64 Beobachtende Astronomie. welche dem Auge zugewendet ist. Es ist vielleicht zweckmässig, einige Be- merkungen über die Gestalt und die Wirkungsweise der Linsen zur allge- meinen Orientirung vorauszusenden. In den Figuren 134 und 135 sind Sammel- linsen und Zerstreuungslinsen dargestellt. Betrachten wir zunächst die Erschei- nungen, welche die Sammellinsen darbieten. Kommt das Licht von einem sehr entfernten Punkte (in der Richtung der Achse), so vereinigen sich die Strahlen, da sie als Parallelstrahlen anzusehen sind, jenseits der Linse im Brennpunkte. Fig. 148. Christian Huyghens (1629—1695). (Nach einem Stich von Edelinck.) Rückt nun der leuchtende Punkt näher an die Linse heran, etwa bis zu dem Punkte 8 in Figur 136, so sind die Strahlen, welche von ihm auf die Linse treffen, nicht mehr parallel, sondern divergent, sie werden daher auch nach dem Durch- gänge durch die Linse nicht mehr so stark convergiren wie zuvor, schneiden sich also nicht in F, sondern in einem entfernteren Punkte der Achse 8'. Je mehr der leuchtende Punkt <8 heranrückt, desto mehr muss sich sein Bild 81 entfernen. Beträgt die Entfernung von 8 auch doppelt so viel als die Brennweite, so ist die Entfernung des Bildes 81 derselben gleich. Rückt der Gegenstand noch näher, so rückt sein Bild immer weiter hinaus und gelangt in unendlicheEntfernungjWenn der leuchtende Punkt in den Focus ein tritt. Gehen also Strahlen von einem Brennpunkte aus der Linse, so treten dieselben als Pa- rallelstrahlen aus ihr. .. Be- trachten wir nun die Figur 137. Sind F F{ die beiden Hauptbrennpunkte derLinse V W, und liegt der Gegen- stand A B zwischen der ein- fachen und der doppelten Brennweite, so erhält man ein vergrössertes, umge- kehrtes, jenseits der dop- pelten Brennweite befind- liches »reelles« Bild. Be- M Fig. 150. Zeitbestimmungswerk (Horoskop) von M. Eble. der zweiten Brechung von dem virtuellen Bilde A E auszugehen scheinen. Dies trifft zu, wenn der Abstand der Ocularlinse von dem Brennraume a e des Ob- jectives um ein Geringes grösser ist als die Hauptbrennweite der Zerstreuungs- linse. Darnach ergiebt sich für die Länge des Instrumentes ein Mass, welches gleich ist dem Unterschiede der Brennweite beider Linsen. Da der Gegenstand 0 B dem freien Auge unter dem Gesichtswinkel 0 c B (gleich dem Winkel a c e), durch das Ocular aber unter dem Gesichtswinkel Ab E (dem Winkel ab c fast Fig. 149. Joseph Fraunhofer (1787—1826). gleich) erscheint, so ergiebt sich, dass das Linsensystem so oftmal vergrössert, als der erste Winkel in dem zweiten enthalten ist. Wegen der Kürze des Galilei’schen Fernrohres ist die Vergrösserung eine mässige. Das Instrument, mittelst welchem Galilei seine berühmten Ent- deckungen am Himmel machte, hatte nur eine 32fache\ ergrösserung. In diesem, etwas primitiven Zustande kam das Fernrohr in die Hände Keplers, der dessen Wirkungsweise theoretisch erläuterte und die Gesichtspunkte angab, unter welchen eine wesentliche Verbesserung des Instrumentes zu erzielen war. So entstand das Kepler’sche oder astronomische Fernrohr, die »Krone aller optischen Instrumente«, zu welcher findet sich aber der Gegen- stand A B (Figur 138) zwischen der Hauptbrenn- weite F und der doppelt- convexen Linse V IP, so erhält man ein aufrechtes, vergrössertes »virtuelles« Bild. Die Zerstreuungslinsen geben nur virtuelle Bilder, welche hinter dem Glase Fig. 151. Diagramm zum Zeitbestimmungswerk. Fig. 152. Skiostat von E. F. August. es allerdings erst durch die grossartigen Fortschritte moderner Optik und Mecha- nik geworden ist. Dieses Fernrohr besteht aus zwei Sammellinsen, von denen die dem Gegenstände zuge- w endete die grössere Brenn- weite besitzt. Beide Linsen stehen um die Summe ihrer Focaldistanzenvon einander ab. In Figur 141 bezeichnen 1 und 2 die von einem ent- fernten Gegenstände kom- menden und als parallel angenommenen Strahlen, welche am Objectiv 0 ge- brochen und in a vereinigt werden, wogegen die vom tiefsten Punkte kommenden Strahlen 3, 4 nach Durch- gang durch die Objectiv- linse sich in b vereinigen. Dadurch entsteht das ver- kehrte reelle Bild in a b. Durch entsprechendes Ein- rücken des Oculars Ol aufrecht, verkleinert und näher erscheinen. Die von wird das vergrösserte (ver- kehrte) Bild in A' B}, und den Punkten A und B zwar in deutlicher Sehweite (Figur 139) ausgehenden Strahlen erleiden eine solche Brechung, dass sie von den Punkten a und b herzukommen scheinen. Das Bild wird umso kleiner und rückt dem Hauptzerstreuungspunkte immer näher, je weiter sich der Gegenstand von der Linse entfernt; bei grösserer Annäherung desselben wird das Bild zwar grösser, erreicht aber niemals die Grösse des Gegenstandes selbst; steht letzterer im Zerstreuungspunkte, so ist das Bild gerade halb so gross und um eine halbe Zerstreuungsweite von der Linse entfernt. In Figur 140 ist das Princip des Galilei’schen Fernrohres dargestellt. Die Strahlen, welche von dem Gegenstände 0 B ausgehen, treffen auf die Ob- jectivlinse C, werden jedoch, bevor sie in der Hauptbrennweite bei a e sich vereinigen, von der biconcaven Ocularlinse b aufgefangen und abermals ge- brochen. Die Stellung der Ocularlinse ist so angeordnet, dass die Strahlen nach erscheinen. Der Umstand, dass dieses Linsensystem die Gegenstände verkehrt, auf dem Kopfe stehend zeigt, hat bei astronomischen Beobachtungen weiter nichts auf sich. Selbst der Laie gewöhnt sich bald hieran, so dass der Gebrauch eines terre- strischen Fernrohres, welches die Gegenstände aufrecht zeigt, vielfach störend wirkt, wenn man sich mit dem astronomischen Fernrohre vertraut gemacht hat. Der Vergrösserungsfactor bei diesem Instrumente wächst mit der Zunahme der Brennweite des Objectives gegenüber des Oculars, wobei vorausgesetzt ist, dass letzteres aus einer einfachen Linse besteht. Bei zusammengesetzten Ocularen ge- staltet sich die Rechnung etwas complicirter. Die Helligkeit der Bilder wird durch das Mass der Objectivöffnung, die Schärfe durch die Güte der Linsen, ihres Mate- riales und ihres tadellosen Schliffes, bedingt. Die Grösse des Gesichtsfeldes ergiebt sich aus gewissen Verhältnisszahlen zwischen Brennweite und Objectivöfinung.