Orientirung am Sternhimmel. 91 _ f_ J # / Fig. 205. Das grosse Grubb’sche Spiegelteleskop der Sternwarte in Melbourne. ist, zeigt das Podium bis auf halbe Pfeilerhöhe gehoben. Nimmt das Rohr die Zenithstellung ein, so liegt das Objectiv 65 Fuss über dem Boden des Beobachtungsraumes. Bei der Drehung des Rohres in Declination wird eine Last von 7 Tons, bei Drehung in Rectascension eine solche von 14 Tons bewegt. Diese Ziffern an sich sprechen von der Grösse des Instrumentes. Sein Gesammtgewicht beträgt 40 Tons. Und diese Bewegungen lassen sich spielend be- werkstelligen. Der Ocularkopf zeigt eine verblüffende Fülle von constructiven Einzel- heiten, an welchen die vielen steuerradartigen Griffräder zur Bewegung der Schlüssel u. s. w. auffallen. Es sind drei Sucher vorhanden, von 6, 4 und 3 Zoll Objectivöffnung. Der grösste der- selben würde also für sich ein ganz stattliches Instrument abgeben. Die Beleuchtung geschieht mittelst elektrischen Lichtes. Bezüglich des Yerkes-Refractors, von welchem zur Zeit der Abfassung dieses Werkes keine Photographie seiner defini- tiven Aufstellung zu beschaffen war, müssen wir uns mit der Titel-Abbildung behelfen. Gegenüber den Abmessungen des Lick-Refractors gehen jene des Yerkes-Refractors vollends ins Fabelhafte. Die gusseiserne Säule einschliesslich des Kopfes mit den Lagern für die Stundenachse hat eine Höhe von 43 Fuss vom Boden aus und wiegt 50 Tons, also um 10 Tons mehr als der Lick-Refractor in seiner Gesammtheit. Auch beim Yerkes- Refractor führt an der Südseite der das Triebwerk einschliessen- den Säule eine eiserne Wendeltreppe auf die Plattform derselben. Die stählerne Polarachse hat 15 Zoll im Durchmesser, sie ist 13V2 Fuss lang und wiegt 3% Tons; die Declinationsachse hat 12 Zoll im Durchmesser, ist ii1^ Fuss lang und wiegt i'/2 Tons. Das gleichfalls aus Stahl erzeugte Fernrohr misst bei einer Länge von 64 Fuss in der Mitte 52 Zoll im Durchmesser und verjüngt sich von hier nach beiden Enden in mässiger konischer Form. Sein Gewicht beträgt 6 Tons, dasjenige des ganzen Instrumentes 75 Tons, gegen 40 Tons beim Lick-Refractor. Selbstverständlich sind alle Nebenein- richtungen bezüglich ihrer Dimensionen ebenso äusser allem Hergebrachten. Die Bewegungen erfolgen durch elektrische Kraft, was umso zweckmässiger erscheint, als das Triebwerk eine Last von 20 Tons zu bewegen hat, so- bald es das Rohr in der Richtung der schein- baren Bewegung führt. Von den Dimensionen des elektrischen Motors erhält man einen Be- griff, wenn man hört, dass die Hauptwelle Fig. 206. Schema des Hebelsystems. desselben einen Durchmesser von 8 Fuss hat. Wir haben nun noch einige Bemerkungen über ver- schiedene mit der Construction der Refractoren zusammen- hängende Einzelheiten vorzu- bringen. Da wären zunächst die Achsen, von deren Ma- terial und solider Ausführung der Werth des Instrumentes soweit der mechanische Theil in Betracht kommt — hauptsächlich abhängt. Bei den neuesten Instru- menten, selbst den grössten, sind dieselben durch- wegs aus bestem Stahl. Englische Constructeure — so vornehmlich Grubb — geben vielfach nicht nur den kleineren, sondern auch den grösseren Instrumenten Achsen aus Gusseisen, welche in letzterem Falle, weil sie hohl gegossen sind, ungewöhnliche Dimensionen erhalten, um gegen Bruch gefeit zu sein. Neben dem zu verwen- denden Materiale ist die Art der Ausbalancirung der von den Achsen zu tragenden Massen von grosser Wichtigkeit. Selbst dem Uneingeweihten leuchtet ein, dass bei dem mitunter enormen Ge- wichte, das die Achsen zu tragen haben, die- selben einem bedeutenden Drucke in ihren La- gern ausgesetzt sind, was vornehmlich von dem oberen Lager der Stundenachse gilt. Würde dieser Druck nicht entlastet, so schritte die Aus- höhlung in Folge starker Reibung immer weiter fort, wodurch schliesslich die Polhöhe verändert, nämlich verringert würde. Um nun diesen Druck, Stundenachse ein zweifacher Längsrichtung derselben und zu paralysiren, bestehen verschiedene Einrich- tungen, die zu besprechen zu weit führen würde. Den Druck in der Längsrichtung der Achse völlig aufzuheben, ist nicht zweckmässig, da ein gewisses Mass dieses Druckes für die sichere Führung des Instrumentes geboten erscheint. Die zweite Druckrichtung — die senkrechte zur Länge — lässt sich selbstverständlich niemals ganz beseitigen, jedoch durch entsprechende Vor- der bezüglich der ist, nämlich in der senkrecht auf sie, richtungen erheblich vermindern. Bei kleineren I Instrumenten besteht die Balancirung der Stundenachse aus einer kräftigen Federplatte, bei grösseren aus einer oder zwei Frictions- rollen, die in einem Rahmen liegen, welcher von dem kürzeren Arme eines doppelarmigen Hebels gegen die Achse, und zwar senkrecht zur Längsrichtung derselben gedrückt wird. Ganz grosse Instrumente endlich erfordern complicirtere Entlastungs- vorrichtungen, in deren Beschreibung wir uns nicht einlassen können. Bei der Declinationsachse ist deren wirkungsvolle Entlastung schon deshalb von Wichtigkeit, weil sie ihre Lage fortwährend ändert, was bei der festsitzenden Stundenachse nicht der Fall ist. Bei kleineren Instrumenten behilft man sich durch Anbrin- gung einer oder mehrerer Ringfedern zwischen der Achsen- büchse und einem Anschläge der Achse. Grosse Instrumente erhalten meistens die von Fraunhofer zuerst angewandte Ent- lastungsvorrichtung. Dieselbe besteht darin, dass am Fernrohr- i ende der Declinationsachse letztere zwischen drei oder fünf Rollen, welche von zwei Ringen zusammen- gehalten werden, zu ruhen kommt. Die Ringe werden von Hebeln, die in doppelten Achsen festsitzen, gefasst und in allen Lagen der Achse von unten nach oben gedrückt. Bei ganz grossen Instrumenten endlich wendet Grubb eine Gegenfrictionsvorrichtung an, die etwas complicirter Natur ist und daher besser übergangen wird. Ein weiterer wichtiger Bestandtheil der Aequatoreale sind die Kreise. Wir haben gehört, dass die Methode, mit parallaktisch aufgestellten Instrumenten Winkelmessungen zu bewerkstelligen, sich nicht bewährt hat. Gleichwohl wendet man neuerdings einer feine- ren Kreistheilung wieder erhöhte Aufmerksam-