12 2 Beobachtende Astronomie. liehen Himmelskunde steht. Den bereits genannten Namen sind I noch anzuschliessen: Auwers, Schönfeld, Förster, Krüger, Valentiner, Seeliger. In Oesterreich - Ungarn sind Namen von hervorragendem Klange jener des Directors der Wiener Universitäts-Sternwarte Prof. Dr. Edmund Weiss und jener des Directors der k. k. Sternwarte in Prag Prof. Dr. L. Weinek. Als Amateur hat sich besonders E. v. Gothard zu Hereny bei Steinamanger hervorgethan. Ein anderer Amateur, Leo Brenner, arbeitet mit Erfolg an seinem kleinen Privatobservatorium auf Lussinpiccolo. In Italien steht an der Spitze der lebenden Astronomen G. Schiaparelli, der berühmte Erforscher des Mars. Der Sonnenforscher und Spectralskopiker P. Secchi hat bedeutsame Werke hinterlassen und mit dem Namen des kürzlich heim- gegangenen P. Denza ist die neue Aera des vaticanischen Ob- servatoriums unvergänglich verknüpft. In England hängt man noch an den Erinnerungen, welche der seinerzeitige Senior der Greenwicher Astronomen, Sir George Airy, hinterlassen. Auf- fälligerweise sind hier vornehmlich einige Liebhaber der Himmelskunde in den Vordergrund getreten, deren Leistungen hoch über allen Dilettantismus stehen. Ihre Namen sind: Hug- gins, Isaac Roberts, Common, Lindsay. Andere Repräsen- tanten dieser Thätigkeit sind: Dawes, Lassel, Baxendell, Knott. Nennt man die Besten, so darf man Walter Maun- ders und Gwyn Elgers nicht vergessen. In Frankreich hat die durch La place begründete, durch Le Verrier bis in die Neuzeit gepflegte wissenschaftliche Rich- tung in F. Tisserand ihren würdigen modernen Vertreter ge- funden. Unter Admiral Mouchez Leitung hat sich das Pariser National-Observatorium — dank der ausgezeichneten Vorarbeiten der Brüder Paul und Prosper Henry — zu einem Central- punkt für Astrophotographie herausgebildet. Hervorragenden Antheil hieran haben auch Puiseux und Loewy, denen man die ausgezeichneten Mondaufnahmen der jüngsten Zeit verdankt. Die Selenographie vertritt Gaudibert, das popularisirende Ele- ment der rühmlichst bekannte Camille Flammarion. H. Faye, E. L. Trouvelot, De la Grye, Janssen, Cornu, sowie der Leiter der Sternwarte bei Nizza, Perrotin, an welcher auch der Planetoidenentdecker Charlois mit vielem Erfolg arbeitet, er- gänzen die Liste. Wir dürfen auch der Holländer Van der Sande Back- huzen und Oudemans und des Schweden H. Gylden nicht vergessen. In Russland stehen neben den bereits genannten Astro- nomen (die beiden Struve, Backlund, Döllen, Lindemann, Belopolski, Glasenapp u. s. w.) vornehmlich Bredichin und Ceraski an der Spitze unermüdlichen Schaffens und Forschens. In keinem anderen Lande hat die praktische Astronomie in den letzten Jahrzehnten so gewaltige Fortschritte gemacht, wie in den Vereinigten Staaten von Amerika. Als bezeichnend für diesen Aufschwung muss vornehmlich der Name von Simon Newcomb genannt werden — neben Seeliger, Auwers, Gyl- den und Tisserand einer der grossen Rechner der Jetztzeit. Zu den ersten Vertretern der Himmelskunde jenseits des Oceans zählen zur Zeit (äusser Newcomb): E. C. Pickering, der Director des Harvard College Observatory, Ch. A. Young, P. A. Gould, der berühmte Neubegründer der Astronomie des Südhimmels, Asaph Hall, der Entdecker der Marsmonde, S. C. Chandler, Edward S. Holden, der Director des Lick-Observatoriums, S. P. Lang- ley, Lewis Boss, Lowell und eine Anzahl Anderer, welche weiter unten genannt werden. Bezeichnend für die Entwickelung der praktischen Astro- nomie in Nordamerika ist die Art und Weise, wie durch Privat- mittel hier die wissenschaftlichen Arbeiten auf dem Gebiete der Himmelskunde gefördert werden. Die Summen, welche beispiels- weise dem Harvard College Observatory zu Cambridge Mass. Jahr für Jahr zukamen, klingen im Vergleiche zu europäischen Verhältnissen schier unglaublich. In der Zeit von 1875 bis 1890 sind diesem Institute über 1/2 Million Dollar allein an barem Gelde zugekommen, der Schenkungen in Gestalt kostbarer In- strumente nicht zu gedenken, mit welchen Frau Drap er zur Ehrung des Andenkens ihres verstorbenen Gatten, des Astro- physikers Draper, die Fortsetzung der Arbeiten des letzteren unterstützte. Namhafte Beträge spendeten ferner U. Boy den, R. T. Payne, Miss Bruce u. A. Das grossartige Observa- torium auf dem Mount Hamilton in Californien verdankt sein Dasein der Opferfreudigkeit eines ehemaligen Clavierfabrikanten — James Lick — das noch grossartiger ausgerüstete Observa- torium der Universität von Chicago am Lacke Geneve der Munificenz des »Petroleumkönigs« Yerkes. Kein Wunder also, dass in den Vereinigten Staaten von Amerika die Zahl der Privatsternwarten ersten Ranges fort- während wächst, dass das öffentliche Interesse an denselben in einer Weise sich zu wendet, die in Europa in diesem Masse un- bekannt ist, wenn auch hier in England und Frankreich mit der Zeit ein Wandel platzgegriffen hat, der umso erfreulicher ist, als beispielsweise in England eine grosse Zahl von Amateuren über vorzüglich eingerichtete Sternwarten verfügt, welche, von dem Werthe ihrer Leistungen abgesehen, zur Popularisirung der Himmelskunde wesentlich beitragen. Die altberühmte und vor- nehmste astronomische Vereinigung — die Royal Astronomical Society — zählt viele hundert Amateure zu ihren Mitgliedern, während die viel jüngere Vereinigung der »British Astronomical Association« eine Mitgliederzahl von mehreren Tausend auf- weist. Auch in Frankreich giebt es zahlreiche Gesellschaften, die den Zweck haben, die Himmelskunde in weite Kreise zu verpflanzen. Die vornehmste unter ihnen ist die »Societe Astro- nomique de France«, welche, von zahlreichen Liebhabern abge- sehen, die hervorragendsten französischen Fach-Astronom en zu ihren Mitgliedern zählt. Deutschland ist der Sitz der inter- nationalen »Astronomischen Gesellschaft«, in welcher nur Fach- männer vertreten sind. Aber die Schöpfung der Gesellschaft »Urania« unter Leitung des tüchtigen Astronomen und populär- wissenschaftlichen Schriftstellers W. M. Meyer, sowie die »Ver- einigung von Freunden der Astronomie und kosmischen Physik«, — beide in Berlin — beweisen, dass man auch in Deutschland in dieser Richtung hinter den anderen Culturvölkern nicht Zurück- bleiben will. In Oesterreich-Ungarn existirt seltsamerweise keine Gesellschaft dieser Art. — Das berühmteste Observatorium in der Neuen Welt ist wohl jenes auf dem Mount Hamilton in Californien. Sein Gründer ist — wie bereits erwähnt — James Lick, der am 25. August 1796 zu Fredericksburg in Pennsyl- vanien geboren wurde und am 1. October 1876 zu San Francisco starb, nachdem er der wissenschaftlichen Welt dieses kostbare Geschenk hinterlassen hatte. Seine sterblichen Reste ruhen unter dem Pfeiler des grossen Refractors der Sternwarte. Ursprünglich Orgelbauer und Clavierfabrikant, zog sich Lick nach einer durch reichlichen Erwerb belohnten Thätigkeit in die Hauptstadt Californiens zurück, wo er bei seinem Ableben ein Vermögen von 3 Millionen Dollars hinterliess, das er gänzlich für öffent- liche Zwecke testirte. Ein Theil dieses Vermögens in der Höhe von 700.000 Dollars sollte der Schöpfung einer Mustersternwarte zugewendet werden und eine specielle Bestimmung ging dahin, dass dieselbe in ihrer instrumentellen Ausrüstung einen Refractor zu erhalten habe, welcher in Bezug auf Dimensionen und Leistungs- fähigkeit alles bisher Dagewesene überbieten sollte. So entstand das gewaltige Sehwerkzeug, von dem in einem früheren Abschnitte die Rede war. Nach den letztwilligen Verfügungen des Gründers wurde ein Collegium von Vertrauensmännern eingesetzt, welches den Bau der Sternwarte einleitete und endlich das vollendete Institut den Leitern der californischen Universität am 1. Juni 1888 über- gab. Die Gesammtkosten beliefen sich auf 610.000 Dollars, wovon auf die Instrumente allein ein Betrag von 112.000 Dollars entfiel. Der Rest von 90.000 Dollars wurde im Sinne des Testators als zinsbringender Grundfond hinterlegt. Die Zinsen dieses Capitals sind jedoch gänzlich unzulänglich für den Unterhalt der Stern- warte, und aus diesem Grunde muss der Abgang gegenüber dem Erforderniss alljährlich aus dem Einkommen der Universität ge- deckt werden. So lange diese Abgänge nicht bedeutende Beträge erreichen, kann der Vorgang geübt werden, doch darf das Ver- mögen der Universität dadurch nicht geschmälert werden. Das Lick-Observatorium (Fig. 247) ist eines der besteingerich- teten und grössten Institute dieser Art auf der ganzen Erde. Gleich- wohl ist, wie bereits angedeutet, sein Einkommen ein beschei- denes, sehr im Gegensätze zu anderen Sternwarten ersten Ranges. Zum Vergleiche sei erwähnt, dass die Zahl der in anderen Sternwarten von erster Bedeutung beschäftigten Directoren, Ob- servatoren und Assistenten, sowie aller anderen ausschliesslich zu wissenschaftlichen Arbeiten bestimmten Personen ungleich grösser ist. Zur Zeit, als die nachstehende Statistik aufgestellt wurde (1895), hatte die Greenwicher Sternwarte 30, das Obser- vatorium des Harvard College zu Cambridge Mass, ungefähr 40, das Pariser National-Observatorium 17 Astronomen und mehrere Hilfskräfte, die Sternwarte zu Pulkowa 16, das astronomische Institut zu Rio de Janeiro ebensoviel, das Marine-Observatorium in Washington 19 Astronomen und Observatoren; das Lick- Observatorium verfügt indess über nur 7 wissenschaftliche Kräfte. Dabei sind jedoch die Revenuen einiger der vorgenannten Stern-