I3o Beobachtende Astronomie. 30 und 31 Tage zugewiesen, mit Ausnahme des letzten Monats — nach der alten Einrichtung der Februar — der nur 28 Tage erhielt. Alle vier Jahre sollte letzterem ein Schalttag hinzugefügt werden, also 29 Tage zählen. Zugleich wurde der Jahresanfang auf den 1. Januar verlegt und zwar mit dem Jahre 45 v. Chr. Um den nothwendigen Ausgleich zu schaffen, erhielt das Jahr 46 (das vorhergehende) 445 Tage zubemessen, welches seiner Länge und den damit zusammenhängenden Störungen im bürgerlichen Leben wegen von den Römern spottweise »Annus confusionis« ge- nannt wurde. Schliesslich sei noch erwähnt, dass zu Ehren Julius Caesar’s und des Kaisers Augustus die alten Monatsnamen Quintilis in Julius und Sextilis in Augustus umgeändert wurden. Der »Julianische Kalender« war gut, aber nicht voll- kommen. Die Jahreslänge von 365 Tagen 6 Stunden als Grund- lage desselben war nämlich nicht genau, was festzustellen einer späteren Zeit vorbehalten war. Die wirkliche Jahreslänge beträgt nämlich nur 365 Tage 5 Stunden 48 Minuten und 45 Secunden und daraus geht hervor, dass der Julianische Kalender um 11 Minuten 15 Secunden zu viel in Anschlag gebracht hatte. So gering dieses Plus war, musste der Fehler gleichwohl nach längeren Zeitläufen fühlbar werden. Geleg'entlich des Nicäischen Concils im Jahre 325 n. Chr. machte man die Wahrnehmung, dass die Tag- und Nacht- sdeiche nach dem Kalender auf den 24. März fiel, also um drei Tage später als in Wirklichkeit. Gleichwohl liess man es bei dem Bestehenden bewenden und es vergingen noch 1257 Jahre, ehe eine neue Kalender-Reform ein- griff. Bekanntlich war dieselbe durch den Papst Gregor XIII. im Jahre 1582 bewerkstelligt worden. Damals war der Ju- lianische Kalender gegen- über der Natur bereits um volle 10 Tage im Rückstände. Die Grundlage für die neue Zeitrechnung bildeten die Aus- führungen der beiden Italiener Gebrüder Silins und der deut- schen Astronomen, welche die Jahreslänge mit 365 Tagen 5 Stunden und 49 Minuten an- genommen hatten, also aber- mals zu lang, wenn auch nur um das winzige Mass von 15 Secunden. Im genannten Jahre verordnete Papst Gre- gor XIII., dass man nach dem w Fig. 266. Die sieben Planeten. Holzschnitt aus einer astrologischen Tafel 1480—1490. (Die Holzschnitte des 14. und 15. Jahrhunderts im germanischen Museum. */5 Grösse des Originals.) 4. October dieses Jahres nicht den 5., sondern den 15. Octo- ber schreiben solle und dass in 400 Jahren drei Schalt- tage ausgelassen werden sollten. Es sollte demgemäss jedes 4. Jahr ein Schaltjahr sein, mit Ausnahme der Säcularjahre 1700, 1800, 1900 u. s. f., deren Einheiten sich nicht durch vier ohne Rest theilen lassen. An einem ähnlichen Merkmale erkennt man die Schaltjahre; bilden die beiden letzten Ziffern eine vier- theilige Zahl, so ist das Jahr ein Schaltjahr, wo nicht, nicht, jedes gemeine Jahr enthält einen, jedes S chaltj ahr hingegen zwei Tage mehr als 52 Wochen; ein bestimmtes Datum rückt daher in jenem um einen, in diesem um zwei Wochentage vor. Fällt z. B. der 1. Januar auf den Samstag, so fällt, wenn das Vorjahr ein gemeines war, der nächste Neujahrstag auf den Sonntag, war es aber ein Schaltjahr, auf den Montag. Dank dem Einflüsse der katholischen Kirche fand der Gregorianische Kalender alsbald die weiteste Verbreitung. Nur die orientalischen Christen gingen auf denselben nicht ein, und so bedienen sich dieselben, soweit sie der orthodoxen Kirche angehören (einschliesslich der Russen) noch immer des Juliani- schen Kalenders. Die Differenz gegenüber dem Gregorianischen Kalender beträgt zur Zeit bereits über 12 Tage, so dass das Weihnachtsfest der orthodoxen Christen auf den 6. Januar des Gregorianischen Kalenders fällt. Nach 10.000 Jahren wird — wenn dieselbe Ordnung der Dinge dann noch besteht — auf der nördlichen Halbkugel bei denjenigen Völkern, die dann noch nach dem »alten Styl« rechnen sollten, der Monat October der kälteste und April der wärmste Monat des Jahres sein, was leicht auszurechnen ist, wenn man daran festhält, dass die Differenz zwischen beiden Zeitrechnungen in je 400 Jahren drei Tage beträgt. Damit wäre die geschichtliche Entwickelung des Kalenders abgeschlossen und wir wenden uns nun der jetzigen Einrichtung desselben zu. So allgemein bekannt die letztere auch sein mag, besteht gleichwohl nicht jenes eingehende Verständniss für alle Einzelheiten, vornehmlich für gewisse Berechnungsdaten, das man voraussetzen möchte. Manche Kalender beschränken sich auf das Nothwendigste, indem sie äusser dem Kalendarium — Datum und Wochentage — nur etliche astronomische Daten, z. B. die Länge der Tage und Nächte, die Stellung der Sonne und des Mondes in dem Zeichen des Thierkreises, Anfang der Jahres- zeiten, Finsternisse u. dgl. enthalten. Die sogenannten »astro- nomischen Kalender« gehen darin, wie wir weiter unten sehen werden, viel weiter. In jedem bürgerlichen Kalender ist ausserdem noch der jeweilige Jahresregent angegeben und finden sich in demselben eine Anzahl von Bezeichnungen, welche zur Berechnung der beweglichen Festtage u. s. w. dienen. Hierüber sind einige Er- läuterungen unerlässlich. Was zunächst den Jahresregenten anbetrifft, so möchte man diese Einrichtung ledig- lich als eine kalendarische Tradition bezeichnen, welche nicht den mindesten prakti- schen Werth hat. Die Beherr- schung der Jahre durch die Planeten — zu welchen auch Sonne und Mond gezählt wur- den und werden — ist be- kanntlich ägyptischen Ur- sprungs. Die Reihenfolge hierbei ist die folgende: Sonne (1), Venus (2), Mer- cur (3), Mond (4), Saturn (5), Jupiter (6), Mars (7). Um nun für ein beliebiges Jahr den Jahresregenten zu finden, hat man weiter nichts zu thun, als die betreffende Jahreszahl durch 7 zu dividiren, wobei sich entweder ein Rest er- giebt, der zwischen 1 und 6 liegt, oder es ergiebt sich kein Rest, in welchem Falle 0=7 ist. Die betreffende Ziffer auf die obenstehende Reihenfolge bezogen, zeigt dann, um welchen Jahresre- genten es sich handelt, z. B.: 1897 £7—271 Rest o, d. i. (0=7) der Planet Mars. Gleichfalls gewissermassen aus Tradition in den modernen Kalender herübergenommen ist die Goldene Zahl, welche von den Griechen aus den weiter oben erläuterten Gründen ein- geführt wurde, ihre Bedeutung sonach längst verloren hat. Im Julianischen Kalender dient sie zur Berechnung des Osterfestes, als Mondzirkel — wie die Goldene Zahl auch noch genannt wird — zeigt sie an, welche Stelle das betreffende Jahr in jenem neunjährigen Cyclus einnimmt, nach welchem die Neumonde wieder auf den nämlichen Jahrestag fallen. . . Eine ähnliche Be- deutung hat der Sonnenzirkel, eine unbewegliche Zahl (28), die dazu benützt wird, auszurechnen, welche Stelle das betreffende Jahr in der Periode von 28 Jahren einnimmt, nach deren Ver- lauf die Wochentage wieder auf die nämlichen Monatstage fallen. Um die betreffende Zahl zu finden, schlägt man zu der frag- lichen Jahreszahl 9 hinzu und dividirt die Summe durch 18; der Rest ist dann der Sonnenzirkel, z. B.: 1897 -j- 9 — 1906 : 28 = 68 Rest 23. Ist der Rest — o, so gilt 28. Die nächste Zahl, der wir im Kalender begegnen, ist die Epakte, mittelst welcher die Zahl der Tage berechnet wird, die mit 1. Januar eines neuen Jahres seit dem letzten Neumond des voran gegangenen December verflossen sind. Die Epakte ist