Orientirung am Sternhimmel. letztgenannter Achse und dem Rohre selbst möglichst klein genommen, um dem ganzen Instrumente eine grössere Stabilität zukommen zu lassen. Dieser Zwischenraum ist bei den neueren Reflectoren Grubb’s noch bedeutend kleiner als bei dem hier abgebildeten älteren, bei welchem das Kopfende der Säule noch nach herkömmlicher Art in der Richtung der Polarachse ab- geschrägt ist. Zu den Newton’schen und Cassegrain’schen Spiegeltele- skopen ist in den letzten Jahren eine neuartige Anordnung ge- treten, die der Brachyteleskope — oderkurzweg »Brachyten« genannt — des Wiener Optikers und Mechanikers Karl Fritsch. Instrumente dieser Art sind hier in verschiedenen Grössen dar- gestellt und ihre Anordnung aus den Figuren 213 — 216 leicht zu ersehen. Der Brachyt (Fig. 213) besteht aus zwei getrennten Theilen, dem eigentlichen Rohre (B) und dem Gehäuse (V), einem Messingrohrstutzen, in welchem der grosse Spiegel (M) lagert und mittelst Stellschrauben (ss) rectificirt werden kann. Das Spiegel- gehäuse ist seitlich des Oculares angebracht. An dem oberen Ende des Rohres ist der Träger für den kleineren Spiegel (m) angebracht, der nach dem Cassegrain sehen Principe ein kleiner Convexspiegel ist. Der Strahlengang in diesem Instru- mente ist nun der folgende: Die auf den grossen Spiegel auf- fallenden Strahlen (AB) eines fernen Gegenstandes werden con- vergirend zu dem kleinen Spiegel reflectirt. Die Krümmungs- SÄlj s‘5 Sa&rä *"'■ -L ’ . | Fig. 235. Das kaiserliche astronomische Observatorium zu Peking. Gesammtansicht. radien sind so be- rechnet, dass sich die nun vom klei- nen Spiegel reflec- tirten Strahlen im Ocular zu einem Bilde (a b) vereini- gen, das dann ent- sprechend vergrös- sert (A{ BJ wahr- genommen wird. Die kleineren Brachyte werden azimuthal montirt, sind sehr compen- diös und in Folge Verkürzung des Rohres leichter als gleich grosse diop- trische Instrumente, dabei auch billiger als letztere — Alles einleuchtende Vor- züge vom Stand- punkte des Liebha- bers der beobach- tenden Astronomie. Etwas grössere Bra- chyte werden auch parallaktisch aufgestellt, und zwar nach dem Principe trans- portabler Aequatoreale, also auf kurzem, mit Stellschrauben versehenem Ständer. Die ganz grossen Brachyte, welche indess wenig Verbreitung gefunden haben, erhalten eine feste parallaktische Aufstellung, wie dies aus der Abbildung des Brachyten der Marine-Sternwarte zu Pola (Fig. 216) zu ersehen ist. Bei diesem Instrumente beträgt der Spiegeldurchmesser etwas über 12 Zoll (32 Centimeter), die Brennweite 3 Meter. Die Montirung ist der englischen nachgebildet. Die Polarachse wird durch Federkraft equilibrirt, Rohr und Spiegeltrommel sind durch ein Scheibengewicht am unteren Ende der Declinations- achse ausbalancirt. Es sind drei Kreise vorhanden, ein Decli- nationskreis, dessen Ablesung (beziehungsweise Einstellung) \ er- mittelst einer langen Lupe vom Ocularende aus bewerkstelligt werden kann; ein fein getheilter Stundenkreis am oberen Ende der Polarachse und ein grob getheilter, welcher gleichzeitig als Führung des Segmentes dient. Die Kreise tragen Stirn- theilungen; alle Bewegungen sind vom Ocularende aus zu be- werkstelligen, und zwar die Klemmung und Feinbewegung in Declination durch Schlüssel, die der täglichen Bewegung ent- sprechenden durch zwei Schnüre. Eine besondere Vorrichtung dient zur Aus- und Einschaltung zwischen Uhrwerk und Spindel. Fritsch hat übrigens grössere Brachyten mit Anlehnung an die Repsold’schen Constructionsprincipien, auch auf hoher Stand- säule, welche das Triebwerk einschliesst, montirt. Die Fein- bewegung sowohl in Declination wie in Rectascension wird mittelst Schlüssel, welche zum Fernrohr parallel liegen, bewerk- stelligt. Nach allgemeinem Urtheile sollen sich gerade die kleineren, vorzugsweise für Freunde der Himmelskunde bestimmten Brachyte sehr gut bewährt haben. Durch die seitliche Stellung des kleinen Spiegels gelangen die Centralstrahlen in vollkommener Weise zur Geltung und nur ein Theil der Randstrahlen des Haupt- spiegels wird theils durch den Ocularstutzen, theils durch den kleinen Spiegel aufgefangen. Ein Instrument von nur 10 Centi- meter Spiegeldurchmesser lässt sofort die Duplicität von Castor, des Polarstern, Rigel u. s. w. erkennen. Hervorzuheben ist die bedeutende Bildschärfe. Bei einem 4-Zöller erscheint bei etwa 2 5ofacher Vergrösserung die Begrenzung von Mond, Saturn, Jupiter correct, bei isofacher Vergrösserung sogar noch mit grosser Schärfe. Auf der Mondoberfläche sind äusser den ge- wöhnlichen Rillen (Hyginus, Petavius, Ariadnus) auch das ganze Rillensystem des Triesnecker, die vielfachen Rillen am Mer- senius zu sehen, sowie viele von Dr. J. H. Klein in seiner »Durchmusterung des Himmels« als schwierig bezeichnete Ob- jecte, wie die Krater in Cleomedes, die Centralberge in Ger- minius u. s. w. Da die vorstehenden Andeutungen vornehmlich mit Rücksicht auf die Erfordernisse eines Instrumentes für Liebhaber der Himmelskunde gemacht wurden, erscheint es zweckmässig, das hierauf bezugnehmende Urtheil eines Fachmannes kennen zu lernen. So sagt v. Kon- koly (in »PraktischeAn- leitung zur Anstellung von Beobachtungen«): »Es wenden sich sehr oft Dilettanten an Fach- astronomen um ihren Rath, woher sie ein gutes (natürlich billiges und grosses) Fernrohr bezie- hen sollen, und was für eines sie wählen sollen. Der Astronom kommt bei solchen Fragen oft in Verlegenheit, da ein Liebhaber mit einem Fernrohr, welches kaum 300 bis 400 Mark kosten soll, alles das sehen möchte, was mit dem Washingtoner Riesen- refractor*) zu sehen ist. Erkennt er am Mars die Flecken nicht so scharf, wie man sie leider gar zu oft gezeichnet sieht, so wird das Fernrohr so- fort für ,schlecht1 decla- rirt, und der Astronom, welcher ihm dasselbe be- stellt hat, trägt die ganze Schuld. Deshalb ist es unbedingtanzurathen, in solchen Fällen nur zu den ersten Künstlern zu ge- hen, da man dann wenigstens vor solchen Vorwürfen gesichert ist.« Und weiter: »Bezüglich der Grösse kommen verschiedene Nebenumstände in Betracht. Will der betreffende Liebhaber sich eine Drehkuppel bauen, so gehe man ja so weit darin, als es die Geldmittel irgend erlauben. Ist die Erbauung einer Kuppel aber nicht beabsichtigt, so kaute man keinen grösseren Achromaten als einen von 105 Millimeter Oeffnung bei 1*2 Meter Focaldistanz, oder einen Brachyten von 16 Centimeter, oder einen Newton’schen Reflector von gleicher Oeffnung.... Amateuren kommt es in der grösseren Mehrzahl der Fälle meistens darauf an, etwas Grosses, in die Augen Fallendes zu haben. Sie kaufen sich deshalb kein Brachy-Teleskop, das ja kein dickes Rohr hat, sondern ziehen einen un- bequemen Newton’schen Reflector vor.« 4. Das Heliometer. Obwohl die mit feingetheilten Kreisen versehenen Aequa- toreale exacte Messungen zulassen, walten dennoch Gründe vor. sich mit diesem Hilfsmittel nicht zu begnügen, sondern den Oculartheil des Fernrohres mit einem entsprechend construirten Messapparat zu versehen. Das Principielle derselben besteht darin, Differentialbeobachtungen anstellen zu können, d. h. die Lage eines unbekannten Gestirnes zu einem möglichst nahe be- nachbarten Gestirne, dessen Position genau bekannt ist, zu be- stimmen. Liegen die beiden Objecte an einem und demselben Stundenkreise der Sphäre, so lässt sich die hier in Frage kommende Differenz in Rectascension ohneweiters dadurch er- mitteln, dass man die beiden Gestirne nacheinander bei ihrer *) Als Konkoly dies schrieb, war dieses Instrument das grösste unter allen existirenden. 27