56 Beobachtende Astronomie. Süd. 1’ LV iv ' i' > Fig. 123. Aufnahme des Lick-Observatoriums vom 27. Januar 1895, 8h 2im os; exponirt: 3S. (Nach einer Copie von L. Weinek.) finden. Was wäre die Folge hiervon? Das Himmelsgewölbe würde absolut schwarz erscheinen. Da nun die Atmosphäre nicht vollkommen durchsichtig ist, absorbirt sie einen Theil der Licht- strahlen, bei der Sonne beispielsweise den fünften Theil, wenn die Strahlen senkrecht zur Erde einfallen; die Abschwächung kann sich aber bis um das Zehn- und Zwölffache vergrössern, wenn die Strahlen der Sonne schief auffallen, d. h. letztere in der Nähe des Horizontes steht. Treten Dünste hinzu, so wird das Sonnenlicht derart abgeschwächt, dass man ungeblendet in die Sonnenscheibe schauen kann. Nach der Höhe nimmt die Durchsichtigkeit der Luft zu, was man sich bei Anlage von Höhen-Obser- vatorien zu Nutze macht. Der Natur der Sache nach sind die Lichtverhältnisse für diese weit günstiger als für die in geringer Meereshöhe gelegenen Sternwarten, was sowohl für die visuellen Beobachter als für die photographi- schen Aufnahmen von grossem Einflüsse ist. Was den Anblick des glänzenden Rei- gens von Gestirnen wesentlich reizvoller ge- staltet, ist, dass derselbe nicht in todter Er- starrung liegt, sondern durch eine wundersame Flimmerbewegung über das ganze Firmament hin belebt wird. Es ist wie ein nervöses Zucken, das durch den unbegrenzten Raum geht... Das geheimnissvolle Funkeln der Sterne (Scin- tillation) hat die Denker aller Zeiten mächtig angeregt. Die Erklärung des Phänomens fiel nicht immer befriedigend aus und auch heute noch sind mancherlei sich widersprechende Anschauungen verbreitet. Arago schrieb die Erscheinung dem in den verschiedenen Schichten ungleichen Lichtbrechungsvermögen der Atmo- sphäre zu. Diese Anschauung wurde mit Er- folg von Respighi bekämpft, der die Er- klärung des Sternfunkelns mehreren Ursachen zuschrieb: der Zerstreuung des Lichtes, der verschieden grossen Dichtigkeit, Feuchtigkeit und Temperatur der einzelnen Luftschichten. Auch Montigny erklärte sich für die atmo- sphärische Zerstreuung als Grundursache des Flim- merns der Gestirne und er nahm an, dass das zeit- weilige Fehlen einzelner Farben durch totale Zurück- werfung der Lichtstrahlen an gewisse Luftschichten verursacht würde. Selbst einem nur flüchtigen Beobachter des Sternenhimmels wird nicht entgangen sein, dass die Lrscheinung des Funkelns nicht immer mit gleicher Intensität vor sich geht. Je ruhiger die Luft, d. h. je regelmässiger in ihr die Schichtungsverhältnisse sind, desto schwächer wird sich die Erscheinung erweisen. Dasselbe gilt für trockene Luft; Beweis dessen, dass unmittelbar vor Eintritt schlechten Wetters, d.h. mit Beginn der Wasserdampfanhäufung, Aenderung der Luftdruckverhältnisse und Eintritt von Fluctuationen in den höheren Luftschichten, die Sterne lebhafter zu funkeln beginnen. Dagegen nimmt das Flimmern allmählich ab, wenn die feuchte Witterung in eine trockene übergeht, die Luft sich beruhigt, die Schichtungsverhältnisse normale werden. Wie bekannt, leuchten nicht alle Sterne im weissen Lichte. Der Grund der verschiedenen Fär- bung dürfte aufs Engste mit der Zusammensetzung der Atmosphäre der betreffenden Sterne Zusammen- hängen. Für den Beobachter des Sternenhimmels ist von Interesse, die Sterne rücksichtlich ihrer Färbung unterscheiden, beziehungsweise dieselben auffinden zu können. Weisse Sterne (zu welchen ungefähr die Hälfte aller bisher untersuchten Sterne gehört) sind: Sirius im »Grossen Hund«, Rigel im »Orion«, Algol im »Perseus«, Ras Alhagh im Kopfe des »Schlangenträgers«, Attair im »Adler«, Markab im »Pegasus«, Regulus im »Löwen«, Deneb im »Schwan«, Spica in der »Jungfrau«, Wega in der »Leier« und fast alle grossen Sterne im »Stier«, im »Grossen Bären«, in der »Leier« und in den »Plejaden«. Gelbe Sterne (etwa der dritte Theil aller unter- suchten Sterne) sind: Arcturus im »Bootes«, Capella im »Fuhrmann«, Pollux in den »Zwillingen«, Aldebaran im »Stier«. Röth liehe Sterne (etwa 90 der grösseren Sterne, darunter): Ras Algheti im Kopfe des »Herkules«, Schrat im »Pegasus«, Beteigeuze im »Orion«, Mira im »Walfisch«, Antares im »Scorpion«, alsdann fast alle Sterne im »Eridanus« und in der »Hydra«. Blut rot he Sterne: in geringer Zahl vorhanden und die 6. Grössenclasse Süd. r * Mi' L M. Fig. 124. Aufnahme des Lick-Observatoriums vom 13. Juli 1891, 8h 2om 55s; exponirt: 4S. (Nach einer Copie von L. Weinek.)