Der Kalender. von wo sie aufhört nachzugeben, und von da, wo sie der Kälte widersteht und in ihnen durch Zwischenräume und Eigenthümlichkeit aller Dinge zu be- stimmen« u. s. w. Inwieweit das Pa-Kwa sich zur Zeitbestimmung eignete, oder ob das System nur Formeln allgemeiner Natur darstellte, durch welche ein gewisser Zusammenhang zwischen den Himmelserscheinungen und dem Gange der irdischen Natur angedeutet werden sollte, ist nicht ergründet, da äusser dem i. Buche Fu-hsi’s sich von dessen Schrift nichts erhalten hat. Auffällig ist, dass die 28 »Mondstationen« der Chinesen mit den arabischen besser überein- stimmen als mit den indischen. Gleich den Chaldäern beobachteten sie die Sonnenhöhe am Gnomon; das bürgerliche Jahr war in 12 Monate getheilt; ausserdem gab es Cyclen von 12 Jahren, welche der Umlaufszeit des Jupiter entspricht, ferner einen Cyclus von 10 Jahren. Die Eintheilung des Tages in Stunden wurde durch Wasseruhren controlirt und von Wachen ausgerufen oder angeschlagen. Die Welt dachten sich die Chinesen, wie alle alten Völker, als einen Kreis oder ein Ei in zwei Theile getheilt: in die Sphäre des Lichtes und in die Sphäre der Finsterniss. Erstere, Yan, war der gute Geist oder Sin; letztere, Yin, der Geist des Uebels, der Dämon Kwei. .. Das Licht Yan wird erzeugt im Norden, strahlt aus im Osten und ist vollgesättigt im Süden; die Dunkelheit Yin beginnt im Süden, ist gesättigt im Westen und endigt im Norden. Wie man sieht, beruht hierauf auch unsere Eintheilung des Tages in 12 Stunden und der Beginn des Tages um Mitternacht, der Beginn der zweiten Tageshälfte zu Mittag. Bei der Eintheilung des Kreises in die Sphären des Lichtes und der Finsterniss, dachte sich der Chinese in der Mitte stehend, den Blick nach Norden gerichtet: links liegt ihm Osten, rechts ist Westen. Astronomisch sind Yan und Yin Sonne und Mond. Mitunter ist die Sonne durch einen Stern er- setzt, wie Venus (ursprünglich die Sonne) zum Morgen- und Abendstern geworden ist. Aus den mythischen Ueberlieferungen der Chinesen tritt mit sicheren historischen Umrissen die Zeit des Kaisers Yao hervor (um 2360 v. Chr.), unter welchem das bürgerliche Jahr Tafeln. Dagegen haben die Inder ein grosses Verdienst um die Mathematik, indem sie die Erfinder des Decimalsystems sind (im 8. Jahrhundert), das erst im 14. oder 15. Jahrhundert in Europa bekannt wurde. Grosse Sternkundige waren die alten Inder nicht und ihre Auffassungen von den coelestischen Erscheinungen sind im Grossen und Ganzen sehr naiv. Eine eigenthümliche Gestaltung erhielt die Zeitrechnung im germanischen Norden, der Heimat der Runen. Da am 21. December die Sonne unter den Horizont versank, um län- gere oder kürzere Zeit (je nach der geographischen Breite) nicht wieder zu erscheinen, entwickelte sich die Idee, dass die Sonne' jedes Jahr um die angegebene Zeit stürbe, um hierauf neuge- boren zu werden. Die hierauf gestützten Mythen übergehen wir. Mit den 4 Himmelsrichtungen hängen die 8 Theile des Tages zusammen und zwar: Nachts 12 Uhr, Morgens 3 Uhr, Morgens 6 Uhr, Morgens 9 Uhr, Mittags 12 Uhr, Mittags 3 Uhr, Abends 6 und 9 Uhr. Dementsprechend hatte das Jahr 8 Jahreszeiten, denen je 2 unserer Kalender-Vierteljahre (von Anfang Januar an gerechnet) entsprachen. Also: 1. Jahresanfang f Anfang Januar bis Mitte Februar. 2. Ueberschwemmung ) Mitte Februar bis Ende März. Frühling Sommer Herbst Winter J 3. Ackerbereitung ( 4. Blüthezeit | 5. Reife | 6. Ernte / 7- Jagd ( 8. Kälte | Anfang April bis Mitte Mai. | Mitte Mai bis Ende Juni. | Anfang Juli bis Mitte August. j Mitte August bis Ende September. J Anfang October bis Mitte November. | Mitte November bis Ende December. 2 s. 6 3 5 N. Fig. 263. Chinesische Darstellung einer Sonnen finsterniss. Fig. 262. Pa-Kwa. auf 365 '/4 Tage festgesetzt wurde. Dass in China das Kalender- machen kein ungefährlicher Beruf war, beweist das Schicksal der beiden Hofastronomen Hi und Ho, welche zur Zeit des Kaisers Tschu-Kong verabsäumt hatten, eine im Jahre 2159 v. Chr. eingetretene Sonnenfinsterniss voraus zu berechnen und deshalb ihr Leben lassen mussten. Kong-fu-tse (Confucius) selbst giebt über diesen Zwischenfall Auskunft. . . »Die Personen Hi und Ho richteten ihr Talent zu Grunde und versanken in Dummheit, indem sie sich dem Genüsse des Weines ergaben. Sie kehrten ihrem Berufe den Rücken, verliessen ihre Posten und waren die Ersten, welche die Gesetze des Himmels verwirrten. Hi und Ho waren dumm und blind auf die Zeichen des Himmels; dafür haben sie die Todesstrafe verdient und erlitten, welche die alten Herrscher darauf gesetzt hatten.« Um das Jahr 1100 v. Chr. kannten die Chinesen bereits den wichtigen Cyclus von 19 Sonnenjahren oder 235 synodischen Mondmonaten. Die Wochen waren nicht mehr in 10, sondern 7 Tage eingetheilt. Später wurden die Himmelsbeobachtungen mehrfach rectificirt, wodurch vielfache Schwankungen in der Zeitbestimmung platzgriffen. Es wurden Perioden von 60 Tagen, dann wieder solche von 60 Jahren aufgestellt und mit besonderen Namen bezeichnet. Von der Eintheilungdes Himmels in 2 8 »Häuser« (in Rectascension) war bereits die Rede. Eine eben solche Eintheilung hatten die Inder angenommen, doch ist alles Andere so grundverschieden von den Einrichtungen der Chinesen, dass an einen gemeinsamen Ursprung astrono- mischer Kenntnisse bei beiden Völkern nicht zu denken ist. Für die Berechnung der Himmelserscheinungen dienten im grauen Alterthume Anleitungen, die in Versen abgefasst und so ver- wickelt waren, dass sie schwerer zu gebrauchen sind, als unsere Eigenthümlich ist — Professor C. Faulmann scheint zu- erst darauf hingewiesen zu haben — dass die Zeitrechnung in der Runenschrift Hand in Hand mit der Theilung der Windrose ging. Zuerst waren nur 4 Zeichen vorhanden, dann 8, schliesslich 16. Den 16 Zeichen des nordischen Runen-Futhorks entsprachen die 16 »guten Stunden«. Das Schema ist das folgende: Midnaette (media f 1. fe von 12 — i '/.2 Uhr Morgens - — Beginn des Tages. nox tertia vigilia) | 2. ur I*/2- 3 — Frühzeit. Otta ( 3. thurs » 3 — 4’/2 » » (quarta vigilia) [ 4. OS 4 ’/2 6 » » Sonnenaufgang. Midurmorgen f 5- reid 6 — 7'/2 (prima) | 6. kann 7'/2— 9 Dagmal f 7- hagl 9 — i°'/2 Vormittag s. (tertia) | 8. nauv io’/2— 12 » Mittags. Hadege f 9. is 12 — i'/2 Nachmittags. (sexia) | 10. ar i'/2- 3 Non fi 1. sol 3 — 4’/-> (nona) \i2. tyr 4’/2- 6 » Abends Miduraptar(vespe-J13. biörk 6 — 7'l-i * Sonnenuntergang. ra-prima vigilia) 114. laugr 7'l-i— 9 » Nattmai [15. madr » 9 — io1/2 » — Schlafenszeit. (secunda vigilia) |i6. yr » 10V2— 12 » Nachts. Hierzu bemerkt Prof. Faul mann: »Diese Eintheilung des Tages wäre kaum ausführbar gewesen, wenn sie nicht in der Eintheilung des Jahres einen grossen plastischen Hintergrund gefunden hätte, indem die Naturerscheinungen den Stoff zu den Runen oder Malen (Zeitzeichen) boten, wie auch die späteren Thierkreiszeichen jedenfalls auf indischen Malen beruhten. Theilen wir das Jahr in 16 Male (ich vermeide den Namen Monat, da wir es hier mit einem reinen Sonnenjahr zu thun haben), so fallen auf jedes 23 oder 22 Tage (die Zahl der he- bräischen Buchstaben), zusammen 360 Tage, wie das isländische