.50 Beobachtende Astronomie. Fig. 106. Der nördliche Sternhimmel am i. Juli, 911 Abends. Kl.Pftrd * Delphin V v b /NORDPOL J Kl.BäX Delphin Pomaliiaut ■ f <5 Polargturn V----* £fKI.PFerd s’trm*nn * 4 Fuhrpiqnn.M iw# • tapp * rla- Fig. 107. Der nördliche Sternhimmel am 1. October, gh Abends. dies aber keine optische Täuschung ist, zeigen nicht nur ver- gleichende Messungen mit geeigneten Instrumenten, sondern selbst schon die Betrachtung mit einem zusammengerollten Papier- bogen oder durch die hohle Hand. Auch darf nicht übersehen werden, dass worauf schon Descartes hinwies — wir durch die Gegenstände zwischen uns und dem Horizonte ein Schätzungsmass für die Ent- fernung haben, welches Mittel bei dem Blick nach oben fehlt, weshalb wir die erstere für die grössere halten. Was nun die Bewegung der Sterne am Himmelsgewölbe anbetrifft, so liegt es auf der Hand, dass die Grösse der be- schriebenen Bahn von dem Aufgangsorte, beziehungsweise dem Untergangspunkte des betreffenden Sternes abhängt. Manche Sterne gehen genau im Ostpunkte auf, im Westpunkte unter. Ihre sichtbare Bahn ist der Bogen eines Halbkreises; sie laufen im Aequator, erreichen im Meridian eine Höhe von 37 '/g0 und brauchen vom Auf- bis Niedergang 12 Stunden. Andere Sterne gehen nördlich, wieder andere südlich vom Ostpunkte auf; der Niedergang erfolgt um dasselbe Mass nördlich oder südlich vom Westpunkte. Je nördlicher ein Stern vom Ostpunkte aufgeht, desto mehr über- schreitet die beschriebene Bahn den Bogen von i8o°. Dagegen fallen die Bahnen der Sterne, welche südlich des Ostpunktes auf- gehen, unter das Mass eines Bogens von AUUwI IÄ Fig. 108. Immerwährende Sternkarte. 1800. Je weiter also der Aufgangspunkt eines Sternes gegen Norden rückt, desto mehr nähert sich seine Bahn einem vollen Kreisbogen. Ueber dem Nordpunkte endlich erblicken wir eine Menge von Sternen, welche bereits am Himmel stehen, wenn nach Sonnenuntergang die Gestirne überhaupt sichtbar werden, und welche gar nicht untergehen. Wir haben sie weiter oben als circumpolare Sterne kennen gelernt. Auf Grund dieser Thatsachen haben wir die nachfolgenden Bewegungsvorgänge zu beach- ten: alle Gestirne bewegen sich scheinbar in Kreisen um den Nordpol des Himmels. Mit der Entfernung vom Nordpol nehmen diese Kreisbögen an Grösse zu, bis zum Aequator, welcher der grösste dieser Kreise ist; weiter südlich nehmen sie ab. Gleich weit vom Aequator ent- fernte Gestirne beschreiben gleich grosse Kreisbahnen. Alle diese Kreisbahnen liegen zum Aequator, folglich unter sich, parallel. Alle Gestirne, welche immer über dem Horizonte stehen, erreichen ihren tiefsten Stand in dem Theil des Meridians, welcher zwischen dem Nordpol des Himmels und dem Nordpunkte des Horizontes liegt, ihren höchsten in dem anderen Theile des Meridians. Von dem tiefsten Standpunkte erheben sich die Gestirne in der östlichen Hälfte des Himmels, von dem höchsten senken sie sich nach dessen westlicher Hälfte. Zur Orientirung am Himmel dienen die Stern karten, von welchen diejenigen, welche dem all- gemeinen Gebrauche dienen, alle Sterne bis zur 5., Specialkarten solche bis zur 6. Grössenclasse enthalten. Auf diesen Sternkarten erscheinen die einzelnen Sternbilder verschieden dargestellt, entweder durch ihrer Benennung entsprechende Figuren, oder durch lineare Abgrenzung ihrer Bezirke, oder durch Linien, welche die einzelnen Sterne desselben Sternbildes mit einander verbinden. Die erstere Darstellungsweise ist gänzlich veraltet, die letztere lässt an Klarheit zu wünschen übrig; die zweite Darstellungsweise ist entschieden die übersichtlichste, wenn auch die Stern- karten dadurch ein schematisches Aussehen erhalten. Mitunter ist die Einrichtung getroffen, dass die eigent- liche Karte gar keine Namen und Umgrenzungen zeigt und zur Orientirung ein durchsichtiges Pause- papier angewendet wird, das die Umgrenzungen und Namen trägt. Durch Auflegen dieser Zeichnung auf die Sternkarte erhält man sofort jede gewünschte Orientirung. Wer im Zurechtfinden am Himmel nicht geübt ist, wird sich mit Vortheil der kleinen Stern- karten mit beweglichem Horizont bedienen. Dieselben geben die Lage der Sterne für jede Stunde des Jahres in Bezug auf die Breite von Mitteleuropa wieder. Diese Karten zeichnen sich durch ihre nette Ausstattung und ihren niedrigen Preis aus und sind von den meisten Lehrmittelanstalten erhältlich. Die Figur 108 veranschaulicht eine solche Sternkarte in beiläufig einem Fünftel (linear) der natürlichen Grösse. Da jeder solchen Karte eine Gebrauchsanwei- sung beigegeben wird und eine Erläuterung des Mechanismus der Karte mit Zuhilfenahme der einfachen Abbildung unverständlich bleiben würde, nehmen wir von dieser Erläuterung Umgang. Eine eigenartige Anordnung Fig. 109. Prof. Weinek’s bewegliche Sternkarte. zeigt die rotirende Sternkarte, welche M. Schneider unter Leitung L. Wei- nek’s construirt hat. Diese Sternkarte (Figur 10g) ist in Form einer flachen, kreis- runden Trommel gebaut, deren Durch- messer 70 Centimeter, die Höhe 6 5 Centi- meter beträgt. Die obere Fläche zeigt die 61 5 Centimeter grosse Sternkarte, welche sich unter einem elliptischen Horizont- ausschnitt innerhalb des 4 Centimeter breiten Kranzes bewegt. Für die trans- parente Betrachtung dient eine einfache Aufstellungsvorrichtung an dem Apparate. Es lag in der Natur der Sache, die Stern- karte des nördlichen Himmels um den Nordpol und eine zur Ebene der Karte senkrechte Achse rotiren zu lassen, wo- durch andererseits die Projectionsart des Kartennetzes gegeben war; letzteres ist in stereographischer Polarprojection aus- geführt. Der Pol befindet sich in der Mitte der Karte, die Declinationskreise