Orientirung am Sternhimmel. 77 hängt vertical, ist um eine radial liegende Achse drehbar und trägt oben eine Theilung, deren Nullpunkt genau in der Richtung ihrer Achse liegt und nach beiden Seiten symmetrisch fort- schreitet. Ueber dieser Nadel befindet sich an der Alhidade ein Mikroskop, dessen Faden genau mit dem Nullpunkte der Theilung zusammenfällt, wenn die Nadel eine exact verticale Stellung einnimmt. Ist dies der Fall, so werden auf dem festen Kreise an zwei beliebigen — am besten diametral gegenüber- liegenden — Punkten zwei radiale, horizontal liegende Nadeln befestigt. Eine Mikrometerschraube mit getheilter Trommel ge- stattet eine entsprechende Feinbewegung der beiden Stahlspitzen mit ihren Klemmen. Hierauf wird der obere Kreis festgemacht und die Alhidade so lange gedreht, bis die Comparateurnadel an die eine der beiden Stahlspitzen anschlägt. Alsdann wird diese Spitze mit Hilfe ihrer Schraube so lange zurück- bewegt, bis der Nullpunkt der Thei- lung der Nadel unter dem Faden des Mikroskopes erscheint. Die Alhidade wird durch eine Klemme gegen den Kreis festgehalten, der letztere jedoch frei gemacht, um die Comparateur- nadel zur anderen Stahlspitze bringen zu können. Hier wiederholt sich der Vorgang bezüglich der Einstellung der Nadel. Nun soll der Winkel zwischen den beiden Nadelspitzen, um welchen der Kreis und mit ihm der erste Theilstrich gedreht wurde, auf genau i8o° gebracht werden. Um dies zu erzielen, wird das Verfahren in seinem ganzen Umfange wieder- holt. Man löst die Alhidade, dreht sie mit ihrer Nadel zur ersten Spitze und stellt den Nullpunkt ein. Hierauf wird sie gegen den Kreis festgelegt und mit diesem bis zur Berührung und Einstellung an der zweiten Spitze gedreht. Man sieht, dass bei dieser Operation der Originaltheilstrich zum zweitenmale den zwischen beiden Spitzen enthaltenen Bogen durchlaufen hat. Entspräche also dieser genau 18o°, so müsste der Strich genau unter dem Faden des Mikroskopes erschei- nen. Trifft dies nicht zu, so wird das Verfahren so lange wiederholt, bis die Aufgabe gelöst ist. Alsdann be- wirkt man dieselben Operationen bei der Stellung der Spitzen von go° von einander. Auf solche Winkel- haibirungen beziehen sich auch alle weiteren Operationen, bis der ganze Kreis getheilt ist. Was die zweite Hauptoperation — das Schneiden eines Schrauben- ganges auf den getheilten Kreis, wel- cher der Theilung entspricht — be- trifft, kann man sich von der Um- ständlichkeit dieses Verfahrens eine Vorstellung machen, wenn man erfährt, dass der Constructeur zur Lösung dieser Aufgabe sechs Monate benöthigt hat. Wie hierbei vorgegangen wurde, entzieht sich in einer populären Darstellung der Beschreibung. . . Soll nun ein Kreis getheilt werden, so wird er auf die vorbesprochene Maschine centrisch aufgespannt. Eine eigene Vorrichtung — der »Reisser« — wird jedesmal angezogen, wenn der Strich, welcher übertragen werden soll, unter das Mikroskop kommt. Hierbei muss die Vorrichtung derart gestellt werden, dass je nach Bedarf kürzere oder längere Striche sich ziehen lassen. Bei neuen Theilmaschinen wird dies auf automatischem Wege bewirkt. Die Methode, die Kreistheilung auf mechanischem Wege zu copiren, ist diejenige, welche heute allgemein geübt wird, während die ältere Methode — die Originaltheilung — selbst in England, wo sie sich am längsten erhielt, immer mehr bei aussergewöhnlich grossen Kreisen Anwendung findet, oder vielmehr bis zuletzt Anwendung fand. Bezüglich der Anzahl der Theilstriche ergiebt sich von selbst, dass viele Striche die Messung möglichst kleiner Winkel Fig. 181. Schema eines Aequatoreales mittlerer Grösse. Constructeur: K. Bamberg, Berlin-Friedenau. im hohen Grade begünstigen. Nun wird aber die Zahl der Theilstriche wesentlich von der Grösse des Kreises, also von seinem Durchmesser beeinflusst, es wäre denn, man begnügte sich mit kleineren Kreisen, in welchem Falle die Ablesung durch entsprechend stärkere optische Hilfsmittel unterstützt wird. In England giebt man grossen Kreisen, in Deutschland und anderwärts kleineren Kreisen mit stärkeren optischen Hilfs- mitteln für die Ablesung den Vorzug. Letztere bestehen meist in Mikroskopen, welche die Nonien allmählich verdrängen. Diese Mikroskope erhalten eine Mikrometervorrichtung, die im Wesent- lichen aus einer Fadenplatte mit einem in der Richtung eines Radius des Kreises gespannten Doppelfaden und einem senk- recht darauf stehenden Einzelfaden besteht. Die Fadenplatte wird durch eine feine Mikrometerschraube bewegt, deren specielle Einrichtung' wir übergehen. Zu erwähnen ist noch, dass mit dem Mikroskope, welches zur Ablesung dient, eine BeleuchtungsVorrichtung verbunden ist, nämlich ein unter einem Winkel von 45ngeneigtes weisslackirtes Diaphragma, das im Innern eines am Mikroskoptubus sich befindlichen Röh- renansatzes angebracht ist. Uebrigens sind die Ablesevorrichtungen verschie- den eingerichtet. Sehr zweckmässig ist die Anordnung zweier Mikroskope in diametraler Stellung, welche Glas- mikrometer zu je zehn Strichen ent- halten und deren Summe genau gleich einem Kreistheile sind. Selbstver- ständlich lässt diese Vorrichtung nur in dem Falle sich gebrauchen, dass die Kreisthejle eine der Summe der Glasmikrometerstriche entsprechende Theilung haben, in dem gegebenen Beispiele sonach eine solche von 20 zu 20 Minuten, wobei sich etwa 0'2 Minuten abschätzen lassen. Da es kein Menschenwerk giebt, das einer idealen Vollkommenheit ent- spräche, kann auch von den hier in Frage kommenden constructiven Arbei- ten und sonstigen Manipulationen der- lei nicht verlangt werden. G. N. Säge- müller (Washington) erzeugt Theil- maschinen von so grosser Präcision, dass Fehler, welche mehr als eine Secunde betragen, nicht vorkommen sollen. Mit dieser Maschine (siehe Fig. 163) lassen sich Kreistheilungen bis zu zwei oder drei Secunden in vollkommen exacter Weise ausführen. Trotz dieser ausserordentlich vervoll- kommneten mechanischen Hilfsmittel bleibt es illusorisch, Ablesevorrich- tungen construiren zu wollen, wel- che die Genauigkeit bis auf kleine Bruchtheile einer Secunde treiben. Selbst bei exactester Arbeit bezüg- lich der Kreistheilung ergeben sich theils zufällige Fehlerquellen, theils solche, welche durch äussere Um- stände bedingt sind. Eine Fehlerquelle der ersteren Art resultirt aus der excentrischen Lage der Kreise auf der Theilmaschine, welche selbst bei grösster Sorgfalt kaum gänzlich zu vermeiden ist. Selbst wenn eine Drehbank allen idealen Anforderungen entsprechen würde, bliebe noch immer der Spielraum, den die Achse in ihrer Führung unbedingt haben muss, in Berücksich- tigung zu ziehen. Freilich beträgt diese Fehlerquelle dann ein Minimum; sie kann aber ganz ansehnlich werden, wenn die Drehbank schlecht ist. Die zweite Art der Fehlerquellen lässt sich auf Temperatureinflüsse, beziehungsweise auf die Veränder- lichkeit des diesen Einflüssen ausgesetzten Materiales zurück- führen. Die Eliminirung dieser Fehler bildet eine der grössten Sorgen des Astronomen, der mit einem solchen Instrumente zu thun hat. Bezüglich der Temperaturschwankungen geht die Vor- sorge so weit, dass man nach Thunlichkeit vermeidet, mit dem Instrumente in zu nahe Berührung zu kommen. Auch werden die Ablese- und Beleuchtungsvorrichtungen in der Weise an- 20