Orientirung am Sternhimmel. IOI südlichen Sternhimmel (Cap der guten Hoffnung) fort, indem er 1239 echte Nebelflecke und 236 Sternhaufen katalogisirte. Es erscheint begreiflich, dass die Erfolge W. Herschel’s auch ausserhalb Englands die Astronomen beeinflussten, bezie- hungsweise sie zur Nacheiferung anspornten. Indess ist auch nur von annähernden Leistungen we- nig bekannt geworden. Eine be- achtenswerthe Ausnahme hierbei macht der hannoveranische Justiz- amtmann Hieronymus Schrö- der, ein begeisterter Freund der Himmelskunde, der in Lilien- thal bei Bremen seit Langem mit grossem Eifer und vielem Erfolge der astronomischen For- schung oblag. Mit Instrumenten trefflich ausgerüstet, kam er auch in den Besitz mehrerer Herschel’scher Spiegel, deren Benützung ihn schliesslich auf den Gedanken brachte, selber einen grossen Reflector zu bauen. In seinem Streben durch den Kieler Professor Schrader unterstützt, konnte Ersterer seinen Plan verwirklichen, und im Jahre 1793 war ein 2 7fussiges Spiegel- s im ^^758» Fig. 227. Doppel-Siderostat. teleskop mit allen Zurüstungen zur Benützung fertiggestellt. Das Rohr hatte einen achteckigen Querschnitt von 2 Fuss 4 Zoll Durchmesser und war aus zollstarken Tannenbohlen gezimmert. Dieses circa 14 Gentner schwere Rohr ruhte mit seinem oberen Ende auf einer Gallerie, welche sich seitlich eines hohen thurm- artigen Fachwerkbaues erhob und von der zwei lange Balken ausgingen, welche die Verbindung mit einem auf einem vier- räderigen Wagengestelle ruhenden verticalen Balkengerüste her- stellten. Das Wagengestelle lief auf einer kreisförmigen Schienen- bahn. Von dem Gerüste ging (in der Anordnung, wie sie die Figur 201 auf Seite 89 zeigt) ein stumpfen Winkel abgeknickter, von der Gallerie aus zu hebender und zu senkender und gleichzei- tig ausbalancirter Rahmen nach abwärts. In dem abgeknickten Theile untere seinem 20 Zoll den Hohlspiegel. des Rahmens lag das Ende des Rohres mit 2 Centner schweren und im Durchmesser messen- Die Schröder’sche Construction zeigt wesentliche Verbesserungen gegen- über der Herschel’schen. Zunächst ist die Versteifung der einzelnen Theile des Baues eine wirksamere, die Aus- balancirungdes schweren Rohres bedeutet einen beachtenswerthen Fortschritt. Der Beobachter war nicht der Bedenklich- keit halsbrecherischer Kletterübungen bei Nacht ausgesetzt und schwebte nicht wie bei Herschel’s Construction auf einer dem Winde ausgesetzten Gallerie zwischen Himmel und Erde, sondern konnte seine Beobachtungen unter dem Schutze eines Bretterhäuschens, das sich über die Gallerie erhob, anstellen. Schröder konnte dementsprechend sein Teleskop viel benützen und zahlreiche Beobachtungen über die Oberflächen- verhältnisse des Mondes und der Planeten anstellen. Noch Jahrzehnte nach den welche Händen für sich grossartigen Erfolgen, die Reflectoren in den der beiden Herschel beanspruchen durften, behaupte- ten diese Instrumente ihre hervor- ragende Bedeutung für die Durchforschung des Himmels. Ja, es brach eine neue Blüthezeit für dieselben herein, welche un- gefähr den Zeitabschnitt von 1840 bis 1870 umfasste. Während desselben hatte die Fabrikation seinem unteren Ende im B 1) E F LAJE Fig. 228. Zöllner’s Polarisations-Astrophotometer. der Glasmassen weder bezüglich ihrer Güte, noch bezüglich der Dimension irgendwelche nennens- werthe Fortschritte gemacht. In dieser Zeit war es vornehmlich das gigantische, mit einem Spie- gel von 6 Fuss Durchmesser ausgestattete Teleskop, welches von Earl of Rosse auf seinem Landsitze Birr-Castle (Parsons- town) in Irland errichtet worden war, das die allgemeine Bewun- derung auf sich gelenkt hatte. O. Struve, der zweimal an Ort und Stelle von der Leistungs- fähigkeit dieses Instrumentes sich überzeugen konnte, gab seinem Erstaunen über die ungeheuere, im Brennpunkte vereinigte Licht- masse und die vielen Details, welche sich an den Nebelflecken erkennen liessen, unverhohlen Ausdruck, fügte aber hinzu, dass die Präcision Vieles zu wünschen übrig liess; nur in gewissen Lagen des Rohres konnte sie als eine befriedigende bezeichnet werden, während bei geänderter Neigung gegen den Horizont der Spiegel durch seine eigene Schwere seine Form merklich änderte und damit der Güte der Bilder bedeutenden Eintrag that. Earl of Rosse hatte bei Herstellung seines »Leviathan« benannten Riesenteleskopes nicht mit der Kostenfrage zu rechnen; mit einem Aufwande von 300.000 Francs brachte er ein Observatorium zu Stande, welches selbst den Zeitgenossen des alten Herschel als märchenhaft erschienen wäre. Im Jahre 1845 war es vollendet. Durch etwa 30 Jahre benützte es sein Erbauer, seitdem ist es zwar vereinsamt, doch erinnert es umso eindringlicher den Be- sucher von Parsonstown an die grosse Zeit der Rosse’schen Entdeckungen. Das Teleskop hatte durch seine Lichtstärke unter Anderem wichtige Resultate über den inneren Bau der Nebelflecke ergeben und ist darin erst von dem grossen Refractor der Lick-Sternwarte erreicht worden. Auch über die Wärme- strahlung der Himmelskörper sind damit interessante Untersuchungen angestellt worden. JK NI Betrachten wir nun die Anlage dieses Observatoriums und seine Ausrüstung (Fig. 202). Zwischen zwei von Nord nach Süd orientirten zinnengekrönten Mauern von 25 Meter Länge und 15 Meter Höhe befindet sich das riesige, 7 */2 Fuss im Diameter messende Rohr, dessen me- tallener Hohlspiegel einen Durchmesser von 6 Fuss, eine Dicke von 5 */2 Zoll und ein Gewicht von 75 Centnern hat. Die Brennweite beträgt 54 Fuss (16-5 Meter). Da die Durchbiegung einer so schweren Masse bei verhältnissmässig geringer Dicke die genaue Gestalt der spiegelnden Fläche völlig verzerrt hätte, wirkt derselben ein auf der Rückseite angebrachtes complicirtes System von Hebeln entgegen, welche den Spiegel unterstützen und in allen Lagen tragen helfen. Die Bewegung des Rohres in Declination erfolgt mittelst Ketten und Winden und unter Bedienung von zwei Mann, welche die ganze ungeheuere Last von 300 Centnern in 6 Minuten aus der niedrigsten Lage bis zur Zenithstel- lung bringen können. Die Bewegung in Rectascension, welche nur etwa io° zu beiden Seiten des Meridians reicht, wird durch ein Uhrwerk mit Schraube vermittelt. Ein eiserner Gradbogen von 43 Fuss (13 Meter) Radius, der an der Innenseite der Ostmauer angebracht ist, giebt den Winkel an, um welchen das Rohr gegen den Horizont geneigt ist. Der Beobachter hat seinen Standort auf einer der vier in der Abbildung er- sichtlichen Gallerien, von denen sich drei auf der Westmauer befinden, während die vierte und unterste auf einem Gerüste von Mauer zu Mauer gezogen werden kann. Dem Rosse’schen Instru- mente bedeutend überlegen be- züglich der Präcision der Bilder war der von William Lassell zu Maidenhead bei Liverpool erbaute Reflector von 4 Fuss Spiegelöffnung, der nachmals in der Malta seine trefflichen Eigenschaften 26