Der Kalender. 129 ägyptischen Priester vorerst dahin, einen Mondlauf genau fest- zusetzen, um mit der Botschaft nicht bis zum letzten Augenblicke warten zu müssen. Die Berechnung ergab 20)x/.-, Tage, doch eliminirte man den unbequemen Bruch, indem man die Länge der Monate abwechselnd mit 29 und 30 Tagen festsetzte. Das war die Grundlage des Mondjahres. Wie stand es aber mit dem Sonnenjahr? Um dieses in 12 Monate theilen zu können, bedurfte es der genauen Kenntniss des Sonnenlaufes bis auf die Stunde und einen Bruchtheil derselben. Wir haben gesehen, wie man sich in Aegypten zunächst damit behalf, das Erscheinen des Sirius zum Ausgangspunkte der Zeitbestimmung zu machen. Da zwischen zwei solchen Perioden 360 Tage ver- strichen, theilte man das Jahr in 12 Monate, wodurch 30 Tage auf den Monat entfielen. Nun haben wir gehört, dass die ägypti- schen Priester schon im Jahre 3280 v. Chr. davon Kenntniss hatten, dass die Annahme eines Sonnen-Umlaufes zu 360 Tagen nicht stimme, und 5 Tage dazu gezählt werden mussten, um der Wahrheit nahe zu kommen. Diese, von dem griechischen Ge- schichtsschreiber Epagomenai (die »Hinzugegebenen«) einge- schalteten 5 Tage, erwiesen sich späterhin gleichfalls als unzu- reichend und daraufhin erfolgte die Kalender-Reform, welche wir weiter oben als »Sothis-Periode« kennen gelernt haben. Dieser letzteren Zeitrechnung lag die Thatsache zu Grunde, dass in 100 Jahren (zu 365 Tagen gerechnet) der Sirius um volle 25 Tage später erschien, als die Berechnung ergab. Das Jahr war also um dieses Mass zu kurz bemessen. Suchte man das Mittel für ein Jahr, so ergiebt sich ’/4 Tag und für die Länge eines Jahres 365J/4 Tage. Der Bruch war sehr unbequem, da er zur Folge hatte, dass das Jahr nicht mit dem letzten Tage abschloss. Um diese Einrichtung beizubehalten, anderseits aber den Fehler zu eli- miniren, erweiterte man die Epagomenai, welche jedes 4. Jahr einzuschal- ten waren, von 5 auf 6 Tage. Dadurch wurde der jährliche Fehler von 6 Stunden nach je vier Jahren auf 24 Stunden, also genau auf einen Tag abgerundet. Die Juden dagegen, welche von ihrem Mondjahre zu 354 Tagen nicht lassen wollten, brachten dasselbe dadurch mit dem Sonnenjahre in UebereinStimmung, dass sie von Zeit zu Zeit einen 13. Mond- Monat einschalteten. Die Griechen, welche zwischen dem Mond- und dem Sonnenjahr hin- und herschwankten, suchten den richtigen Aus- weg, fanden ihn aber nicht. Der Mond sollte jeden Monat mit derselben Phase beginnen, nebenher aber auch jedes 5. Jahr mit demselben Sonnenstände. Hierbei nahm man an, dass 50 Mond- Monate 4 Sonnenjahren gleich seien, und theilte daraufhin das Jahr bald in 12, bald in 13 Monate, was zur Folge hatte, dass sich nach 4 Jahren ein Vorsprung von 25 Tagen, für den Mond, von 39 Tagen für die Sonne ergab, das heisst, man war um dieselben Masse im Zeitlaufe zurückgeblieben. Der Fehler lag bezüglich der Sonne darin, dass der 4jährige Cyclus in Aegypten das Jahr von 36572 Tagen zur Grundlage hatte, was den Griechen nicht bekannt gewesen zu sein scheint, wie das Zeugniss Hero- dot’s beweist, der diesbezüglich keine Angaben macht, sondern nur darauf hinweist, dass das Zeitmass des wahren Sonnenum- laufes von den ägyptischen Priestern als Geheimniss gehütet werde. Dazu kommt noch, dass die Griechen den Mondumlauf mit 30 Tagen festsetzten. Erst Solon erklärte sich für die Be- rücksichtigung des wahren Mondumlaufes von 2g72 Tagen, der ja längst bekannt war, und entschied sich für die in Aegypten angewendete Methode, den Monaten abwechselnd 29 und 30 Tage zuzumessen. Diese Rectification ergab ein Vorauseilen der Sonne in 4 Jahren um 15% Tage; es waren also gegen früher 2 372 Tag’6 gewonnen worden. Kleostrates versuchte mit Anlehnung an den Solon’schen Kalender eine Reform desselben durchzuführen, doch scheiterte dieselbe, da man von dem Herkommen, den Neumond an jedem ersten Monatstag zu binden, nicht ablassen wollte. Da liess man den Mond im Stiche, behielt aber die Neumondsfeier bei. Die Z/zr a/tcrjifarfeucher fatenJcr iiuf euiecr\ hjticrnen KU. LH ULLQ_ u. W Q 31 a o jjeschhitter. .Schwedisch. ein ftuncnftabynann( ___l_L.i/K Fig. 265. Runenkalender. Folge war, dass im Laufe der Zeit letztere und der jeweilige wirkliche Neumond sich nicht mehr deckten, was im Volke grossen Unwillen erregte. Man griff daher auf den Kalender des Kleostrates zurück, da derselbe bezüglich des Mondlaufes nur einen Fehler von 1 Tagen in 8 Jahren aufwies, der leicht einzubringen war, wenn man ihn auf die einzelnen Monate ver- theilte. Es ergab sich hieraus für die Länge derselben 29 Tage, 12 Stunden und 44 Minuten. Der atheniensische Astronom Meton fand nun, dass dieser Betrag mit 235 multiplicirt 19 Sonnen- jahre ergebe, d. h. nach 235 X 2gd i2h 4m (= 6g3gd i6h 2om) und 19 X 36574d (= 6g39d 19h ) laufen Sonnen- und Mondjahr gleichzeitig ab. Der beider war also für die einzelnen Jahre dieses Cyclus verschieden und nur nach je ig Jahren gleich Null. Um eine praktische Controle hierfür zu schaffen, wurden die Jahre 1 —19 des Cyclus fortlaufend nummerirt und erhielt der Kalender eines jeden Jahres die ihm zukommende »Jahres- nummer«. Da auf Documenten, öffentlichen Aufschriften etc. diese Nummer mit goldenen Buchstaben dargestellt war, wurde sie die »goldene Zahl« genannt. Die Mathematik duldet bekanntlich keine abgerundeten Ziffern. Meton’s Kalender aber basirte auf der runden Zahl 6940 (was den oben mitgetheilten Werthen weder den 235 genauen Monatslängen noch den 19 genauen Jahreslängen entspricht), und da man sowohl den Monat als das Jahr mit Tagesschluss enden liess, ergab sich, dass in 19 Jahren die Sonne einen Vorsprung von 6 Stunden, der Mond einen solchen von 7 72 Stunden hatte. Es trat also neuerdings der Uebelstand ein, dass der Neumond allmählich vom ersten Monatstag fortrückte und mit der Zeit der Reihe nach auf alle Tage des Monates fiel. Alle Versuche, nach den bisherigen Systemen Sonne und Mond in Ueberein- stimmung zu bringen, blieben erfolglos. Den letzten Versuch hatte noch Kallipos im Jahre 331 v. Chr. unternommen. Auch er kam nicht zum Ziele. Die Erben in der Kalendermacherei wurden die Römer. Die älteste, durch Romulus begründete römische Zeitrechnung beruhte auf dem Mondjahr. Dasselbe hatte 10 Monate und begann mit dem März, der dem Kriegsgotte Mars (Martius) geweiht war, die anderen Monate waren der Reihe nach: Aprilis (von Aperta, Beiname des den Erdenschoss öffnenden Apollo), Mayus (von Mayus, d. i. der Erhabene, Beiname des Jupiter), Junius (Mond-Monat, von Juno, welche ursprünglich Jann, später Diana, die Mondgöttin hiess), Quintilis, Sextillis, September, October, November, December. Numa Pompilius fügte zu diesen Monaten noch zwei weitere: Januaris (von Janus, dem Zeitgotte) und Februarius (von Einigen nach Februis, dem Gotte der Unterwelt, der später den Namen Pluto erhielt, von Anderen von Februare, »reinigen«, abgeleitet). Numa’s Jahr war der griechischen Athen-Periode nachgebildet, doch erwies es sich um 8 Tage zu lang. Darüber scheint man sich im alten Rom nicht die Köpfe zerbrochen zu haben und corrigirte bald so, bald so, wie es die Priester für gut fanden. Eine besondere Rolle spielte die »römische Zinszahl«. Der Wirrwarr ging durch Jahrhunderte fort, und so musste es kommen, dass man zur Zeit Cicero’s noch im März steckte, während der Kalender den Mai anzeigte. Da beschloss Julius Caesar der Confusion ein Ende zu machen. Er berief den ägyptischen Astronomen Sosigenes nach Rom, welcher natürlich nichts anderes zu thun hatte, als die heimatliche Zeitrechnung einzuführen. Das Jahr von 365 V4 Tagen bildete die Grundlage, die 12 Monate erhielten abwechselnd 33