Orientirung am Sternhimmel. Fig. 139. Bilder der Zerstreuungslinsen. in seiner Stellung verharrt oder vollends in entgegengesetzter Richtung wandert, d. h. »rück- läufig« wird... Diese auf den .ersten Augenschein verblüffende Erscheinung findet in Nachfol- gendem ihre natürliche Erklä- rung. In Figur 128 stellt S den Ort der Sonne, der kleine Kreis die Erdbahn, der grössere Kreis die Bahn eines oberen Planeten dar. Dieser legt, während die Erde einmal um die Sonne läuft, nur einen Theil seiner Bahn zurück. Während die Erde sich von I nach II, III, 11 und wieder nach /bewegt, geht der Planet von 1 nach 2, 3, 4 und 5. Alsdann wird er von einem Beobachter auf der Erde in I in der Richtung der geraden Linie II bei dem Fixstern 71 gesehen, in II in der Richtung II2 bei 2l, in 1113 abermals bei 2', in IV in der Richtung IV4 bei 4l, in I in der Richtung 15 bei 5‘, Es hat also der obere Planet während des ersten Erdviertel- jahres am Fixsternhimmel schein- bar denWegl‘21 zurückgelegt, während des zweiten Vierteljah- res (oder in demselben) hat er in 2l stille gestanden, während des dritten ist er von 2l bis 41 zurückgewandert (rückläufig ge- worden), während des vierten Erd- vierteljahres ist er von 4l bis 51 wieder rechtläufig gewesen. Bei den unteren Planeten ist diese Täuschung natürlich nicht möglich, weil sie zwischen der Erde und der Sonne kreisen. Wir haben in den voran- stehenden Mittheilungen die Ele- mente der sphärischen Astrono- mie, welche uns die Orientirung am Himmelsgewölbe ermögli- chen, kennen gelernt und daran einige allgemeine Bemerkungen über die Erscheinungen und Vor- gänge am Sternhimmel geknüpft. Zu eingehenden Betrachtungen war hierzu umso weniger Anlass, als Fixsterne, Nebel, Kometen, Sonne, Planeten, Erdmond u. s. w. in einer Anzahl von Capiteln im Besonderen besprochen werden. Zum Verständnisse der nun folgenden Ausführungen — den instrumentellen Hilfsmitteln der beobachtenden Astronomie — erscheint das Vorgebrachte wohl ausreichend. Fig. 140. Schema des Galilei’schen Fernrohres. 1 Das astronomische Fernrohr. Te 'E-AZ —i!e' p' A. Die astrono- mischen Instru- mentarien. (Ueberblick.) Unter allen unseren mechani- schen Künstlern — führt Littrow aus — haben es die Verfertiger der astronomischen Instrumente wohl am weitesten ge- bracht, und die Genauigkeit, mit welcher in unse- ren Tagen diese Werkzeuge ge- arbeitet werden, kommt der zum Sprichwort ge- wordenen geome- trischen Schärfe am nächsten. $ F Fig. 142. Das astronomische Rieseninstrument des Hevelius. Dieser Fortschritt hängt nun hauptsächlich mit der Ent- wickelung einer Reihe von wissenschaftlichen Disciplinen zusammen, welche in diesem Sinne im hohen Grade fördernd einwirkten. Bei dem Mangel dieser Factoren im früheren und späteren Alterthum, ja selbst noch in viel späterer Zeit, kann man sich des Erstaunens nicht erwehren, wenn man wahrnimmt, mit welchen primitiven, mit vielfa- chenF ehlerquellen behafteten V or- richtungen und Instrumenten Orientalen, Griechen und Araber ihre Beobachtungen und Berechnungen anstellten. Nicht minder be- merkenswerth ist, dass die Alten diese Fehlerquellen kannten und nach Thunlichkeit zu eliminiren bestrebt waren, im Uebrigen aber die Mittel zu radicaler Abhilfe nicht fanden, der Natur der Sache nach nicht finden konnten. Die älteste und zugleich ein- fachste, astronomischen Zwecken dienende Vorrichtung ist das Gnomon, ein vertical stehen- der Stab, eine Säule oder der- gleichen, welche durch ihren Schattenwurf Höhenstand und Gang der Sonne anzeigt. Mit Hilfe des Gnomons ist es mög- lich, annähernd die Ebene des Meridians zu bestimmen, indem man die horizontale Projection des Schattens bei Sonnenauf- gang und Sonnenuntergang be- obachtet und die Ebene sucht, welche die beiden gewonnenen Richtungen halbirt. Das Verhält- niss der projicirten Schatten- länge zur Höhe des Gnomons giebt die trigonometrische Tan- gente des Zenithabstandes der Sonne, und der Winkel des Schattens mit der Mittagslinie ist ihrem " jedesmaligen Azi- muthe gleich. Die Gnomone, welche oft kolossale Dimensionen hatten, waren im Alterthume allenthalben gebräuchlich und hatten sich bis in das 18. Jahr- hundert herein auf den Sternwarten erhalten. Die Astronomen Cesaris, Reggio, Bougeur, Piazzi ü. A. vervollkommneten die Methode, mit Hilfe von Gnomons Beobachtungen anzustellen, ausserordentlich. Seitdem ist diese so ziemlich abgethan. Ein ande- res astronomi- sches Instrument der Alten wä- re zunächst das T r i q u e t r u m , eine aus drei Linealen zusam- mengesetzte V or- richtung, welche an einer Säule festgemacht war und vornehmlich den Mathemati- kern der Alexan- drinischenSchule zu Winkelmes- sungen diente. Später wurde — insbesondere durch die Araber — das Trique- trum durch den Quadranten ersetzt, der sich in seiner Form als »Mauerqua- 16