Die Astrophotograph zügen der Methode hielt man noch zu Beginn der Achtziger- | Jahre ihre Verwerthung für streng wissenschaftliche Arbeiten in der Astronomie für ziemlich minderwerthig, ja für aussichts- los, da sich der Ausübung derselben, unbeschadet der Fort- schritte auf optischem, mechanischem und photochemischem Ge- biete, mancherlei Schwierigkeiten entgegenstellten. Wenn es sich um nichts Anderes handelte, als das Fernrohr mit dem photo- graphischen Apparate nach dem aufzunehmenden Himmelsobjecte zu richten und sodann die Aufnahme zu bewerkstelligen, wie sie der Photograph mit einem unbeweglichen Gegenstände vor- nimmt, so ginge Alles glatt ab. Nun bewegen sich aber die Himmelskörper in ihren Bahnen weiter oder richtiger: wir be- wegen uns fort, denn die Bewegung der Sterne ist ja nur eine scheinbare. Um nun den Sternen in ihrem schein- baren Umlaufe folgen zu können, muss den Apparaten eine ähnliche, aber ent- gegengesetzte Bewegung, welche die Erde täglich vollführt, ertheilt werden. Man bedient sich hierzu eines sehr genauen Uhr- werkes, das freilich, wie jede mechanische Vorrichtung, allerleiZufällen(Eintrocknen des Oeles, Temperaturwech- sel, Staub u. s. w.) ausgesetzt ist. Der Himmelsphotograph muss also sein Uhrwerk fortwährend beobachten und controliren, damit ja keine Abweichungen vorkommen, beziehungsweise dass solche berichtigt werden. Dies ge- schieht auf folgende Weise: Mit dem photographischen Fernrohre — in welches die lichtempfindliche Platte gebracht wird — wird ein zweites Fernrohr für die visuelle Beobachtung ver- bunden. Da nun so licht- schwache Objecte, wie es die Fixsterne sind, mehrere Stunden hindurch photo- graphirt werden müssen, ist es zugleich nothwendig, diese ganze Zeit über die genaueste Controle über den Gang des Uhrwerkes auszuüben. Vielfach benützt man zu diesem Zwecke den sogenannten »Sucher« des Hauptinstrumentes, wobei das abzubildendeObject stets genau im Durchschnitts- punkte des Fadenkreuzes festgehalten werden muss. Nun hat sich aber bei dieser Methode dadurch eine Fig. 12. Repsold’s Messapparat für photographische Platten. Fehlerquelle ergeben, dass die Durchbiegung des Hauptrohres und des Suchers je nach der Lage des Instrumentes eine verschiedene ist. Der Stern kann also im Sucher genau festgehalten worden sein, während dies von demselben Sterne auf der Platte nicht zutrifft. Um diesem Uebelstande zu begegnen, hat man seitlich der photographischen Cassette ein Ocular angebracht, um so neben der Platte her den Stern sehen zu können. Da diese Methode nicht befriedigte, hatten die Brüder Henry des Pariser National-Observatoriums dadurch Abhilfe geschaffen, dass sie ein Instrument in Gebrauch nahmen, bei dem gewissermassen zwei Rohre in einem vereinigt sind. Von den beiden Objectiven, welche selbstverständlich gleiche Brennweite haben, dient das eine für die photographische Aufnahme, das andere für das visuelle Festhalten des coelestischen Objectes. Nach diesem Principe werden zur Zeit alle Instrumentarien für die Zwecke der coelestischen Photographie construirt. In Deutschland war das erste Instrument dieser Art der photographische Doppel- refractor des astro - physikalischen Observatoriums zu Potsdam (Fig. n). Dieses, von den renommirten Constructeuren A. Repsold & Söhne in Hamburg gefertigte Instrument ist zu- nächst durch eine Art der parallaktischen Aufstellung interessant. Es steht nämlich die Säule, auf welcher das Doppelfernrohr ruht, nicht senkrecht, sondern ist derart knieförmig umgeknickt, dass der obere Theil die Richtung der Erdachse hat. Dadurch ist eine in allen Eagen vollkommen unbehinderte Bewegung des Fernrohres ermöglicht, während bei der gewöhnlichen Aufstellung oft gerade bei den sonst günstigsten Beobachtungsverhältnissen in der Nähe des Zeniths und Meridianes ein Umlegen des Fern- rohres nach der anderen Seite der Säule erforderlich wird. Die Möglichkeit, stets in der unteren Eage des Fernrohres zu arbeiten, gewährt auch für den die Aufnahme überwachenden Astronomen bei der Länge der Exposi- tionsdauer sehr wesentliche Vortheile. Das Rohr besitzt, wie die Abbildung zeigt, einen fast elliptischen Quer- schnitt. Es rührt dies daher, dass es, wie vorstehend be- merkt wurde, zwei Fern- rohre in sich vereinigt, deren optische Achsen genau pa- rallel sind. Ein photogra- phisches Objectiv von 13 Zoll Oeffnung entwirft das coe- lestische Object auf die in einer Cassette am entgegen- gesetzten Ende des Rohres befindliche Trockenplatte. Das zur visuellen Beobach- tung, beziehungsweise Fest- haltung desObj ects dienende Objectiv hat 9 Zoll Oeffnung. Die nächste Folge der verbesserten Methode in der Himmelsphotographie war die Einberufung eines astro- nomischen Congresses nach Paris im Jahre 1887, auf welchem der damalige Di- rector der Pariser Stern- warte, Admiral Mouchez, denV orschlag machte, durch gemeinsame Betheiligung aller hervorragenden Stern- warten die photographische Aufnahme des ganzen Ster- nenhimmels durchzuführen. Gleichzeitig wurden einheit- liche Gesichtspunkte fest- gestellt. Es sollten nur Refractoren, nicht aber Spiegelteleskope in Ver- wendunggenommenwerden. Für erstere wurde eine Ob- jectivöffnung von 33 Centi- meter (12 Zoll) und eine Focallänge von 343 Centi- meter (130 Zoll) bestimmt. Für die zu verwendenden Trockenplatten wurde eine einheitliche Präparirung angestrebt, die Expositionsdauer sollte 15 Minuten betragen, jede Platte einen Raum am Himmel von 20 im Geviert aufnehmen u. s. w. Ein beiläufiger Ueberschlag ergab, dass auf diese Weise 20 Millionen Fixsterne auf photographischem Wege würden fest- gehalten werden. Wenn man erwägt, dass die vollkommensten Sternkarten, die wir besitzen — jene, welche Argeiander auf der Bonner Sternwarte nach zehnjähriger Arbeit (1852 bis 1861) vollendete — 629.840 Sterne aufweisen, und dass die Zahl aller mit blossem Auge unterscheidbarer Sterne (bis herab zur 6. Grössen- classe) nur 8250 beträgt (welche Zahl in Wahrheit bis auf 5700 herabsinkt), so kann man ermessen, welche Ueberraschungen die Himmelsphotographie im Gefolge haben musste. W. Herschel schätzte freilich die Zahl aller in seinem zwanzigfüssigen Spiegel- teleskope sichtbaren Sterne auf 20 Millionen. Nach einer späteren Schätzung David Gill’s, des Leiters der Sternwarte bei Capstadt, würde sich bei der photographischen Aufnahme des Fixstern- himmels unter den angeführten Umständen die Zahl der Sterne