94 Beobachtende Astronomie. Mass von Behinderung dürfte gleich- wohl vorhanden und kaum zu be- heben sein. Zu den mechanischen Theilen der Refractoren gehört unter Anderem auch die Fassung der Objectivlinsen. Bei kleineren Instrumenten besteht dieselbe meist in einem Messingring, in welchen die beiden Linsen, mit Canadabalsam aneinandergekittet, ein- gedrückt sind. Das ganze Objectiv wird einfach an das Ende des l ubus angeschraubt. Bei grösseren Instrumenten ist diese Art von Montirung nicht zulässig, und zwar gilt dies schon von Ob- jectivöffnungen von 5 Zoll aufwärts. Bei allen Linsenfassungen ist es nothwendig, auf einen gewissen Spielraum zwischen dem Umkreise der Linsen und dem des Lagerringes Bedacht zu nehmen, um Pressungen bei Temperaturabnahme zu vermeiden, was immer eine Verzerrung der optischen Bilder zur Folge hat. Deshalb liegen grössere Gläser in ,4% Fig. 213. Strahlengang im Brachyteleskop. ihrer Fassung nur an drei Punkten auf und werden dieselben durch einen ebenfalls an drei Punkten aufliegen- den Gegenring festgehalten. Bei sehr grossen Objectiven wird eine Feder an der Fassung angebracht, welche das Objectiv in einer bestimmten Lage hält und jede Spannung beseitigt. Die Fassungen werden bei grossen In- strumenten vielfach aus Stahl erzeugt, weil dieses Material bezüglich seines Ausdehnungscoefficienten demjenigen des Glases am nächsten kommt. Da ein Ein- oder Anschrauben der Fas- sung an das Fernrohr bei grösseren Dimensionen des letzteren nicht an- geht, wird bei diesen der Ring der Fassung mit seiner Fläche durch drei Schrauben in der Weise an dem Ob- jectivkopf befestigt, dass jener gleich- falls nur an drei Punkten aufliegt. Was den Objectivkopf betrifft, ist es erforderlich, dass er aus zwei mittelst einer Flansche und drei Zug-, beziehungsweise drei Druckschrauben verbundenen Stücken bestehe, um das Centriren des Objectives, d. h. das Zusammen- fallen der optischen Achse des Objectives mit jener des Fern- rohres, bewerkstelligen zu können. Bezüglich der Anordnung der Gläser ist die Regel, das Fig. 214. Kleines Brachyteleskop. die Sonne beobachtet. Kronglas vorne, das Flintglas rückwärts anzubringen, doch findet auch das Umgekehrte statt (Stein- heil). Mitunter erhalten die Objective drei Gläser (Steinheil, Schröder), wobei zwei Flintgläser das Kronglas zwischen sich nehmen. Bekanntlich haben die Linsen, welche aus den beiden genannten Glassorten herge- stellt sind, verschiedene Krümmungs- halbmesser, und zwar ist derjenige der Kronglaslinse grösser. Dies hat zur Folge, dass die beiden Linsen sich zwar in ihren Scheitelpunkten, nicht aber an den Rändern berühren. Ist die Entfernung an letzteren gering, so behilft man sich durch Einlegen von Stanniolblättchen, um die beiden Linsen gegen einander zu fixiren. Sehr grosse Linsen kommen überhaupt nicht in Contact, und zwar aus einem Grunde, den wir sofort erläutern werden. Da sich an und zwischen den Linsen im Laufe der Zeit Staub an- setzt, müssen dieselben von Fall zu Fall gereinigt werden. Bei Linsen von geringen Dimensionen hat dies weiter nichts auf sich. Anders bei grösseren Objectiven. Durch den jahre- langen Druck haften nämlich die beiden Gläser gewöhnlich an den Rändern Fig. 215. Grösseres Brachyteleskop. ziemlich fest auf ihrer Unterlage und es bedarf oft des resoluten Schlages mit einem Holzhammer, um die Los- lösung zu erzielen. Dann giebt es einen scharfen klingenden Ton und die Gläser trennen sich oder — sind zertrümmert. Bei sehr grossen Instru- menten ist Vorsorge getroffen, dass man die Linsen, ohne sie aus ihrer Passung bringen zu müssen, an Ort und Stelle reinigen kann. Zu diesem Ende befindet sich am Rohre zwischen den in einer gewissen Entfernung von einander abstehenden Linsen eine Klappenöffnung, und eine zweite hinter der Flintglaslinse, beziehungsweise der ocularwärts liegenden Linse. Der Arbeiter hat weiter nichts zu thun, als diese Klappen zu öffnen und die Reinigung zu bewerkstelligen, wobei ihm der Spielraum zwischen den beiden Linsen hinreichende Bewegungsfreiheit gewährt. Schliesslich wäre noch Einiges über die Triebwerke der Refractoren, deren exactes Functioni- ren von allergrösster Wichtigkeit ist, zu bemerken. Es bestehen die ver- schiedenartigsten Einrichtungen, doch wird es, ohne in die Details dieser Constructionen einzugehen, genügen, einige allgemeine Gesichtspunkte zu streifen. Dem Triebwerke fällt be- kanntlich die Aufgabe zu, das Fern- rohr im Sinne der scheinbaren Bewe- gung der Himmelskörper derart zu bewegen, dass das jeweils beobachtete Gestirn ohne Hinzuthun des beobach- tenden Astronomen fortgesetzt — wenn es die Umstände erfordern, viele Stunden — im Gesichtsfelde, und zwar in der optischen Achse des Fern- rohres verharre. Um diese Bewegung zu erzielen, wird die Polarachse mit dem Triebwerk in der Weise verbun- den, dass die erstere bei Beobachtung eines Sternes in 24 Stunden Sternzeit eine volle Umdrehung bewirkt. Wird so muss die Umdrehung der Sonnenzeit entsprechen, und eine dritte Art von Gangregulirung würde der Mondlauf für sich beanspruchen. Es leuchtet ohneweiters ein, dass man dem Bewegungsmechanismus eine Einrichtung geben kann, welche allen diesen Anforderungen entspricht. Die principielle Einrichtung des Triebwerkes besteht darin, dass bei kleinen Instrumenten die Uebertragung der Bewegung auf die Stundenachse entweder ein- fach mittelst einer Schraube ohne Ende, welche in die auf der Peripherie des Stundenkreises eingeschnittene Mutter der Schraubenspindel eingreift, erfolgt; oder es werden — was weit praktischer ist — Schraubenrad und Stundenkreis getrennt und dieselben nur dann mit einander verbremst, wenn die Bewegung des Triebwerkes auf die Stundenachse übertragen werden soll. Bei grossen Instrumenten treten an Stelle der Schraubenräder vielfach Kreissegmente von */4 bis '/ü Kreis- umfang, welche Einrichtung deshalb von Vortheil ist, weil man für die Segmente grosse Radien wählen kann, ohne an das Fernrohr zu stossen, wie dies bei Vollkreisen der Fall wäre. Die Bewegung des Triebwerkes wird durch das Mass der Reibung an den sich bewegenden Theilen beein- flusst. Abgesehen von Staub, einge- trocknetem Oel, Temperaturschwan- kungen u. s. w. wird sich das Mass der Reibung jeweils modificiren, wenn an das Rohr Hilfsapparate von mehr oder minder grossem Gewichte (Spectro- skop, photographische Camera) ange- bracht werden. Seit dem Aufblühen