Die Astro-Spectrophotographie 43 Süd. Vor der Totalität. ■ ■V . ..s.LfdaS t • « ■ M « Ä . ... Fig. 8z und 83. Totale Mondfinsterniss am 3. September 1895. Photographien von W. R. Brooks des Smith - Observatory (Geneva, N. Y.) mit einem rozölligen Aequatorial. Durchmesser des Mondes im optischen Brennpunkte = i Zoll ergl. Directe Vergrösserung im Teleskop. Nach der Totalität. 1 JV 1 Mra Ifiy < eSÄL* -i' ‘ •• _, 21- d J auf die ganze Länge des Spectrums vertheilt. Dieses letztere ist aber eigentlich nur eine lange Linie, auf welcher die Fraun- hofer’schen Linien als Pünktchen projicirt erscheinen. Um nun von letzteren wirkliche Linien, also eine Breitenausdehnung des Spectrums zu erhalten, schaltete man eine Cylinderlinse ein, was natürlicherweise abermals zu einer Vertheilung und demgemäss zu einer Schwächung des Lichtes Anlass gab. Ein weiterer Uebel- stand, welcher der ocularen spectralanalytischen Untersuchungs- methode anhaftet, besteht darin, dass das Spectrum entweder gar nicht, oder durch nur mangelhafte Zeichnung von ganz subjectivem Werthe festgehalten werden kann. Ferner tritt hierbei das schon andernorts hervorgehobene Moment hervor, dass gewisse Lichtwirkungen ihrer ausserordentlichen Schwäche grossem, noch verkleinern, sind demnach im Sinne der erwähnten Bewegung uncontrolirbar. Durch Anwendung der Spectralanalyse, welche die Bewegung ! durch Verschiebungen der Linien des betreffenden Spectrums andeutet, ist dieser Sachverhalt festgestellt worden. Die Erscheinung beruht auf dem Umstande, dass bei der Annäherung eines Sternes gegen die Erde die Lichtschwingungen schneller einander folgen, wodurch das Licht brechbar wird und jede Spectral- farbe in eine nach der violetten Seite zu benachbarte übergeht. Entfernt sich der betreffende Stern von der Erde, so tritt selbstredend das Gegentheil ein. Die oculare Beobachtung dieses Vorganges ist indess unzureichend. Wird aber das betreffende Spectrum auf photographischem Wege festgelegt und photo- graphirt man zugleich ein Vergleichsspectrum, das von einer irdischen Licht- quelle herrührt, so ergiebt die relative Verschiebung der dunklen Linien ein Mass für die relative Eigenbewegung des Sternes gegen die Erde in der Richtung des Lichtstrahles oder, wie man zu sagen pflegt: des Visionsradius. Das Alles sieht ungemein einfach aus und lässt, wenigstens bei den Un- eingeweihten, nicht ahnen, welcher Aufwand von Scharfsinn und Fleiss noth- I i l Fig. 84. Spectrum von a Cygni. Nach einer Papiercopie der Brüder Henry. wegen vom Auge nicht mehr wahrgenommen werden können. Alle diese Uebelstände führten zu der Erkenntniss, dass die Anwendung der Photographie dieselben beseitigen oder doch ganz wesentlich herabmindern würde. In der That brachte man es alsbald dahin, bei entsprechend langer Expositionsdauer von sonnenähnlichen Sternen Spectren zu erhalten, welche in Bezug auf ihren Linienreichthum den besten Darstellungen von Sonnen- spectren sehr nahe kommen. Nach Dr. Scheiner gewährt die in Ruhe ausgeführte Messung dieser Linien eine Genauigkeit, welche die vorher bei Sternspectren erzielte um das Zehn- bis Zwanzigfache übersteigt und den feinsten Messungen am Sonnen- spectrum sehr nahe kommt. Von aussergewöhnlicher Tragweite erwies sich die photographische Me- thode für die Beobachtung jener Sterne, welche sich in der Sehlinie auf die Erde zu bewegen oder von ihr entfernen. Sterne, welche keine mess- bare Parallaxe haben, d. h. sich bei der visuellen Betrachtung weder ver- wendig war, um diese Dinge festzustellen, beziehungsweise wissenschaftlich zu begründen. Und hierbei tritt wieder die Thatsache hervor, dass die Photographie dieser Beobachtungsmethode nicht nur einen hohen praktischen Werth verschafft, sondern zugleich zu anderen bedeutsamen Ergebnissen geführt hat, welche wir alsbald erläutern werden. Auf dem Wege der spectrophotographischen Unter- suchung hat Professor Vogel, unterstützt von Dr. Scheiner, bis 1894 die Eigen- bewegungen im Visionsradius für 51 der hellsten Sterne des bei uns sichtbaren Himmels bestimmt. Zugleich haben diese Arbeiten über merkwürdige Vorgänge am Fixsternhimmel Aufschluss gegeben, auf welche weiter oben schon flüchtig angespielt wurde. Es betrifft dies die Duplicität und die Bahnbewegung des Sternes »Spica« in der »Jungfrau« und die wahre Ursache des Lichtwechsels des veränderlichen Sternes »Algol« im »Perseus«. Die Spectralphotographien Vogel’s ergaben nämlich für »Spica« eine unregelmässige Eigenbewegung, indem sich dieser Stern abwechselnd von der Erde entfernt und nähert. Dieser Vor- gang wiederholt sich alle vier Tage und führte zu der Erkenntniss, dass »Spica« einen unsichtbaren Begleiter hat, also ein Doppelstern ist, und dass dieses System innerhalb vier Tagen einen Umlauf vollendet. Ein ähnliches Verhältniss besteht bei dem Sterne »Algol«, welche Entdeckung Vogel noch vor derjenigen, welche »Spica« betrifft, gemacht hatte.