Die Astrophotographie, 11 D: Jg Fig. 21. Ocularkopf eines Refractors mit photographischer Camera älteren Systems. II Camera, 0 Ocular-Auszug, Cl’V Verschluss- vorrichtung, D verschiebbare Platte mit Fadenkreuz. Bildgrösse als durch die Entschleierung seines spiraligen Charakters erregte. Später ereignete sich Aehnliches mit dem prachtvollen Orion- nebel. Wir kommen auf diesen Gegenstand weiter unten noch eingehender zu sprechen. Als vierte Gruppe astrophotographischer Instrumente können die einfach der photo- graphischen Camera nachgebildeten Apparate angesehen werden. Bei Anwendung von Porträt- objectiven von kurzer Brennweite und dem- gemäss grosser Lichtstärke, bei grosser Aus- dehnung des Gesichtsfeldes können mit solchen Apparaten — wie unter anderen die Aufnahmen von M. Wolf (Heidelberg) und Barnard (Lick-Observatorium) darthun — hervorragende Leistungen erzielt werden. Eine sehr sinnreiche Construction dieser Art ist der photographische Refractor des Präcisionsmechanikers G. Hey de in Dresden, welchen derselbe nach der Idee und den An- gaben des Directors der Moskauer Universitäts- Sternwarte, Dr.W. Ceraski (von diesem » Aequa- toreal-Camera« genannt), mit grossem Geschick ausgeführt hat. Die Anordnung des Apparates ist aus der eingeschalteten, sehr gelungenen Ab- bildung zu ersehen, doch erfordert der complicirte Mechanismus eine eingehende Beschreibung, welche hier so ziem- lich nach den Mittheilungen des Constructeurs folgt. Die auf einem weit ausladenden Dreifuss befestigte kurze Säule, welche, entsprechend der Polhöhe von Moskau, parallel der Erdachse schräg angeordnet ist, trägt an ihrem oberen Ende das sehr kräftig construirte Achsensystem des Instrumentes. Dasselbe setzt sich, wie bei allen Apparaten dieser Art, aus der Stunden- und der Declinationsachse zusammen. Die Polachse ist an ihrem unteren Ende durch die sogenannte Polschraube, im Schwerpunkte des Obertheiles (am oberen Ende) durch eine federnd gelagerte Rolle unterstützt. Beide Unterstützungen haben den Zweck, die Reibung in den Lagern zu ver- mindern und einen leichten Gang der Achse zu erzielen. Der am unteren Ende derselben angebrachte Stundenkreis ist mit einem Nonius versehen, welcher Ab- lesungen bis zu vier Secunden gestattet. Am oberen Ende der Stundenachse, zwischen der Verbindung derselben mit der Declinationsachsenbüchse, ist der mit Speichen versehene grosse Uhrkreis leicht drehbar aufgesetzt. Ein cylindri- scher Aufsatz an diesem Kreise trägt den auf ihn drehbar — beziehungsweise zum Eest- klemmen — eingerichteten Eeinbewegungssector für die Stundenachse. Am Umfange des Uhr- kreises, sowie auf dem des Sectors ist ein unendliches Schraubengewinde eingeschnitten, in welchem Tangentenschrauben im Eingriffe stehen. Durch diese erfolgt die Bewegung des Achsensystems in Stunden- (Rectascensions-) Winkel. Die rechtwinkelig zur Stundenachse in eine starke gusseiserne Büchse eingelageite Declinatit nsachse ist in ihrer Längsrichtung mit einer weiten Durchbohrung versehen und als gebiochenes Fernrohr eingerichtet. Ein am vorderen Ende der Achse angebrachter hohler würfelföi miger Kopf trägt das mit einem grossen, total reflectirenden Prisma verbundene Fernrohrobjectiv von nicht ganz 7 Centimeter (2'1, Zoll) Oeffnung und 10 Meter Brennweite. Die vom Objectiv kommenden Lichtstrahlen werden durch das Prisma rechtwinkelig abge- lenkt und nach dem mit dem Ocularrohr ver- sehenen Ende der Declinationsachse reflectirt. Auf der Declinationsachse am Oculai rohre sitzen ferner der Declinationskreis und die Decli- nationsklemme. Am Kopfe des Würfels der Declinationsachse ist eine breite Platte (die »Wiege«) befestigt und dienen deren grosse Klemmringe zur Aufnahme der photographi- schen Camera. Letztere hat als Objectiv einen 4zölligen Steinheil’schen Aplanaten von circa 55 Centimeter Brennweite. Zu dem Zwecke scharfer Einstellung lässt sich das Objectiv gegen die lichtempfindliche Platte hin um 30 Millimeter verschieben, wobei mittelst Nonius auf einer Scala eine Feinbewegung bis auf o’i Millimeter abgelesen werden kann. Die eigenartig und sehr sinnreich con- struirte Cassctte wurde nach den Angaben des Professors Dr. M. Wolf in Heidelberg aus- geführt. Die lichtempfindliche Platte ist in diese Cassette derart eingelagert, dass jede Spannung vermieden und eine vollkommene Stabilität der Lage erzielt wird. Die Cassetten sind für Plattengrössen von 9X12, 13X18, 18X24 und 24 X 3° Centimeter eingerichtet und werden dieselben durch vier Klemmschrauben im Cassettenrahmen festgehalten. Durch ent- Fig. 22. Photoheliograph älteren Systems. Constructeur: J. Cooke & Sons, London. sprechend angebrachte Gegengewichte wird einerseits das Objectiv und der Cassettentheil, andererseits die Camera und das Ocularende der Declinationsachse durch ein auf der Declinationsachsenbüchse angebrachtes grosses schrauben- förmiges Gewicht ausbalancirt. Die Declinationsklemme, mittelst welcher die Declina- tionsachse nach Einstellung des Höhenwinkels festgemacht wird, ist an ihrem unteren Ende mit einer im Scheiben- gewicht lagernden Schraube zur Feineinstellung in Ver- bindunggebracht. Die Feinbewegung der Declinationsachse, nach Klemmung derselben durch das oberhalb an langer Stange befindliche Griffrad, erfolgt mittelst zweier kleiner Griffräder. Ganz so wie die Declinationsklemme wirkt die Klemme am Sector des Uhrkreises. Da dieser durch die mit ihm in Eingriff stehende Uhrschraube an der freien Bewegung behindert ist, wird auch der Sector — dessen Tangentschraube in Lagern ruht, die an der Declinations- achsenbüchse befestigt sind — nach erfolgter Klemmung auf den Uhrkreis die Stundenachse an ihrer freien Be- wegung hindern. Die zur Einstellung der Stundenachse nöthige freie Bewegung wird durch die in den Sector eingreifende Tan- gentschraube, welche durch Winkelräder mit dem kleinen Griffrade am Scheibengewichte verbunden ist, bewirkt. Da der Uhrkreis eine grössere Bewegungsfreiheit zu dem Zwecke der Nachcorrectionen bei der Beobachtung erfordert, ist die Klemmstange derart eingerichtet, dass dieselbe, ohne ihre Function einzubüssen, sich je nach dem Stande, des Sectors entweder verlängert oder verkürzt. Aus diesem Grunde ist die Stange in einer Hülse gelagert und deren Drehung in letzterer durch einen quer angebrachten Keil (mit Führung in einem Schlitze) verhindert. Doppelgelenke ermöglichen die Bewegung der Stange in jeder Stellung des Sectors. Zur Einstellung der Camera vom Ocular aus dient das ebenfalls am Scheibengewichte angebrachte grosse Griffrad. Eine von demselben ausgehende Führungsstange trägt an ihrem Ende ein kleines Zahnrad, das mit einem grösseren, am Würfel befestigten Zahnrade im Eingriffe steht. Da nun das ganze Achsensystem der scheinbaren Bewegung der Gestirne zu folgen hat, ist die in den Uhrkreis eingreifende Tangentschraube (Uhrschraube) mit einem am Drei- fusse des Instrumentes festgeschraubten Uhrwerke verbunden. Dasselbe erhält seinen Antrieb durch ein grosses, am Steinpfeiler des Instrumentes herabsinkendes Gewicht von 40 Kilogramm. . . Das Uhrwerk selbst ist von einem Metall- gehäuse umschlossen und wird durch einen Grubb’schen Kugelregulator regu- lirt. Die Triebwelle, welche mit dem Uhrwerke sich im Eingriffe befindet, trägt einen Doppelarm, an welchem rechts und links, in Spitzen beweglich, geneigt aufgehängte schwere Regulatorkugeln angebracht sind. Durch die in Umdrehung versetzte Welle werden die Kugeln in Folge der auf sie einwirkenden Centrifugalkraft sich zu heben beginnen. Ober- halb der Kugeln angebrachte und mit denselben sich hebende Bremsklötzchen schleifen nun, so- bald die Schwungkraft der Kugeln eine gewisse Stärke erreicht hat, an einer zur Rotationsebene horizontal gestellten Scheibe. Durch diesen Vor- gang wird die Schwungkraft vermindert und die Kugeln sinken etwas herab. Da aber der Antrieb auf die Welle ein stetiger ist, muss sich das Anschleifen und Abstossen der Kugelbrem- sen in ganz bestimmten Zeitintervallen wieder- holen und so den Gang des Uhrwerkes exact reguliren. Um diesen je nach Bedarf zu be- schleunigen oder zu verringern, ist die Ein- richtung getroffen, dass die Regulatorwelle mittelst eines kleinen Excenters gehoben, be- ziehungsweise gesenkt werden kann, wodurch der Abstand der Bremsklötzchen von der Bremsscheibe entweder vergrössert oder ver- kleinert wird. Ein an der Achse des Mittelrades der Uhr — welche aus dem Gehäuse hervorragt — angebrachtes Winkelrad steht mit einem gleichen Rade an einer nach der Säule führenden Stange im Eingriffe, welche ihrerseits mit einer zweiten, zur Tangentschraube des Uhrkreises führenden Stange durch Winkelräder in Contact tritt. Um den Einfluss von Temperaturschwankungen zu compensiren, ist die an der Säule aufwärts führende Stange zweitheilig und ineinander verschiebbar, wobei eine Muffe die Verbindung in vollkommener Weise herstellt. Da es bei photographischen Refractoren von grosser Wich- tigkeit ist, dass der Gang des Uhrwerkes keinerlei Unterbrechung erleidet, ist der Aufzug des Uhr- werkes derart eingerichtet, dass während des Aufziehens des Gewichtes die Uhr in vollem Antriebe verbleibt. Die Bewegung des Achsen- systems ist in jeder Stellung des Instrumentes eine vollständig freie, sobald die Klemmen gelöst sind. Nach erfolgtem Anziehen der Uhrklemme folgt das Achsensystem sofort dem Antriebe des Uhrwerkes; da aber die Stundenachse nur durch den Sector mit dem Uhrkreise verbunden ist, folgert, dass durch die Bewegung der Sector- Tangentschraube die Stundenachse bewegt wer- den kann, ohne dass die Bewegung des ganzen Systems durch das Uhrwerk im Geringsten beeinflusst würde.