Photographische Sonnen-Aufnahmen. 29 8- bis lofachen Durch- messer der Sonnenscheibe (4 bis 5"). Da schon ein kleiner Aplanat von Stein- heil von 14 Millimeter Oeffnung und 96 Millimeter Brennweite gute Resultate ergiebt, empfiehlt Zenger diesesVerfahren auch Nicht- Fachmännern , doch hat seitdem die Sonnen-Photo- graphie so bedeutende Fort- schritte gemacht, dass kaum Jemand mehr auf dieses um- ständliche Collodiumverfah- ren zurückgreifen dürfte. Die Resultate,welche Zenger seinerzeit mit die- sem Verfahren erzielte, und die Methode, wie er hierbei vorging, lassen sich in Kürze wie folgt zusammenfassen: die Bilder zeigten schon in Pausen von einer Minute Veränderungen der Gestalt und Lage der Absorptions Zonen; nach der fünften Exposition (also nach 5 Mi- nuten) waren die Erschei- nungen bereits sehr modifi- cirt, sie waren von der Kreisform in die elliptische übergegangen oder hatten sich in Streifen aufgelöst, oder waren gänzlich ver- schwunden. Vielfach griffen die Absorptionszonen über * * * Fig. 62. Anordnung am Ocularende des vorstehenden Teleskops. liehe Werth solcher Aufnahmen leuchtet ohne weiteres ein, wenn man erwägt, wieschwer und unsicher, ganz von der subjectiven Auffas- sung abhängig, sich dieselbe Erscheinung mittelst Handzeich- nung festhalten lässt. Abgesehen von derUn- ruhe, welche den Zeich- nerbeim Anblicke einer so merkwürdigen Er- scheinung beherrscht, ist es nicht zu vermei- den, dass in Folge des Festhaltens irgend eines auffälligen De- tails die Gesammter- scheinung oder ein- zelne Vorgänge verlo- ren gehen, wozu noch diesubjectiveEmpfind- lichkeit für Lichtein- wirkungen kommt, die nothwendigerweise zu abweichenden Darstel- lungen einesunddessel- ben Vorganges führt. die Sonnenscheibe hinüber, so dass diese (auf dem Negativ) statt schwarz, grau oder grauweiss erschien. Schliesslich bemerkt Zenger: »Es stellte sich ferner heraus, dass die Maxima der Entwickelung dieser Absorptionserscheinungen periodisch nach 10 bis 13 Tagen sich das ganze Jahr über wiederholen und am stärksten auftreten, wenn starke Stürme, Gewitter oder magnetische Störungen am Erdorte eintreten, und zwar schon 24 Stunden und mehr vor Eintritt dieser Störungen des atmosphärischen, elektrischen oder magnetischen Gleichgewichtes am Beobachtungsorte... Seit 1874 täglich gemachte Aufnahmen deuteten nicht nur eine gewisse Periodicität des Erscheinens von Absorptionserscheinungen an den Sonnenbildern an, sondern auch einen Zusammenhang dieser Erscheinungen mit den Witterungsverhältnissen, indem sie dem unbewaffneten und dem be- waffneten Auge un- sichtbare, auf der Absorption der ak- tinisch wirksamen Strahlen beruhende Vorgänge in unserer Atmosphäre oder ausserhalb derselben auf der empfindlichen Platte sichtbar wer- den lassen, welche weder das Auge, noch das Teleskop, noch auch dasSpectroskop uns erkennen lassen.« Von grossem Nutzen erwies sich die Sonnen- Photographie beitotalenSon- nenfinsternis- sen. Sie bot und bietet in diesem Falle das geeig- netste Hilfsmittel für das Studium der Corona, über deren Natur zur Zeit so ziemlich alle Zweifel be- Fig. 63. Apparat zur photographischen Aufnahmeder Corona. seitigt sein dürf- ten. Wie bekannt, bildet die Corona einen Strahlenkranz von weissem Lichte rings um die von der schwarzen Mond- scheibe verdeckte Sonne herum; in der Corona treten rothe, I flammenartige Bildungen über den Rand des Mondes hervor — die Protuberanzen -— oft hörnerartig umgebogen, bisweilen schwebenden Wolkenmassen ähnlich, meist aber ungeheuere Flammensäulen bildend. Schon gelegentlich der totalen Sonnen- finsterniss am 19. August 1887 hatte N. Chamantoff in Krassno- jarsk (Ostsibirien) mehr als ein Dutzend vortrefflich gelungene photographische Aufnahmen gemacht, welche die Gestaltung der Corona mit grosser Deutlichkeit Wiedergaben. Der wissenschaft- Gelegentlich der vorerwähnten Sonnenfinsterniss wurde aut photographischem Wege zuerst mit Sicherheit festgestellt, dass die Corona eine grössere Ausdehnung von Osten nach Westen als von Norden nach Süden zeige. Die Sonnenfinsterniss vom 11. De- cember 1889 gab dem Eick-Observatorium Gelegenheit, diesen Sach verhalt zu bestätigen. Die »Polarrifts« (Polarstreifen) im Norden und Süden waren kurz, geradlinig, radial gestellt und von dunklen Zwischenräumen getrennt. Die nach Osten und Westen verlaufenden Theile der Corona zeigten dagegen keine radiale Structur, i..i • «r > «■ ajj '•f Fig. 64. Apparat zur Messung der Rotation der Corona. sondern die Strei- fen liefen nahezu dem Aequator parallel. Dieselben Wahrnehmun- gen wurden auch bei der Finster- niss am 1. Ja- nuar 1889 ge- macht. Gestützt auf dieselben hat Professor J. M. Schaeberle einer Theorie die Stütze zu geben versucht, welche ungefähr fol- gende Anschau- ung vertritt: die Corona entsteht durch Licht, wel- ches von mate- riellenTheilchen, die von der Son- nenoberfläche senkrecht zu der- selben ausgeworfen werden, theils ausgestrahlt, theils reflectirt wird. Es ist klar, dass diese Ausstossung in den Zonen grösserer Bewegung — also an den Oertern der Flecken — stärker vor sich gehen muss, und vertritt Schaeberle die Meinung, dass von demselben Ursprungsorte nacheinander Ausstossungen stattfinden, die zusammen einen »Strom« bilden. Er berechnet die Bahn eines Partikels und findet, dass in Folge der Sonnenrotation die senkrechte Ausströmung durch eine seitliche Componente beeinflusst wird. Dadurch gestaltet sich jene Bahn zu einer Ellipse um den Mittelpunkt der Sonne, so dass das Theilchen auf die Sonne zurückfällt, vorausgesetzt, dass die Bewegungs- 8