksherren die Her- stellung einer neuen Uhr an und erhielten die Mathematiker (Herlin, Heer und Brühener) den Auftrag, die Construction zu berechnen. Die Sache scheint ungemein lang hergegangen zu sein, denn es wird weiter berichtet, dass im Jahre 1562, also fünfzehn Jahre nach Beginn der Arbeiten, dieselben »unter- brochen« wurden. Erst 1572 vollendete der berühmte Strass- burger Professor Conrad Rauchfuss (Dasypodius) die theo- retische Arbeit, während die Schweizer Uhrmacher Isaac und