m letzten Jahrzehnt hat die beobachtende Himmelskunde in der Photographie eine Hilfstechnik sich dienstbar gemacht, von deren praktischer Bedeutung zu Beginn Niemand eine Ahnung hatte. Lange Jahre hindurch lieferten die vielen und verschiedenartigen Versuche, welche in ihren Anfängen um mehrere Jahrzehnte zurückreichen, nur ganz ungenügende Resultate, so dass wenig Hoffnung vorhanden war, die photographische Methode in einer Weise auszubeuten, die der astronomischen Wissenschaft von greifbarem Nutzen sein konnte. Erst als während des astronomischen Congresses zu Paris im Jahre 1887 auf Grund einigermassen befriedigender Vorarbeiten, welche vorzugsweise die photographischen Fixstern- aufnahmen der Brüder Paul und Prosper Henry des Pariser National-Observatoriums betrafen, die Bedingungen gegeben schienen, die Himmelsphotographie den Bedürfnissen der praktischen Astronomie anpassen zu können, konnte das herrschende Vorurtheil nach und nach besiegt werden. Fast zur selben Zeit eröffnete das Lick-Observatorium auf dem Mount Hamilton in Californien, welches damals und noch bis vor Kurzem über das grösste Seh Werkzeug der Welt — den 3Özölligen Riesen-Refractor — verfügte, seine Thätigkeit, und zwar vorerst in einer Richtung, welche den vorberührten Strebungen einen mächtigen Impuls geben sollte. Von der Lick-Stern- warte kamen die ersten ausgezeichneten photographischen Mondaufnahmen, welche mit einem Schlage die Selenographie von all der ihr bis dahin anhaftenden Schwerfälligkeit befreiten. Zunächst gaben die vorzüglichen Lick-Platten wohl nur eine werthvolle Grundlage für die zeichnerische Wiedergabe des lunaren Reliefs ab, bis es einem künstlerisch hoch veranlagten, sachkundigen Fachmanne gelang, die früheren umständlichen und schwerfälligen selenographischen Darstellungsmethoden über Bord zu werfen. Professor Dr. L. Weinek, Director der k k. Sternwarte in Prag, griff zur directen photographischen Vergrösserung der Original- negative des Lick-Observatoriums und das Ergebniss war, dass in Kürze hunderte der schönsten Blätter von Mondlandschaften sich auf häuften, d. h. eine Leistung zu Stande gebracht wurde, wie sie vordem — und ohne der documentarischen Thatsächlich- keit, wie sie der Photographie zukommt — die Selenographen nur nach jahrelanger, mühevoller Thätigkeit durch Handzeichnung zu bewerkstelligen vermochten. Man begreift, dass solche unerwartete Erfolge Aufsehen erregen mussten. Unterdessen ruhte die photographische Methode in ihrer Anwendung auf andere coelestische Objecte keinesfalls. In der photographischen Aufnahme des Fixsternhimmels folgten den Brüdern Henry alsbald andere Bahnbrecher, allen voran E. E. Barnard, damals Astronom des Lick-Observatoriums, Isaac Roberts, Privatastronom in Crownborough Hill, der seine Thätigkeit vornehmlich der Photographie der Nebelflecke zu wendete; ferner E. v. Gothard, Privatastronom zu Hereny in Ungarn, der gleichfalls durch seine Nebel aufnah men Aufmerksamkeit erregte; Max Wolf, welcher neben einer Anzahl vortrefflicher Fixsternaufnahmen gewissermassen die Methode der Entdeckung von Planetoiden auf photographischem Wege ins Leben rief. Gleichen Schritt mit diesen Leistungen hielten mehrere hervorragende Sternwarten, so das astrophysikalische Observatorium zu Potsdam bezüglich seiner Sonnenaufnahmen und photo-spectrographischen Arbeiten; das Harvard College Observatory zu Cambridge (U. S. A.) durch seine auf der Filialstation in Arequipa bewerkstelligten Aufnahmen des Südhimmels, vornehmlich aber durch seine grossartigen photo-spectrographischen Arbeiten, welche von ein- schneidender Bedeutung für die Auffindung neuer und veränderlicher Sterne wurden. So erntete die junge, bislang missachtete Hilfstechnik der Himmelskunde immer grössere Triumphe. Bald waren die Arbeitsstuben der Astronomen mit Himmelsphotographien förmlich überschwemmt. Die totalen Sonnenfinsternisse in den Jahren 1889, 1893 und 1897 boten gleichfalls Gelegenheit, die neue Methode nutzbringend zu verwerthen. In der Photo-Selenographie begann eine gewisse Rivalität zwischen den Observatorien zu Paris und auf dem Mount Hamilton, was der Sache nur förderlich sein konnte. Allmählich wurden auch weitere Kreise, die Freunde der Himmelskunde und was sonst an diesen grossen und über- raschenden Erfolgen Antheil nahm, mit denselben bekannt. Dieses fast elementar erwachte Interesse an der Himmelsphotographie brachte den Herausgeber des Atlas (und Verfasser des Textes) zu dem Entschlüsse, ein grosses zusammenfassendes Werk zu schaffen, unter dem doppelten Gesichtspunkte: einerseits einen erschöpfenden Ueberblick über den gegenwärtigen Stand der Himmelsphotographie zu geben, anderseits allen Interessenten einen Atlas sammt Textwerk grösseren Umfanges, durchaus auf moderner Grundlage fussend, in die Hände zu legen. Die Aufgabe war schwierig und erforderte jahrelange Vorbereitungen. Dank dem Entgegenkommen der Berufsastronomen und Sternwarten des ganzen Erdkreises konnte ein Material gesammelt werden, wie es in solchem Umfange und solcher Neuheit in einer Publication astronomischen Inhaltes noch niemals verwerthet worden ist. Der Verfasser schuldet daher den ausgezeichneten Gelehrten, welche seine Bestrebungen in weitgehendster Weise unterstützten, aufrichtigen Dank: Allen voran dem hervorragenden Selenographen Prof. Dr. L. Weinek, Director der k. k. Sternwarte zu Prag; Prof. Edward S. Holden, früherem Director des Lick-Observatoriums; Prof. Edward C. Pickering, Director des Harvard College Observatory zu Cambridge (U. S. A.); den b